Hardy hat geschrieben: ↑Mo, 02. Sep 2019, 14:00
Hallo!
ich bin ein freiberuflicher Journalist aus Deutschland mit dem Fokus auf Fußball und Radreisen. Ich werde diesen Donnerstag nach Tirana fliegen und von dort einen Monat lang mit dem Fahrrad herumfahren. Dabei will ich mich vom lokalen Fußball leiten lassen und versuchen, in möglichst vielen Städten und Orten Gespräche mit Vertreter der lokalen Vereine oder Fanszenen zu führen. Die Idee ist, eine Art Reise- und Landesporträt zu schaffen, das sich am albanischen Fußball entlanghangelt. Daraus soll ein Buch entstehen, außerdem werde ich für Magazine wie beispielsweise Spiegel online berichten.
Einige Kontakte habe ich inzwischen und für die ersten Tage in Tirana auch bereits Gespräche mit Fans von Tirana, Dinamo sowie Partizani, bin aber immer noch auf der Suche nach weiteren Gesprächspartnern vor allem in anderen Orten - sei es im Fußball oder insgesamt.
Ich bin daher für jeden Kontakt und jede Vermittlung zu Fans, Journalisten, Spieler oder Funktionären dankbar. Orte, zu den ich radeln werde sind: Lezhë, Shkodra, Kukësi Peshkopi, Pogradec, Korçë, Permët, Gjirokastra, Saranda, Fiër, Vlorë, Berat, Elbasan und natürlich Tirana.
Ein paar Hintergrundinformationen gibt in meinem Blog:
https://hardygruene.wordpress.com/2019/ ... ene-traum/
Herzlichen Gruß, Hardy Grüne
Im Sommer ist Hardys Buch erschienen – ohne dass wir das wirklich mitgekriegt hätten (irgendwann hat mir Facebook keine Updates von Hardy mehr geschickt …). Und zwischenzeitlich habe ich es auch gelesen: stolze 350 Seiten!
Es ist ein schönes Buch entstanden, das recht vielseitig ist.
Ist es ein Fussballbuch? Klar, das ist es auch.
Ist es ein Reisebericht? Wohl viel mehr, als der klassische Reisebericht.
Ist es ein Reiseführer? Zu Telien schon fast …
Ist es eine Landeskunde? Fehlt nicht viel!
Der Autor ist mehrere Wochen mit dem Fahrrad durchs Land geradelt und so richtig tief eingetaucht. Der Fussball war sein Antrieb und zieht sich als roter Faden durchs ganze Buch – aber das Buch bietet viel mehr! Wie Hardy oben schrieb:
Inzwischen bin ich in Shkodra eingetroffen und immer noch sehr angetan von Land und vor allem Leuten. Er hat sich so richtig intensiv mit Albanien und seiner Entwicklung vor allem der letzten 75 Jahre auseinandergesetzt. Da steckt viel Arbeit dahinter: ausführliche, tiefgehende Recherche – einerseits viele Gesprächspartner vor Ort, aber auch einige interessante Quellen, die eher selten beigezogen werden. Ein Fussball-Journalist geht halt so eine Sache etwas anders an … Zwar wird man natürlich nicht von heute auf morgen zum Albanien-Experten, aber die historischen Ausführungen und Darstellungen der Gegenwart kommen ordentlich daher. Es hat ein paar Fehlerchen drin – aber nichts Beunruhigendes.
Der schmerzvollste Fehler im Buch findet sich ganz zu Beginn, wo im Vorwort mir und Gjergj für die Hilfe gedankt wird, aber was von »albania.ch« steht …
Vom kommunistischen Regime geht für den Autoren spürbar eine grössere Faszination aus. Insbesondere die politische Wende vor 30 Jahren hat es Grüne angetan: erstes Proteste während Fussballspielen in Kuçova und Kavaja – die Flucht in die Botschaften während der Fussball-WM 1990 etc.
Fussball kommt natürlich im Buch nicht zu knapp, wie diese Beispiele zeigen. Kaum ein Aspekt der albanischen Fussballgeschichte, der unerwähnt bleibt.
Da kann man noch manches lernen. Fussball hatte aber während des Kommunismus wirklich eine grosse Gesellschaftliche Bedeutung. Viel Nostaligie bringt Grüne zum Ausdruck für die guten alten Zeiten – viel Verdruss über die fehlende Professionalität und die Perspektivenlosigkeit der Gegenwart: Wie sehr sich doch die Vereine und die Städte unterscheiden und die Probleme doch überall sehr ähnlich gelagert sind. Der Fussball, die vielen Gesprächspartner und die Eindrücke der Fahrradreise dienen ihm aber auch als Basis, um das Albanien der Gegenwart in vielen seiner Aspekte zu analysieren. Türöffner, Sprungbrett, Leitfaden … Hardy Grüne hat Albanien und seine Gesellscahft wirklich gut kennengelernt und dargestellt.
Insofern kann ich das Buch »Onkel Enver, der Fußball und eine Radreise durch Albanien« wirklich jedem empfehlen, der das heutige Albanien kennenlernen möchte. Man muss kein grosser Fussball-Fan sein, um Gefallen am Buch zu finden – zur Not kann man ja auch mal ein paar Seiten überspringen. Ausser, man kann mit Fussball aber auch gar nichts anfangen. Im Buch kommt fast das ganze Land vor (auch einige Orte wie Laç und Kukës, die sonst meist links liegengelassen werden), reichlich Geschichte, viel Gegenwart. Und der Text stammt aus erfahrener Feder: gut zu lesen, unterhaltsam, informativ! Dazu noch ein reicher Bilderschatz.
Leider nur über den Verlag des Autoren zu beziehen – für die Schweiz horrende Lieferkosten …
Zeitspiel-Shop: Onkel Enver, der Fußball und eine Radreise durch Albanien
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Perlentaucher
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TAZ