Jörg Martin Dauschers
»Albanische Episoden« gehört für mich ja zu den allerschönsten und lesenswertesten Reiseberichten aus Albanien – kaum einer beobachtet das Land so aufmerksam und weiss, seine Beobachtungen und Erlebnisse so leserlich und einfühlsam darzustellen. Chapeau! Seine Beobachtungen und Analysen des Landes flossen auch vorzüglich ein in seine Landesbeschreibung
»111 Gründe, Albanien zu lieben: Eine Liebeserklärung an das schönste Land der Welt« – wohl eine der besten Einführungen für Neulinge ins Land Albanien.
In seinem neusten Buch führt es ihn nach Kosova – es ist November 2020 und er muss raus aus Albanien, weil sein Visum nicht verlängert wurde. Am Schluss landet er in einer Berghütte an der Hajla (
42.746753720536795,20.13837167626743 (auf Google Maps)) auf fast 2000 Metern Höhe. Bald kommt der Schnee, und Dauscher verbrachte mehrere Wochen in der Einsamkeit: eingeschneit, umgeben von Wölfen, beschäftigt mit Holzhacken und dem Schreiben eines Buches über die mallorcinische Küche.
Das im DuMont Reiseverlag erschienene Buch ist kein klassischer Reisebericht – die Berichterstattung über Kosova im Corona-Winter, das Rugova-Tal, die Verfluchten Berge rund um die Hajla, die Geschichte des Landes und die Besorgungen zum Aufenthalt in der Hütte in Peja sind nur Randgeschehen. Im Zentrum steht Dauschers Reise zu sich selbst während des Aufenthalts in der eingeschneiten Hütte – seine Auseinandersetzungen mit dem eigenen Ich in der Einsamkeit. Wochenlang eingesperrt in einer abgeschiedenen, einsamen Bergwelt, geprägt von tagelangem Schneefall und eisigen Winterstürmen, besucht nur von Wölfen. Der tiefe Schnee verunmöglicht praktisch eine Erkundigung der Umgebung, was Dauschers Bewegungsfreiheit auf einen kleinen Radius um die Hütte einschränkte, wo er aber gut mit Schreiben und Holzschlagen beschäftigt war. Mit diesev Verhältnissen galt es klarzukommen.
Das Buch ist also kein klassischer Dauscher: dieses Mal gibt es nur wenig Reisetätigkeit, dafür viel Natur … Wenig Beobachtung des Umfelds, des Lands und der Leute, dafür eine ständige Beobachtung des eigenen Verhaltens: eine Reise tief ins eigene Ich. Durchaus lesenswert auch dieser Erfahrungsbericht, alles andere als langweilig. Der Leser muss einfach wissen, dass dieses Buch im Laden gebauso gut im Gestell bei der Psychologie eingeordnet werden könnte.
Verfluchte Berge: Von einem, der eingeschneit wurde und dabei das Fürchten verlernte