Proteste gegen Coming-out

Die dritte Ausgabe der albanischen Fassung von »Big Brother« hatte Proteste von zahlreichen Einwohnern in Lezha zur Folge. Die Geschichte ist zwar schon drei, vier Wochen alt, aber darf hier nicht fehlen. Leider bin ich nicht früher dazu gekommen, darüber zu berichten.

Klodian Çelo (Bild: Top Channel)

Klodian Çelo (Bild: Top Channel)

Bei der aktuell im albanischen Sender »Top Channel« laufenden Staffel von »Big Brother« ist Klodian einer der Teilnehmer. »Klodi« ist 1993 nach Italien ausgewandert und lebt heute in Mailand. Der 35-Jährige stammt ursprünglich aus Lezha, dem regionalen Zentrum zwischen Tirana und Shkodra. Mitte März verlas er in der Fernsehsendung einen Brief an seine Mutter, in dem er erklärte, dass er schwul sei. Klodians Bekenntnis gilt als erstes öffentliches Coming-out Albaniens, wo vor 20 Jahren Homosexualität noch strafbar war.

Noch heute ist Homosexualität in der albanischen Gesellschaft tabu. Schwule und Lesben bekennen sich meist auch gegenüber ihrer eigenen Familie nicht dazu, weil ihnen heftige Diskriminierung droht. Auch ein soeben in Kraft getretenes Antidiskriminierungs-Gesetz und der gescheiterte Versuch von Premierminister Berisha im letzten Herbst, die gleichgeschlechtliche Ehe einzuführen, ändern an der Haltung der Gesellschaft kaum was. Ein schwuler Albaner erklärte gegenüber einer amerikanischen Homosexuellen-Zeitschrift, dass die Abneigung vor allem daraus erwachse, dass die Albaner schlecht informiert seien. Albaner seien allgemein schlecht informiert über Sexualität, meinte er.

Während die gleichgeschlechtliche Ehe am Widerstand religiöser Würdenträger scheiterte, wurde Klodi nach seinem Outing Gegenstand hitziger Diskussionen und in seinem Heimatort Lezha gingen viele protestierend auf die Strasse. Sie distanzierten sich öffentlich von Klodi: Er sei keiner von ihnen, er sei nicht in Lezha schwul geworden, er sei erst nach seiner Geburt zugewandert. Es war den Demonstranten wichtig zu sagen, dass es »im sauberen Lezha« keine Schwulen gäbe. Unterstützung erhielt Klodi hingegen von ausländischen Botschaftern, die sich öffentlich für eine vorurteilsfreie Gesellschaft stark machten.

Klodis Coming-out dürfte viele Albaner überrascht haben, aber vermutlich auch eine erdrutschartige Veränderung in der Wahrnehmung von Homosexualität zur Folge haben. Viele Albaner verstanden trotzdem nicht, dass der schwule Klodi nicht aus dem Big-Brother-Container abgewählt wurde. Letzendlich dürfte der anonyme Albaner aus der amerikanischen Schwulen-Zeitschrift doch recht haben: Nicht nur Homosexualität, sondern auch viele andere Aspekte der Liebe sind in Albanien tabu und unbekannt. Dazu gehören auch grundlegende Aspekte, wie die albanische Sängerin Alida Hisku in ihrer Autobiographie offenbarte. Die im kommunistischen Albanien zuerst gefeierte, später verfolgte Sängerin musste ebenfalls Albanien verlassen, um ”“ als Mutter von zwei Kindern ”“ zu lernen, dass auch Frauen Spass an Sex haben können.

3 Responses so far.

  1. lupo sagt:
    Es wurde heftig vor dem Haus der Familie Klodi demonstriert und man könnte sagen, die Familie wurde bedroht.

    Der US Botschafter Withers und der Deutsche Botschafter Bernd Borchardt, reisten nach Lezhe zur Familie Klodi, und gaben klare Stellungsnahmen ab, das man bei der Sexualität und der Religion tolerant sein müsste, und Beide Botschafter kritisierten diese Demonstrationen.

    http://www.youtube.com/watch?v=FYL0vOrd6-o&feature=player_embedded

    Hier im TV und der Deutsche Aussenminister Westerwelle outete sich ja auch als homosexuell, wobei man sich dann Gedanken machen kann, ob so jemand als Aussenminister geeignet ist.

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  3. Torsten sagt:
    Zitat:
    „wobei man sich dann Gedanken machen kann, ob so jemand als Aussenminister geeignet ist.“

    Sonst geht’s noch? Ãœber Westerwelle kann man denken was man will, aber seine Sexualität sollte ja nun nicht als Kritikpunkt für sein Amt benutzt werden.

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