Diese Nacht wurden in Rio de Janeiro die Olympischen Sommerspiele 2016 eröffnet. Klein war das Grüppchen, das hinter der albanischen Fahne ins Stadion einlief – mit nur sechs Sportlern so klein wie seit vielen Jahren nicht mehr. Dafür konnten zum ersten Mal Sportler aus Kosova an Olympischen Spielen teilnehmen. Mit acht Sportlern war diese Delegation sogar etwas grösser.
Dass nur sehr wenige albanische Sportler in der Weltelite mitkämpfen, liegt insbesondere an den schwierigen Bedingungen, die sie in ihrer Heimat antreffen. Sportförderung konzentriert sich fast ausschliesslich auf Fussball …
Die meisten Albaner sind nur dabei, weil sie eine Einladung erhalten haben; eine Gewichtheberin profitierte nachträglich vom Ausschluss der Russen. Beispielhaft ist die Geschichte der Schwimmerin Rita Zeqiri aus Prishtina. In ganz Kosova gibt es kein Schwimmbecken mit olympischen Massen. Lange Jahre musste sie zum Trainieren nach Skopje fahren, bis ihr Vater ein Hallenbad bauen liess. Chancen auf Medallien rechnet sich Zeqiri natürlich nicht aus, wie sie gegenüber der Zeitung »Zeit« erklärte – dabei zu sein ist alles.
Aber auch die Profis, die durchaus um eine Medallie mitkämpfen können, haben es nicht einfach. Luiza Gega, die an den Europameisterschaften in Amsterdam vor einem Monat Silber holte beim Steeple-Lauf, findet in der albanischen Hauptstadt Tirana keine geeignete Trainigsmöglichkeit: Seitdem das Qemal-Stafa-Stadion abgebrochen worden ist, muss Gega im Park der Stadt trainieren, weil es in ganz Albanien nur noch in Elbasan und Korça Tartanbahnen gibt.
Am meisten Hoffnung auf Gold kann sich Majlinda Kelmendi ausrechnen. Die Judo-Weltmeisterin ist 2012 in London noch für Albanien gestartet – jetzt darf sie Kosova vertreten. Vielleicht gelingt ihr die Sensation, als erste Albanerin eine Medallie an Olympischen Spielen zu gewinnen.
Weitere Albaner treten heute für Länder an, wo sie bessere Trainingsmöglichkeiten vorfinden. Die Sportschützin Enkeleda Shehaj war 1996 noch im albanischen Team, 20 Jahre später vertritt sie jetzt die USA. Zwei albanische Ringer kämpfen in Rio für Australien respektive Bulgarien. Pensionierte Gewichtheber und Leichtathleten waren nach Griechenland abgewandert.
Die traditionell erfolgreichen Gewichtheber aus Albanien sind dieses Mal stark untervertreten. Nur zwei reisten nach Rio, da mehrere Spitzensportler wegen Doping gesperrt worden sind. Im Gewichtheben stand Albanien an den Olympischen Spielen 1972 in München kurz vor einem Erfolg: Ymer Pampuri gewann den ersten Wettkampf im Drücken. Zu seiner Überraschung kamen dann aber noch Durchgänge im Stossen und Reissen, was in Albanien nicht trainiert wurde, weshalb er auf den neunten Gesamtrang zurückfiel.
Allen albanischen Teilnehmern in Rio wünschen wir tolle Erlebnisse und viel Erfolg:
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