Eine Schule im Niemandsland

Im Eingang der Schule in Theth steht auf einer grossen Tafel: »Diese Schule wurde 2006 teilrenoviert mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Tirana.« Das Renovieren von Schulen ist schön und gut – das Problem ist nur, dass in Theth nicht mehr unterrichtet wird.

Theth: Shkolla

Theth: Schule während der Sommerschule

Nur jeweils im Sommer organisierte hier in den letzten Jahren ein britisches Entwicklungsprojekt eine Sommerschule mit Unterricht für die Kinder aus dem Tal. Auch dieses Projekt ist gut gemeint, soll die Jungend doch auf die künftige touristische Entwicklung in Theth vorbereitet und für die Zukunft gerüstet werden. Aber auch dieses Projekt schlägt – zumindest teilweise – fehl. Denn die allermeisten Kinder verbringen nur den Sommerurlaub in Theth – ihre Familien sind nach Tirana oder Shkodra gezogen, die Kinder besuchen dort die Schule und werden wohl kaum je in die Berge zurückkehren.

Das Tal von Theth hat trotz seiner abgeschiedenen Lage eine grosses touristisches Potential. Eine wunderschöne Bergwelt umgibt das Dorf. Daneben gibt es ein paar Sehenswürdigkeiten zu besichtigen wie Wasserfälle, eine eindrückliche Schlucht, ein kleines Museum, Höhlen. Alles ist Teil des Theth-Nationalparks. Dank Geldern der GTZ hat der Tourismus in Theth in den letzten Jahren auch einen deutlichen Aufschwung erlebt. Es gibt ordentliche Unterkünfte in Privathäusern, markierte Wanderwege und gedruckte Wanderführer, Wegweiser, Cafés und im Sommer vor allem auch immer mehr Touristen – meist Deutsche, die gerne über Schotterpisten fahren, tschechische Berggänger und Albaner, die Lust auf die entlegendsten Winkel ihres Landes haben.

Die Hilfe kommt aber etwas spät. Denn in den letzten Jahren haben bis auf wenige Familien alle Theth verlassen. Zu hart war das Leben im Tal, das im Winter über Monate von der Umwelt abgeschnitten ist, wo es keine Läden, oft kein Strom, keine Schulen und Ärzte und kein Einkommen gab. Viele Bewohner kehren zwar im Sommer zurück, um ihre Felder und Gärten zu bewirtschaften. Aber im Winter ist Theth fast ein Geisterdorf. Mit Förderung des Tourismus soll diese Entwicklung aufgehalten werden – und es scheint zu funktionieren.

In Theth gibt es diverse Projekte. Der Ort ist im ganzen Land bekannt, kommt in jedem Reiseführer vor. Dank seiner »Popularität« gelingt es Theth, viel Hilfe anzuziehen. Dass sich so viel Hilfe auf dieses Dorf konzentriert, ist aber oft unsinnig, wie das Beispiel mit der Renovation der Schule zeigt, die nur während sechs Wochen im Jahr gebraucht wird.

Denn noch immer gibt es in den albansichen Bergen viele Dörfer, wo kaum Hilfe hinkommt, obwohl viele Menschen dort ums Überleben kämpfen. Es gibt in den albanischen Bergen noch viele Schulen, die noch in Betrieb sind, aber kaum besser aussehen als der halb verfallene Viehstall nebenan. Manche Kinder sind anderthalb oder zwei Stunden zu Fuss unterwegs, um zur Schule zu gelangen. Manch anderes bewohntes Tal hätten noch touristisches Potential, aber niemand findet den Weg dorthin, um diesen Menschen zu helfen.

Natürlich sind die Gelder oft knapp und reichen nicht, um überall zu helfen. Gerade deswegen sollte man gut überlegen, ob es nicht dringlichere Projekte gäbe.

Repisht: Shkolla

Schule in Repisht

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