25 Jahre Demokratie – eine schwierige Reise

Heute vor 25 Jahren fanden in Albanien die ersten Mehrparteien-Wahlen statt. Das Land hatte sich auf den Weg hinaus aus der kommunistischen Diktatur zu einem demokratischen System begeben – eine holprige und lange Reise, wie sich zeigen sollte.

Erste Wahlen vor 25 Jahren

Sali Berisha an einer Wahlveranstaltung 1991 in Kavaja

Sali Berisha an einer Wahlveranstaltung 1991 in Kavaja

Schon die ersten Wahlen am 31. März 1991 waren alles andere als reibungslos: Die neuen Parteien waren deutlich benachteiligt. Der Sieg ging nochmals an die Kommunisten. Die neuen Kräfte hatten die Bevölkerung auf dem Land nicht überzeugen können. Den Demokraten wurde die Schuld gegeben für die gewaltsamen Proteste im ganzen Land, und die Bauern befürchteten, dass die Grossgrundbesitzer von früher wieder ihre Ländereien zurückerhalten würden. In den Städten gewann aber die »Demokratische Partei«, der für den landesweiten Wahlkampf nur sechs Fahrzeuge zur Verfügung gestanden waren. Trotz der Niederlage sollte vor allem Sali Berisha profitieren, der die Gunst der Stunde geschickt zu nutzen wusste. Der abtrünnige Kommunist und Kardiologe, ehemals Arzt von Enver Hoxha, war neben den streikenden Studenten die treibende Kraft der Demokratiebewegung. Er hatte die Zeichen der Zeit erkannt und mutige Schritte gegen das alte System gewagt.

Auch die Kommunisten hatten begriffen, dass sich im heruntergewirtschafteten Land etwas ändern muss. Und obwohl sie im neu gewählten Mehrparteienparlament die Mehrheit hatten, konnten sie den Lauf der Dinge nicht wirklich in ihrem Sinne steuern. Das Parlament blieb ohne Einfluss, die neuen Kräfte mussten eingebunden werden, und die Regierung konnte sich nicht lange halten. Denn die Massenproteste im ganzen Land dauerten an und immer mehr Albaner verliessen ihre Heimat, suchten Zuflucht im Westen oder im benachbarten Griechenland. Die Menschen hungerten, die Wirtschaft lag darnieder.

Langsamer Aufbau einer Demokratie

1990er Jahre in Albanien: Postauto überholt Pferdewagen – wohin geht die Reise

1990er Jahre in Albanien: Postauto überholt Pferdewagen – wohin geht die Reise

Als es 1992 zu Neuwahlen kam, gelangten die Demokraten unter Berishas Führung an die Macht. Mit viel westlicher Hilfe stabilisierten sich die Verhältnisse allmählich – aber nicht für lange. Berishas Demokratieverständnis war noch nicht allzu weit ausgereift: Die Justiz wurde beeinflusst, unabhängige Medien hatten es schwer, Wahlen wurden gefälscht. Im korrupten Umfeld konnte sich auch eine betrügerische Energie entwickeln, die 1997 zum Zusammenbruch des Staatswesens führte: Pyramidenfirmen versprachen irrealistische Zinsen, und als das System kollabierte und grosse Teile der Bevölkerung ihr ganzes Geld verloren, richtete sich der Volkszorn gegen die Regierung und den Staat. Erneut wurde zerstört, gekämpft, gemordet. Nur dank ausländischen Truppen gelang es, die Ordnung einigermassen wiederherzustellen. Eine weitere Regierung musste im Chaos abdanken, einen Scherbenhaufen zurücklassend.

Kleine Schritte vor und zurück

Seit 1997 hat sich Albanien komplett verändert. Es wurde viel erreicht, auch wenn die einzelnen Schritte oft bescheiden sind. Kaum ein Stein steht mehr am gleichen Ort. Man muss deshalb aufpassen, dass man über all die prächtigen Neubauten, aufgeräumten Innenstädte und glitzernden Reklameschilder nicht die Realität hinter der Fassade vergisst: Weder die Wirtschaft noch die Politik sind wirklich stabil.

Der Entwicklungsprozess des Landes war immer wieder von herben Rückschlägen geprägt. Noch immer ist die Korruption ein allgegenwärtiges Übel – kein Wunder in einem Land, das dermassen arm ist, dass auch Menschen mit Arbeit oft noch ums Überleben kämpfen müssen. Am traurigsten ist aber die Unfähigkeit der Politiker, sich in einem sachlichen Dialog den Problemen des Landes anzunehmen. Es wird nicht diskutiert, sondern nur die Gegenpartei mit Vorwürfen überschüttet. Die fehlende politische Kultur resultiert in schädlicher Kompromisslosigkeit und persönlichen Gehässigkeiten; der Staat wird noch immer oft als Mittel zur ungerechtfertigten Bereicherung angesehen, von der Dank Ämterpatronage auch der Familienclan und Parteigänger profitieren. Politische Blockaden bremsen immer wieder die Entwicklung. Einigung wird meist nur durch Vermittlung ausländischer Diplomaten gefunden. Der Weg der Demokratisierung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Enttäuschte Hoffnungen

Als die Menschen vor 25 Jahren zur Urne ging, hofften sie, in kürzester Zeit im Wohlstand und stabilen Verhältnissen zu leben. Die Versprechungen der Parteien waren schon damals gross – und noch heute ist nicht alles erreicht. Die Transformation eines ehemals kommunistischen Landes ist ein langwieriger und komplexer Prozess.

Viele Menschen sind enttäuscht, dass nicht mehr erreicht worden ist. Aber auch eine Generation später hört man immer noch den Vorwurf, dass der Staat zu wenig für die Menschen tue. Für alles wird den Politikern die Schuld gegeben. Dabei muss zuerst ein jeder selbst die Verantwortung übernehmen für korrekte Verhältnisse in seinem Umfeld.

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