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Lost Places in Albanien
Verfasst: So, 09. Apr 2017, 12:14
von GjergjD
In diesem Thema können wir Entdeckungen am Wege zusammentragen: interessante Industrieruinen, verlassene Militärbauten, Funktionsgebäude des Hoxha-Regimes, verlassene Touristikobjekte.
Wenn möglich wollen wir auch Fragen zu den ehemaligen Funktion beantworten. Wer hat etwas entdeckt und kann sich keinen Reim darauf machen?
Lagerhäuser der Staatsreserve
Verfasst: So, 09. Apr 2017, 12:36
von GjergjD
Über das ganze Land verteilt wurden unter Hoxha die typischen Lagerhäuser mit den Gewölbedecken gebaut, die zur Einlagerung der Staatsreserve dienten. Viele davon sind verlassen. Hat es einmal eine Zählung dieser Lagerhäuser gegeben? es müssen hunderte sein...
Achtung, einige der Lagerhäuser werden auch für ganz andere Zwecke neu genutzt.
Nicht weniger als 11.650 kg Cannabis wurden jetzt in dem Lagerhaus-Komplex beim Dorf Pagri sichergestellt.
40.333863,20.340117 (auf Google Maps)
Eine anonyme Quelle führte die Polizei zu dem Versteck dieser Riesenmenge Drogen.
https://youtu.be/fQKMH_Poivs
Einige von euch sind schon direkt daran vorbeigefahren, auf dem Hauptweg nach Frasher
Re: Lagerhäuser der Staatsreserve
Verfasst: So, 09. Apr 2017, 21:27
von Lars
GjergjD hat geschrieben:Über das ganze Land verteilt wurden unter Hoxha die typischen Lagerhäuser mit den Gewölbedecken gebaut, die zur Einlagerung der Staatsreserve dienten.
Staatsreserve? Du meinst die Schweine- und Kuhställe?
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: So, 09. Apr 2017, 22:07
von GjergjD
Lars hat geschrieben:GjergjD hat geschrieben:Über das ganze Land verteilt wurden unter Hoxha die typischen Lagerhäuser mit den Gewölbedecken gebaut, die zur Einlagerung der Staatsreserve dienten.
Staatsreserve? Du meinst die Schweine- und Kuhställe?
Mag sein, dass viele der ehemaligen Lagerhäuser
"ish-depot e rezervave të shtetit" später auch der Tierhaltung gedient haben. Fakt ist aber, dass dieser Typ Gebäude als Lagerhaus konzipiert wurde, denn das Gewölbe lässt die Luft besser zirkulieren und die Lebensmittel bleiben länger haltbar.
Am Stadtrand von Tirana bei
41.280051,19.865792 (auf Google Maps) gibt es heute noch die Hauptverwaltung der Staatsreserve mit einem riesigen Areal, wo hauptsächlich Autos "verwahrt" werden, aber auch Notfallreserven an Lebensmitteln, die bei Naturkatastrophen wie Hochwasser oder extremen Wintern an Notleidende verteilt werden.
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: So, 09. Apr 2017, 22:36
von volkergrundmann
Allerdings, für tausend Jahre waren etliche dieser Dinger auch nicht gebaut. Wahrscheinlich haben sie diejenigen, die heute noch militärisch genutzt sind, nachträglich stabilisiert. Denn viele der ungenutzten oder zeitweilig für landwirtschaftliche Zwecke genutzten sind schon in den Anfangs-Zweitausendern oder gar End-!90ern zusammengebrochen. Ich erinnere mich an welche im Nachbar-Tal von Petrele, die waren schon um 2008 zum Teil eingestürzt. Irgendwie sind sie dennoch typische Landmarken, die an die Hoxha-Zeit erinnern. Man findet sie naturgemäß am ehesten dort, wo heute die ausländischen Abenteurer am liebsten hinkrauchen: In verstecken, abgelegenen Tälern jenseits der Hauptverkehrsstrecken.
luxuriöse Gästehäuser des Staates
Verfasst: Do, 13. Apr 2017, 22:38
von GjergjD
In Albanien gab es mindestens in den (heutigen) Präfektur-Städten Gästehäuser, die einem erlesenen Nutzerkreis zugänglich waren.
Charakteristisch für diese Villen war die beste und aussichtsreichste Lage im Ort, von einer gepflegten Parkanlage und Umzäunung umgeben. Die Häuser boten zahlreiche Zimmer mit Balkon in einem für die damalige Zeit hohen Standard.
Die Villa in Gjirokastra ist frei zugänglich bei
40.078115,20.141279 (auf Google Maps). Die Einfahrt ist auf Streetview gut erkennbar
https://goo.gl/maps/hfFsH8SUxPF2
Der Blick vom Gebäude auf die Altstadt ist besonders schön.
In Gjirokastra war das Gästehaus die Unterkunft von Franz Josef Strauß auf der Albanien-Reise. Es wurde damals auch das Haus von Enver Hoxha besucht. Als die Gruppe ins Gästehaus ging, war dies ein eindrucksvoller Anblick, denn von dort konnte man die mittelalterliche Stadt mit ihrem Charme gut überblicken. Am Abend war die Stadt jedoch vollkommen unbeleuchtet (nach einem Interview mit Max Strauß 2014).
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: Fr, 14. Apr 2017, 9:51
von heinz1950
Von der alten -aber neu asphaltierten- Passstraße zwischen Elbasan und Tirana aus hat man einen tollen Blick auf das riesige Stahlwerk, das aber nicht mehr in Betrieb zu sein scheint. Steht das Gelände offen, so dass man vielleicht mal einen näheren Blick auf die Tristesse werfen kann?
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: Fr, 14. Apr 2017, 19:08
von GjergjD
Da das Stahlwerk immer noch Werte birgt, und sei es nur der Schrott, wird die Anlage weiterhin bewacht.
luxuriöse Gästehäuser des Staates 2.
Verfasst: Fr, 14. Apr 2017, 19:56
von GjergjD
Ein zweites Gästehaus des Staates habe ich mehr oder weniger zufällig auf dem Olivenhügel von Elbasan entdeckt. Dazu fährt man die Straße hoch, die auch zum
Hotel Le Olive führt und hält sich geradeaus.
Die topographische Karte informiert über den Verwendungszweck eindeutig: "sht. pritje". Eine sehr sehr schöne Gegend.
41.114551,20.071 (auf Google Maps) Auch dieses Gästehaus kann man heute besuchen, der Eingang für Fußgänger liegt etwas versteckt oberhalb der verrammelten Zufahrt. Das Gelände mit seiner weiten Aussicht und dem schönen Pflanzenbestand ist äußerst reizvoll. Wer dort wohl alles übernachtet hat?
luxuriöse Gästehäuser des Staates 3.
Verfasst: Sa, 17. Jun 2017, 13:58
von GjergjD
Von der Kreuzung der Wege im Pass zur Zufahrt zur Burg von Shkodra verläuft in östlicher Richtung der fahrbare Weg "9 Nuseve". Am besten bei
https://goo.gl/maps/SsTWRYMKxsH2 parken.
Der Weg bergauf verläuft nun durch ein großes Schlammloch, wie auch Streetview zeigt. Es folgt ein kurzer Aufstieg, bei
42.052589,19.501059 (auf Google Maps) ist das Gästehaus des Staates (Envers Gästehaus) in wunderbar aussichtsreicher Lage erreicht. Das Gelände mit dem schattenspendenden Baumbestand ist frei zugänglich. Wie immer auffällig bei diesen Häusern ist die repräsentative Zufahrt und der protzige Eingangsbereich. Im Inneren findet man Reste der Kamine und der Wasserspiele im Erdgeschoss. Durch ein noch funktionierendes Treppenhaus kann die riesige Sonnenterasse mit optimalem Blick auf dem Shkodra See und die ganze Stadt bestiegen werden.
Verfolgt man den Weg noch etwas weiter, kommt man bei
42.050750,19.500203 (auf Google Maps) zu einer Art Feldherrenhügel mit Sicht zur Burg und und Buna.
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: Sa, 17. Jun 2017, 14:08
von Lars
Davon habe ich auch schon gehört – habe es aber nicht geschafft, dorthin zu fahren
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: Sa, 17. Jun 2017, 14:28
von GjergjD
Ich traf da zwei Albaner aus der Stadt, die auch meinten, es wäre das aller erste Mal, dass sie es dort hoch geschafft hätten. Wer die Burg in ihrer Totale fotografieren möchte, findet dort oben wahrscheinlich die besten Standorte. Außerdem sieht man bei
42.054139,19.507420 (auf Google Maps) so eine Art Bergfestung der Armee, wahrscheinlich verlassen. Ich war aber nicht dort.
Jagdschloss Ishull Lezha
Verfasst: Sa, 17. Jun 2017, 15:03
von GjergjD
Hoteli i Gjuetisë hat eine bewegte Geschichte: Zunächst als Jagdschloss des Grafen Galeazzo Ciano, dem Schwiegersohn Mussolinis, später fungierte das Anwesen viele Jahre als Gästehaus der Partei. Erst in den letzten Jahren des Sozialismus wurde es zum Albturist Hotel für Gruppenfahrten umfunktioniert, denn der Staat wollte neue Touristenunterkünfte schaffen.
Nach der Wende wurde das Hotel wohl privatisiert oder verpachtet und war weiterhin eine Unterkunft mit veraltetem Standard, zuletzt nur noch ein Restaurant. Heute scheint die Anlage nicht mehr in Betrieb zu sein, auch wenn die Gebäude noch nicht ausgeräumt wurden. Morbider Charme, noch nicht gänzlich verwildert. Mal sehen, wie es mit dem Bau weiter geht, das ist kein Kulturdenkmal.
41.748264,19.615273 (auf Google Maps)
https://nl.wikipedia.org/wiki/Hoteli_i_Gjuetis%C3%AB (nur niederländisch)
In der direkten Umgebung bieten zwei Hotels (Sebastiano und Iglis) ihre Dienste an.
Re: Jagdschloss Ishull Lezha
Verfasst: Sa, 17. Jun 2017, 22:08
von Lars
GjergjD hat geschrieben:Morbider Charme
das hatte es schon vor zehn+ Jahren, als wir dort mal übernachteten. Besser einen grossen Bogen machen …
Krasta (Bulqiza)
Verfasst: So, 20. Aug 2017, 19:08
von GjergjD
Lars hatte im Blog unlängst über die
Wenig erfolgreichen planwirtschaftliche Stadtgründungen in Albanien geschrieben.
http://www.albanien.ch/une/blog/1770
Krasta ist so eine Stadt, in den 70er Jahren als Schlafstadt für die Arbeiter der Chrom-Minen gegründet. Der Ort liegt auf über 1000 Meter Höhe.
Hier ein aktueller Bericht mit Video über die Stadt
http://www.bulqizaime.al/reportazh-shke ... oto-video/
https://youtu.be/Rxad2FFfOog
Vom Büffelpass aus benötigt man für die etwa 17 km auf heruntergekommener Straße in die Stadt über eine Stunde Fahrzeit, ein Furgon verlässt den Büffelpass morgens um 6:20 und kommt um 7:30 in Krasta an. Von einstmals 18.000 Einwohnern ist vielleicht noch ein Zehntel übrig. Die große Fabrik für Chromanreicherung ist nur noch eine Ruine. Viele Wohnblöcke in der Stadt sind verlassen. Man begegnet sehr vielen streunenden Hunden, die Stadt hat ein ernstes Müllproblem.
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: So, 20. Aug 2017, 22:23
von volkergrundmann
Der Ort ist nur was für Katastrofentouristen (oder durchreisende Off-roader als kleiner Abstecher) und man sollte vorsichtig sein. Ich weiß nicht, ob das jetzt noch so ist, aber etwa um 2010 verdingten sich die arbeitslosen Bergarbeiter damit, dass sie illegale Stollen in den Berg trieben und die Erze an kriminelle Zwischenhändler verhökerten. Bei diesen Aktivitäten, insbesondere bei den Abholungen der Erze, wollten die Strolche natürlich unbeobachtet bleiben.
versunkenes Dorf wieder zugänglich
Verfasst: Do, 24. Aug 2017, 21:26
von GjergjD
Durch den extrem niedrigen Wasserstand des Fierza Stausees hat man derzeit die Gelegenheit, das im See versunkene Dorf
Bruti nahe Kukes zu besuchen
42.098156,20.385728 (auf Google Maps)
https://youtu.be/QZhMGqPtV_g
https://youtu.be/z9qy762C4Q8
Das im Video interviewte Ehepaar, das heute in Kanada lebt, freut sich, das Dorf der Familie wiederzusehen, das vor der Überflutung von 40 Familien bewohnt war. Die Bewohner wurden dann in alle Teile Albaniens umgesiedelt. Der Fierza Stausee wurde 1979 in Betrieb genommen.
- Karte von 1937
- Karte nach 1980
Das ehemalige deutsche Ferienlager in Vlora
Verfasst: Mo, 25. Dez 2017, 20:54
von GjergjD
Zwischen 1949 und 1961 pflegte Albanien freundschaftliche Beziehungen zur DDR. Neben dem Aufbau einiger Fabriken war auch der Tourismus ein Thema. Die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und die DDR wollten Ferienheime an der albanischen Küste eröffnen. Zumindest das Ferienlager der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Vlora wurde eingeweiht (1959). Es war theoretisch 1-2 Jahre in Betrieb, aber man findet keine Details. Gibt es noch Zeitzeugen?
Nach dem Bruch mit Moskau wurde das Ferienlager zum Pionierlager für albanische Kinder (kampi i pionerëve).
Streetview:
https://goo.gl/maps/N3HvKwQ1niu 40.457074,19.470085 (auf Google Maps)
Während der Unruhen von 1997 verwandelte sich das Gelände zur Basis für die internationalen Eingreiftruppen in Vlora („Operation Alba“). Davon zeugt noch ein zerstörter Panzerwagen der Griechen und ein Transporter der albanischen Polizei im Innenhof. Die Gebäude sind ruinös.
Heute treffen sich dort manchmal Drogenabhängige. Was wohl aus dem Gelände wird? Vielleicht finden wir dort irgendwann ein 5Sterne Hotel?
Die Straße war bisher so katastrophal, dass sie keinem Urlauber zuzumuten ist und der Strand und das Wasser sind dort auch nicht sauber
Die alten Strandhäuser weiter stadteinwärts sind ein sozialer Brennpunkt.
https://youtu.be/pHKq93CWcbA
https://youtu.be/213ESGmO7AQ
Re: Lost Places in Albanien
Verfasst: Sa, 30. Dez 2017, 14:06
von Lars
Ich habe schon einiges gesammelt zur Tourismus-Geschichte Albaniens. Dazu gehören auch viele Berichte und Reportagen aus DDR-Zeit. Aber das Ferienheim in Vlora war nirgeds explizit erwähnt. Frühe Lager fanden meines Wissens in Durrës statt. Weiss nicht, ob das Haus je DDR-Gäste beherbergt hat.
Re: versunkenes Dorf wieder zugänglich
Verfasst: Sa, 13. Jan 2018, 13:44
von GjergjD
Derzeit auch auf Google Luftbildern festgehalten, die aus der Trockenperiode stammen (Stand 2.8.2017)
42.098951,20.386891 (auf Google Maps)