Albert Ramaj
DIE ALBANER IN DER SCHWEIZ (I)
Geschichtliches – Albaner in der Schweiz seit 1431
In der Schweiz leben rund 200.000 Albaner, die meisten kommen aus dem Kosovo, Mazedonien, Südserbien, Montenegro und auch ein kleiner Teil aus Albanien. Es gibt auch so genante Italo-Albanesen - Albaner aus Süditalien, die im 14. Jahrhundert aus Albanien nach Italien ausgewandert sind, aber sie sind als Italiener in der Schweiz bekannt.
Die ersten Kontakte, die wir nach Dokumenten argumentieren können, sind das im Jahre 1431 - währen des Basler Konzils. Nach Basel wurden offiziell unter den anderen auch die Albanische Bischöfe eingeladen.
Ein sehr bekannter Dominikaner, genant Andreas von Kram oder Andrea Zamometich, geboren im Jahre 1420 in Nin (heute Kroatien) hat vom 1482-1484 gelebt. Er war Bischof von Granea in Albanien und guter Freund vom Künstler Lorenzo Medici. Er ist nicht unbekannt für die Schweizer Kirchengeschichte wegen seiner Reformationsideen und gegen den Päpstlichen Nepotismus und ist auch bekannt für die Stadt und Universität Basel (die ihn unterstützt haben). Andreas von Kram agitierte in Basel öffentlich gegen den Papst von Rom. In Basel veröffentlichte er Schmähschriften und am 21 Juli 1482 verbreitet er ein Pamphlet, wo er ein zweites Konzil von Basel forderte. Er starb 1484 in Basel.
Im Jahre 1555 wird das erste gedruckte Buch auf albanische Sprache gedruckt, „Missale (Meshari)" vom Gjon Buzuku. In Lateinisch haben albanische Autoren publiziert, sehr bekannt ist der Humanist Marin Barleti (Barletius). Sein Skanderbegbuch erschien 1508/10 in Rom ist vielen europäischen Sprachen damals übersetzt. Marin Barleti (Barletius) hat in Basel auf Latein „De obsidione Scodransi" erschienen. Das zeigt, dass die Schweizer damals schon Interesse über die Ereignisse in Albanien hatten. Interessant ist auch für heutige Zeit, dass der bekannteste Kenner der Skanderbeg'schen-Geschichte in der heutiger Zeit, ist der Basler Prof. Dr. Oliver Jens Schmitt (Professor in Wien).
Ein Schweizer Franziskaner aus Locarno im Jahre 1674 in Albanien
Der Franziskaner Filippo da Locarno aus Lago Maggiore bei Locarno hat seit 1674 in Albanien gelebt, er ist in Albanien bekannt als p. Filippo da Locarno. Er war auch Provinzialstellvertreter der Franziskaner in Albanien. Er hatte in Lezha und Pethana auch als Poriester gedient. Er war damals auch Professor in einem Franziskanergymnasium in Pethana. In Albanien hat er sehr viel für die Ausbildung der Jugend gemacht, die er ins Ausland zur Ausbildung schickte - oder mitgenommen, als er selber in die Schweiz (auch Italien) eingereist ist. Er lebte bis 1709.
Dora d`Istria (Albanerin) – Autorin der 10 Bücher über die Schweiz zwischen 1855-1888
Dora d`Istria ist der Künstlername von Elena Gjika – die albanische-valachische Autorin, (sehr bekannt in Albanien und auch in der Schweiz).
Sie hat auch in der Schweiz nach der Trennung vom Ehemann, dem Fürsten Aleksander Koltsov-Massalski im Jahre 1855 gelebt. Sie ist in der Schweiz als Dora D`Istria bekannt, die unter diesen Künstlernamen vieles publiziert hat. Sie hat rund 10 Bücher und viele Artikel in verschieden Zeitschriften über die Schweiz und die Schweizer Geschichte publiziert und zwar in Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch… Bekannteste ihre Bücher sind: "Die deutsche Schweiz. Land, Volk und Geschichte". Zürich: 1860 (in 3 Teilen), "Une rencontre de voyage. Souvenirs de la Suisse ital". Paris: 1861. "La Suisse allemande et l'ascension du Moench" Paris 1856, "Die Deutsche Schweiz und die Besteigung des Mönchs", Zürich 1858, "Switzerland, the pioneer of the Reformation; or La Suisse allemande", London, 1858 usw.
Dora d`Istria - Elena Gjika (1829-1888)
Die erste Frau (Albanerin), die das Jungfraujoch – genau den Mönch im Jahre 1857 erreichte
Die Schweizer Alpen und Bergsteigen sind auf der ganzen Welt bekannt. Berner Alpen, genau der Teil von Jungfraujoch, oder noch konkret der Berggipfel Mönch (mit der Höhe von 4107 m) hat als Frau überhaupt in der Geschichte gleich nach einem Jahr als die Männer (Christian Almer, Christian Kaufmann, Ulrich Kaufmann und Sigismund Porges) im Jahre 1857 die Albanerin Elena Gjika (Dora d`Istria) erreicht. Sie beschreibt das auch sehr gut in ihrem Buch "Die Deutsche Schweiz und die Besteigung des Mönchs". Der Schweizer Historiker Quirinus Reichen meint dass, Dora D`Istria (Elena Gjika) die erste Person, die den Gipfel Mönch erreichte und nicht nur als Frau. Johannes Jaun schreibt: „ich glaube, dass bei dem Mut dieser Dame die Reise unternommen werden kann. Ich habe viele Männer bei solchen Gelegenheiten viel stärker zittern sehen als sie".
Nordalbanien wie Kanton Schwyz
Nordalbanien ist bekannt für die Berge, die man auch als „Albanische Alpen" bezeichnet. Dort leben auch die Albaner in einem sehr patriarchalischen Leben. Der deutschsprachige Autor Ernst Jäck macht einen sehr interessanten Vergleich im Jahre 1911 ("Im türkischen Kriegslager durch Albanien") zwischen den Nordahlabern, den so genannte Malsoren und andere Albaner und vergleicht die Schwyzer Schweizer. Er schreibt: „Nur Schwyz ist unruhig und nicht die Schweiz. Das Verhältnis von Schwyz und Schweiz veranschaulicht, ja beleuchtet auch die Situation der Malesoren und der Albaner – ganz klar und richtig – sogar mit sehr charakteristischen Strichen".
Albanische Schriftsteller und Politiker im 19 und 20 Jh. in der Schweiz
Der sehr bekannte Albanische Schriftsteller Andon Zako Çajupi ist im Jahre 1887 nach Genf gekommen, wo er Jura studierte. Er hat auch in Genf als Rechtsanwalt gearbeitet und war mit der Schweizerin verheiratet und einen Sohn (Stefan) hatten sie. A. Z. Çajupi hatte sehr viel Einfluss auf die damalige Albanische Literatur gehabt, vieles aus der Schweizer Literatur und Kultur. Seine Bücher sind noch heute aktuell.
Der Herausgeber der Zeitschrift “Albania“ Faik Konica hat in der Schweiz Ende des 19 Jh. gelebt. In der Schweiz haben auch 4 albanische Premierminister gelebt, die zwischen 1912-1945 regiert haben, Ismail Qemali, Fan S. Noli, Ahmet Zogu, Mustafa Kruja. Andere Autoren und Politiker auch wie: Sami Frashëri, Mid'hat Frashëri, Lazër Shantoja, Ali Këlçyra, Pol Adamidhi, Leonik Tomeo, Gjergj Kokali, Ajet Libohova, Eqrem bej Vlora, Luigj Gurakuqi, Dervish Hima, Vissar Dodani usw. Mid`hat Frashërit wollte das Schweizer Model des Zusammenlebens in Albanien einführen. Der Katholische Priester Lazër Shantoja hat als Pfarrer in den 30 Jahren des 20 Jh. in 10 der französischen Schweiz als Pfarrer 10 Jahre in Le Motte (Diözese Basel) gedient.
Lazër Shantoja (1891-1945)
Albanische Zeitschriften in der Schweiz vor den Weltkriegen
In der Schweiz sind 5 Zeitschriften auf Albanisch zwischen den 1903-1936 erschienen, wie Zeitschrift "Shqipëria - Albanie" (1903-1906) in Genf. Zwischen 1915-1919 gab es in Lausanne eine Zeitschrift Namens „Albanie". In Genf "Liria Kombëtare - La Liberté Nationale“ zwischen 1925-1935. In Genf "Zëri i Shqipërisë" - La Voix de L`Albanie, 1935 -1936.
Albanische Zeitung: “Liria Kombëtare“
Grab des Burgtheater-Schauspielers, Aleksander Moisiu
Der grosse Schauspieler vom Wiener Burgtheater und Deutschem Theater in Berlin, ist der Jüdisch-Albaner Aleksander Moissi oder Moisiu, der in Durres (Albanien) geboren ist. Er ist auch Mitgründer der „Salzburger Festspiele", der zum ersten Mal im Jahre 1920 in Salzburg bei den „Salzburger Festspielen" den „Jedermann" (von Hugo von Hofmannsthal) gespielt hat. Er wurde in Tessiner-Morcote begraben.
Der Basler Ingenieur und ETH Professor Gerold Schnitter baute die erste Brücke über den Fluss Mati in Albanien
Der Fluss Mat (Mati) entwässert Teile der albanischen Berglandschaft. Er mündet nach 115 Kilometern zwischen den Städten Laç und Lezha ins Adriameer. Bei Milot wurde im Jahr 1927 die erste Brücke über den Fluss errichtet. Die Betonbrücke mit fünf großen Stahlbögen auf jeder Seite, überwindet 480 Meter. Sie wurde vom Basler Ingenieur und ETH Professor Gerold Schnitter geplant. Als eines der größten Bauwerke des damaligen Albanien wurde sie dem König zu Ehren, Zogu-Brücke genannt. Später wurde sie meist nur als Mati-Brücke bezeichnet.
Schweizer über die Albaner
Die bekannte Schweizer, die nach 1912 über die Albaner geschrieben haben sind: Karl Weber (1917), William Martin (Journal de Genève), Robert Kempner (1925), Robert Hodel (1927, NZZ), Lazarus Benkuz (1927), Jakob Brand (1928), Jean Gabriel Shamorel (1928) Erwin Heimann (1938) usw. In Zürich würde das „Lexikon der Frau“ im Jahre 1953 publiziert. In diesem Band wurde auch der albanische Autor DDr. Krist Maloki mit einem interessanten Beitrag über die albanische Frau dabei und hat auch einige Informationen über die Albaner geschrieben, die sehr wichtig für die Schweizer waren. Er hatte sehr gute Kontakte zur Schweiz.
Es gab auch Schweizer, die in den 40 Jahren des 20 Jh. Albanien besucht haben, wie Erwin Heimann, im Jahre 1939. Nach ihrer Hochzeit wollte das Ehepaar Heimann Albanien besuchen. Erwin Heimann hat auch darüber ein Buch geschrieben.
Memerandum aus dem Kosovo (1930) nach Genf
Am 5 Mai 1930 haben die drei katholischen Priester aus dem Kosovo Gjon Bisaku, Shtjefën Kurti und Luigj Gashi "La Situation de La minorité albanaise en Yougoslavie„ an den Völkerbund in Genf ein Memerandum über die Lage der albanischen Bevölkerung in damaliges Jugoslawien geschrieben. Dieses Memorandum war bis in 1999 sehr aktuell. Der Mut über dieses Memorandum der Priester hat das Leben gekostet.
Der Italo-Albanese G. Gangalle für Rätoromanische Sprache
Ein Italo-Albanese im Dienste der Rätoromanischen Minderheit in der Schweiz – Giuseppe Gangalle.
Vor mehr als 500 Jahren sind einige Gruppen von Albaner nach Italien von Albanien nach Italien ausgewandert. Sie werden auch Italo-Albanessen genannt (in der Schweiz ist der heutige Autor Francesco Micieli als bekanntester Italo-Albanese). Ein sehr bekannter Italo-Albaneser gebürtiger Kalabrese, der für die Unterstützung und Einhalten der rätoromanischen Sprache und Kultur war Giuseppe Gangalle (1898-1978). Seine Ehefrau Margarita Uffer-Gangalle hat auch in ihrem Buch „Giuseppe Gangale. Ein Leben im Dienste der Minderheiten" der unermüdlich für Sprachminderheiten gekämpft hatten Ehemann geschildert.
Giuseppe Gangalle (1898-1978)
Interessant ist auch zu erwähnen, dass, der Schweizer Name Burri, wahrscheinlich aus dem Albanischen kommt. Albanisches Wort Burri (mit doppeln R geschrieben) heisst „der (starke) Mann". Das sollten die Italo-Albanesen, zuerst in Tessin und danach in der ganzen Schweiz. Dieses Wort hat man für die Starke Männer gebraucht, und die starken Männer waren die so genannten Italo-Albanesen, die von Süditalien nach Tessin gekommen sind, um harte Arbeiten zu erledigen.
Albaner in der Schweiz seit 1960 in der Schweiz
In den 60er und 70er Jahren sind enorm viele, so genannte „Gastarbeiter“ aus Ex-Jugoslawien in die Schweiz gekommen. Bei vielen von ihnen war die Muttersprache Albanisch. Für viele war die Schweiz eine Notwendigkeit und wichtig. Fleissige Gastarbeiter waren sehr Willkommen und es war sehr nützlich für die Schweiz und die Gastarbeiter, weil beide verdienen konnten. Die Arbeiter wollten kurzfristig Geld verdienen und wieder nach Hause zurück. Sie waren nicht genügend, sogar sehr wenig mit dem Lebenssystem der Schweiz verbunden. Sie hatten nur wenig oder fast gar keine Ahnung von vielen Lebensbereichen. Sie lebten in Kantinen der Firmen, wo sie ihre Arbeit leisteten.
Die Kriege in den 90er Jahren, die im Territorium Ex-Jugoslawiens ausbrachen, veranlassten viele Gastarbeiter dazu, ihre Familienangehörige in die Schweiz nachziehen zu lassen. Auch viele albanische Asylwerber kamen in die Schweiz. Der gute Ruf der Albaner als gute Arbeiter nahm mit den neuen Ankömmlingen immer mehr ab. Der Familiennachzug führte zu den vielen nicht vorhersehbaren Schwierigkeiten. Die erste Generation der Gastarbeiter war unvorbereitet auf das, was auf sie zukam. Die absolute Mehrheit der Emigranten waren einfache Menschen, die ihren Lebensstandard in ihrem Heimatland verbessern wollten.
Die neue Welle von Albanern der 90er Jahre, die in die Schweiz strömte, war mit vielen offenen und ungeklärten Fragen sowie Schwierigkeiten verbunden. Viele von ihnen kamen aus ländlichen Gebieten, waren unausgebildet und unerfahren. Dem neuen Leben im Westen bzw. in der Schweiz traten die Albaner unvorbereitet gegenüber und nicht nur sie, sondern auch für die Schweiz kam eine neue Zeit. Eine Zeit, in der man sich mit Menschen aus dem Balkan auseinander setzen musste. Die dauernden Kriege, die Flüchtlingsströme, verzweifelte Menschen und die damit verbundenen Probleme führten zu den vielen präsenten Schwierigkeiten.
(Folgt in der nächsten Nummer).
Publiziert in „Albsuisse“ (www.albsuisse.ch), Juni 2009 / Jahr 2, Nr. 6, S. 13-14
Albert Ramaj ist Leiter des Albanischen Instituts in St. Gallen, www.albanisches-institut.ch. Hat Philosophie und katholische Theologie in Zagreb, Graz, Wien und Luzern studiert. Zahlreiche Publikationen auf Deutsch, Albanisch und Serbisch/Kroatisch. Er lebt mit seiner Frau Kristina und dem Sohn Martin in St. Gallen.