Habe hier die Reportage mal hochgeladen.
http://video.google.de/videoplay?docid= ... 1123&hl=de
Aussetzung der Abschiebung. Duldung« steht auf ihre Papieren. »Ich bin hier so gefangen«, sagt Arduan (16). Es ist ein Leben in Unsicherheit, von Abschiebung bedroht. Er lebt mit seiner Mutter Hajrije (42) und seinen drei Geschwistern, einer Großcousine und mit seiner Freundin in einer kleinen Dreizimmer-Wohnung im Stuttgarter Viertel Fasanenhof. Arduan war gerade mal 15 Monate alt, als er mit der Mutter vor 15 Jahren nach Deutschland kam, auf der Flucht. Hajrije erwartete da gerade das dritte Kind. Als ihr Mann zu Begin der Jugoslawienkriege nach einer Demonstration im Jahre 1992 nicht mehr nach Hause kam, packte sie die Koffer und flüchtete nach Deutschland. Zwei Monate später erfuhr sie, dass ihr Mann, ihre Mutter und zwei ihrer Geschwister ermordet worden waren.
Zwei Jahre später bekam sie noch einen weiteren Sohn von einem anderen Mann. Orhan, genannt Bobby, hat seinen Vater nie kennen gelernt. Bobby hat ein Lied gedichtet und wenn er es singt, singt er sich das Leid und den Frust aus der Seele: »Du hast es geschafft, mich zu vergessen. Denn du bist nur mein Vater und ich kenne dich nicht. Du hast es geschafft, meine Familie zu verletzen. « Arduan muss den fehlenden Vater für seine jüngeren Geschwister ersetzen und fungiert gleichzeitig als Ansprechpartner für seine Mutter. Bobby würde es begrüßen, wenn seine Mutter wieder heiraten würde. Einen Vater zu haben, mit dem er ins Kino gehen kann und von dem er Taschengeld bekommt, wäre sein größter Traum. Zwischen Behördengängen, familiären Spannungen und Geldnöten fristen die Husenis ihr unsicheres Dasein, immer im Bewusstsein, jeder Tag könnte der letzte in Deutschland sein.
Aufgrund ihres Status kann die Familie jederzeit in den Kosovo abgeschoben werden. Nur das neue Bleiberecht vom November 2006 gibt ihnen ein wenig Hoffnung. Doch die Hürden sind hoch. Sie müssen eine geregelte Arbeit nachweisen, einen gültigen Pass herbeischaffen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Es ist schwierig, alle Kriterien gleichzeitig zu erfüllen. Zwar findet Hajrije Arbeit, doch reicht der Lohn nicht, die gesamte Familie zu ernähren. Das größte Problem ist aber die Passbeschaffung. Ihr alter jugoslawischer Pass ist seit der Aufteilung Jugoslawiens ungültig. Um einen neuen Pass zu bekommen, braucht sie ihre Geburtsurkunde. Seit drei Jahren bemüht sie sich um die Unterlagen aus dem Kosovo, bislang ohne Erfolg.
Auch für die Kinder ist es schwierig, mit der unsicheren Aufenthaltssituation zu leben. »Ich fühle mich schon als Deutscher, ein bisschen«, sagt Arduan. »Aber manchmal denke ich: Die spielen mit uns, wie sie wollen. Sie schicken so Briefe. Das ist, wie wenn jemand einen Drohbrief zu jemanden schickt und sagt: Du wirst abgeschoben.« Das Land ihrer Eltern kennen sie nicht einmal aus Erzählungen. Das Thema Kosovo spart Hajrije bei ihren Kindern grundsätzlich aus. Zu schlimm sind die Erinnerungen an die grausame Vertreibung aus ihrer Heimat.
Die schwierige Lage der Familie prägt das Familienleben. Streitigkeiten sind an der Tagesordnung. Oft geht es ums Geld oder einfach nur darum, seinen angestauten Aggressionen freien Lauf zu lassen. Tochter Ramize träumt davon, von zu Hause auszuziehen und mit ihrem jüngeren Bruder Bobby »ganz weit weg« zu gehen. Die Auseinandersetzungen zu Hause, die oftmals mit körperlicher Gewalt einhergehen, werden für die Kinder immer unerträglicher. »Ich will ein freier Mensch sein«, sagt Arduan, der hier in Deutschland aufgewachsen ist. Seine Zukunft hängt ab von Behörden und einem Papier mit dem Aufdruck: »Duldung«.