Das albanische Parlament hat heute in Abwesenheit der Opposition Ilir Meta zum Staatspräsidenten gewählt
Wahlkampf
In Albanien herrscht mal wieder politische Eiszeit. Im Juni wird das Parlament gewählt, was einmal mehr zu heftigen Auseinandersetzungen im Politbetrieb führt.
Seit Februar boykottiert die Demokratische Partei das Parlament. Sie fordert den sofortigen Rücktritt der Regierung von Edi Rama, da die Sozialisten keine fairen Wahlen garantieren würden. Die amtierende Regierung geht auf diese Forderung natürlich nicht ein, weshalb Parlametarier und Unterstützer der Demokraten seit bald zehn Wochen auf dem Boulevard vor dem Ministerpräsidentensitz ein Protestcamp eingerichtet haben und damit ihren Forderungen Ausdruck verleihen wollen.
Erfolglose europäische Vermittler
Mit den anstehenden Wahlen des Parlaments und der Regierung galt es, allmählich wieder zu einem geregelten politischen Abläufen zurückzukehren. Die Vermittlung des Deutschen Aussenministers Sigmar Gabriel, weiterer eiligst angereister europäischer Politiker und der Botschaften führten aber zu keinem Resultat. Die Parteien boten keine Hand zu einem Kompromiss – der Protest der Demokratischen Partei unter Führung von Lulzim Basha wurde fortgesetzt. Am letzten Montag blokierten PD-Anhänger sogar Strassen im ganzen Land.
Die Regierungskoalition von Sozialisten und LSI (Sozialistische Bewegung für Integration) liess sich auch nicht beirren und führte das Programm fort – mit einer absoluten Mehrheit im Rücken und guten Aussichten auf Erfolg bei den Wahlen.
Ohne Gegenkandidat
Nach ein paar letzten Warnschüssen – drei Wahlgängen ohne Kandidaten, die als Zeichen an die Demokraten zu interpretieren waren, sich doch noch im Parlament einzufinden – liessen die machthabenden Parteien heute die Wahl zum Staatspräsidenten der Republik durchführen.
Der einzige Kandidat Ilir Meta wurde mit nur zwei Gegenstimmen für die nächsten fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Ein schon fast »kommunistisches Resultat«.
Der Königsmacher
Mit Ilir Meta wurde der Vorsitzende der drittgrössten Partei Albaniens zum Präsidenten gewählt. Meta galt lange als Königsmacher: von den Demokraten zu den Sozialisten hin und herwechselnd, verhalf er seinen wechselnden Koalitionspartnern zu Mehrheiten im Parlament. Jetzt ist er selber schon fast König des Landes.
Meta ist schon lange im Politbetrieb im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die politisch eher unbekannt waren. 1999 wurde er, gerade mal 30-jähirg, Ministerpräsident. Später verliess er die Sozialistische Partei und gründete die LSI. Als Koalitionspartner hatte er mehrere Ministerämter, musste aber wegen einer Korruptionsaffäre 2011 als stellvertretender Premier zurücktreten. Seit 2013 war er Parlamentspräsident. Den falen Beigeschmack der Korruption ist er aber nie mehr ganz losgeworden, weshalb er auch nicht unumstritten ist.
Andauernder Boykott
Die Demokraten wollen ihren Boykott fortsetzen und auch keine Kandidaten für die Parlamentswahlen im Juni stellen. WIe lange sich solche Maximalforderungen auch in der eigenen Partei durchsetzen lassen, muss sich zeigen.
Dem neuen Staatspräsidenten haftet jedenfalls der Makel an, ohne die Unterstützung der Opposition gewählt worden zu sein.
(nlA)
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