Edi Ramas Reise nach Belgrad brachte die beiden Staaten zwar in einigen Belangen näher, riss aber auch alte Wunden auf. Wie das Fussballspiel ging auch diese Begegnung ohne Sieger und mit unschönen Szenen über die Bühne.
Nach 68 Jahren reiste zum ersten Mal wieder ein albanischer Regierungschef nach Belgrad. Allein diese Tatsache zeigt, wie zerrüttet die Beziehungen zwischen den beiden Fast- und Ex-Nachbarn seit Langem ist. Vor ein paar Monaten, als Edi Ramas Besuch bei seinem serbischen Amtskollegen Aleksandar Vucic beschlossen worden ist, sah die Welt noch etwas anders aus und man konnte wirklich schon fast von Tauwetter sprechen. Dennoch war das Treffen wohl vor allem auf Drängen von Berlin und Brüssel zustandegekommen. Nach dem unsäglichen Fussballspiel in Belgrad, das sogar bei den Politikern die Emotionen hochkochen liess, kam der Staatsbesuch wohl nur noch zustande, weil niemand auf dem internationalen Parket sein Gesicht gänzlich verlieren wollte.
Schlagabtausch
Dass das Thema Kosova in Belgrad ein Reizwort ist, war allen klar. Deshalb war vereinbart worden, Kosova von den Gesprächen auszuklammern. Als Edi Rama während der Pressekonferenz erklärte, dass die Unabhänigkeit von Kosova als Tatsache anerkannt werden müsse, stiess dies bei der serbischen Seite natürlich nicht auf Gegenliebe. Das war ihm wohl von vornherein bewusst gewesen. Klar trifft seine Äusserung, dass nur die Anerkennung Kosovas die Region voranbringen werde, den Kern der Sache. Trotzdem war ihm wohl auch klar, dass er damit nur bei den Albanern punktet. Vucic zeigte sich überrascht gegenüber der »Provokation« seines Gastes und erklärte Kosova als für immer serbisch. So schafften es die beiden, wieder internationale Schlagzeilen zu machen, die erneut den Balkan als konfliktgeladene Problemregion darstellten.
Interesse an Zusammenarbeit
Dabei ging unter, dass beide Seiten doch Interesse an Zusammenarbeit haben und man sich auch in einigen Punkten näher gekommen ist. Während in den letzten Jahren der wirtschaftliche Austausch zwischen Albanien und Serbien stark gewachsen ist – seit Kurzem fliegt auch »Air Serbia« nach Tirana –, will jetzt die Politik nachziehen. Mehrere Abkommen wurde vereinbart oder vorangebracht, und Vucic erklärte, dass der Dialog der Annäherung weitergehen soll.
Beide Staaten sind sich zudem bewusst, dass der angestrebte Weg in die EU nur mittels Zusammenarbeit realisierbar sein wird. Neu ist, dass auch gemeinsame Projekte ins Auge gefasst werden, die wegen der Zusammenarbeit von Brüssel unterstütz werden sollen – so war zum Beispiel vom Ausbau der Eisenbahnverbindung zwischen Serbien über Montenegro nach Durrës die Rede.
Besuch in Presheva
Morgen Dienstag wird Edi Rama die südserbische, an Kosova angrenzende Region um Presheva besuchen. Auch dieser Auftritt dürfte wohl wieder Zündstoff in sich bergen, beklagen die Albaner dort doch eine Unterdrückung durch die Serben und fordern den Anschluss an Kosova. Optimistischer sieht das Aleksandar Vucic: Er gab seiner Hoffnung zum Ausdruck, dass die – sehr kleine – serbische Minderheit in Albanien und die albanische Minderheit in Serbien zu »Brücken der Zusammenarbeit« zwischen den beiden Ländern werden.
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