Der Nordosten Albaniens ist eine recht gebirgige, reizvolle Region, die lange sehr abgeschieden war. Heute ist sie durch die »Autobahn der Nation«, welche die Küste mit Kosova verbindet, gut erschlossen. Die Autobahn durch die Berge der Mirdita und an Kukës vorbei ist eindrücklick Ein Halt unterwegs lohnt sich allemal.
Lage in Nordostalbanien
Kukës liegt weniger als 20 Kilometer von der Grenze zum Kosovo entfernt – bis Prizren, der zweitgrössten Stadt Kosovos, sind es 40 Kilometer. Deutlich weiter entfernt ist die Hauptstadt Albaniens: Bis Tirana sind es rund 140 Kilometer oder – dank der neuen Autobahn – nur noch rund zwei Stunden.
Früher waren Kukës und Region abgeschieden. Die Grenze nach Kosova über Jahrzehnte geschlossen, die Strassenach Westen durch die Berge der Mirdita endlos lang. Der Bergbau bietet kaum noch Arbeitsplätze und auch sonst gibt es nur wenige Verdienstmöglichkeiten. Der Nordosten gilt als eine der ärmsten Regionen des Landes – in finanzieller Beziehung zumindest. Dank der Autobahn ist sie jetzt zumindest gut angebunden.
Nördlich von Kukës liegen die Berggebiete Has und Tropoja. Im Süden schliesst sich die Dibra an.
Bei Kukës vereinigen sich der Schwarze Drin, der von Dibra und dem Ohridsee kommt, und der Weisse Drin, der aus Kosova kommt. Durch mehrere Stauseen und tiefe Schluchten fliesst der vereinigte Drin nach Westen der Adria zu. In der Mirdita sind der Grosse und der Kleine Fan die wichtigsten Flüsse. Über Kukës erhebt sich die Gjallica (2485 Meter).
Kukës
Kukës liegt auf einem langgezogenen Hügel zwischen verschiedenen Armen des Fierza-Stausees umgeben von Bergen und viel Wasser. Unten im Tal lag einst das alte Dorf Kukës – wenn der Stausee einen niedrigen Wasserstand hat, sind zum Teil noch Gebäudereste zu sehen. Die Stadt erlangte 1999 internationale Aufmerksamkeit während des Kosovokriegs, als Hunderttausende aus dem Nachbarland vertriebene Albaner hier über die Grenze flüchteten. Mit etwas mehr als 15’000 Einwohner ist Kukës nicht grosss – aber doch das Zentrum Nordostalbaniens.
Ein markanter Bau befindet sich nordwestlich der Stadt: Das Albturist-Hotel (»Turizmi«) ist schon seit Jahrzehnten nur noch eine Ruine, liegt aber noch immer an bester Lage, weshalb sich ein Spaziergang durch die Baumallee dorthin durchaus lohnt. Entlang des Weges gibt es auch Cafés. Ausgangspunkt ist der Hauptplatz am nordestlichen Stadtrand mit Kulturpalast, Rathaus, Gericht und dem markanten Turm des »Eksodus-Museums«, das an die tragischen Ereignisse von 1999 erinnert.
Das Bild der Mitte der 1970er Jahre angelegten Stadt ist vor allem von kommunistischen Wohnblocks geprägt. Südöstlich vom Hauptplatz liegen die Einkaufsstrasssen der Stadt, wo man fast alles findet. Auch ein paar Hotels und Restaurants gibt es in Kukës. Allzu viel hat die Stadt nicht zu bieten. Sie eignet sich aber doch als Ausgangsort für Erkundigungen im Nordosten Albaniens.
Eine Sehenswürdigkeit liegt noch im Untergrund der Stadt: Es gibt ein unterirdisches Zivilschutz- und Bunkersystem, mit weitläufigen Gängen und Räumen für Tausende von Menschen. Die Anlage ist noch nicht öffentlich zugänglich – mit etwas Glück findet man aber eine Person, die einen durch die Unterwelt führt.
Die Autobahn Tirana–Prishtina umfährt die Stadt südlich. Die direkteste ins Stadtzentrum ist die erste Abfahrt nach der grossen Brücke mit dem roten Bogen. Man kann aber auch die nächste Ausfahrt »Aeroporti« nehmen und von Süden in die Stadt einfahren. Von Kosova kommend, nimmt man die erste Ausfahrt fürs Stadtzentrum oder die zweite für den Flughafen.
Die Bus-Station befindet sich an einem Platz am östlichen Rand der Innenstadt, wo sich auch ein öffentlicher Parkplatz befindet. Von hier aus fahren Busse nach Tirana und in die Dörfer der Region. Eine weitere Möglichkeit ist das westliche Ende der Brücke über den Fierza-Stausee, wo fast alle durchreisenden Busse (auch diejenigen nach Kosova) einen kurzen Halt einlegen. Der Flughafen Kukës befindet sich fünf Kilometer südlich der Stadt – mehr Details dazu unten im Abschnitt »Anreise«.
Umgebung von Kukës
Gora & Shishtavec
Südöstlich von Kukës, hinter der hohen Gjallica, liegt die Bergregion Gora mit dem Hauptort Shishtavec. In einigen Dörfern der Region – und vor allem jenseits der Grenze in Kosova – leben die Goranen, muslimische Slawen. Die Goranen haben eine eigene Kultur und eigene Traditionen, was in den Dörfern durchaus erkennbar ist. Ganz langsam entwickelt sich auch in der Gora etwas Tourismus, denn die Region lockt mit alpinen Reizen.
Schon die Anfahrt durch die Schlucht »Gryka e Vanave« ist eindrücklich. Fast neun Kilometer lang geht es zwischen den hohen Bergen Gjallica und Koritnik durch. Danach ist aber nicht Schluss: Die Strassen winden sich weiter durch enge Täler und später in vielen Kurven hoch zu den kleinen Dörfern. Viele wie Novoseja und Shishtavec liegen auf über 1300 Metern Höhe. Bis Shishtavec sind es 30 Kilometer, für die man etwa eine Stunde einrechnen muss. In einigen Dörfern gibt es einfache Unterkünfte (an Wochenenden unbedingt reservieren)
Die Region gehört zum Naturpark Korab-Koritnik. Es ist eine spannende Berglandschaft, zum Teil Hochebene mit Möglichkeiten für diverse Bergtouren. Oder auch weniger ambitionierte Spaziergänge rund um die Dörfer und durch die für Albanien seltenen Wälder. Die Gjallica (ab Brekija) ist technisch nicht schwierig, aber braucht mit fast 2500 Metern Höhe reichlich Ausdauer. Südlich von Shishtavec liegt der Kallabak (2171m), ebenfalls ohne Schwierigkeiten erklimmbar. Am Weg liegt der Felsen »Guri i Mëngjezit«, für sich allein schon ein interessantes Ziel. Der Koritnik (2391m) im Norden auf der Grenze wird eher von Osten aus dem Nachbarland erklommen. Es gibt noch zahlreiche kürzere Touren.
Obwohl es keinen Lift gibt, gilt Shishtavec als Zentrum des Skisports in Albanien – mehr Ruhm vergangener Tage. Die nicht allzu steilen Hänge der Berge der südlichen Gora eignen sich aber gut für Ski- und Schneeschuhtouren. Skifahrer werden zum Teil mit Schneemobilen die Hänge hochgezogen. Ein Anlaufpunkt sind die Betreiber der Berghütte »Skiatori«.
Nach Gora verlässt man Kukës nach Südosten, fährt aber nicht auf die Autobahn auf, sondern folgt ihr auf der Nordseite parallel. Nach rund einem Kilometer geht es unter der Autobahnbrücke durch und in die »Gryka e Vanave«. In Gora gibt es drei Grenzübergänge nach Kosova, von denen zwei zwischenzeitlich zu richtigen Strassen ausgebaut sind. Touristen werden nach Auskünften vom Sommer 2022 nur in Ausnahmefällen durchgelassen.
Strasse von Kukës nach Süden
Die Strasse von Kukës nach Dibra ist durchgehend asphaltiert (Route über die Berge, nicht am Fluss entlang). Südlich von Kukës passiert man zuerst den Flughafen.
Am südlichen Ende der Ebene von Kukës erreicht man das Dorf Bicaj. Von dort und dem Nachbarort Kolosjan führen schlechte Fahrwege in die Berge bis nach Shishtavec. Am östlichen Dorfrand von Bicaj schneidet sich eine enge Schlucht in den Berg, die zu Fuss erkundet werden kann, wenn man bereit ist, durch Wasser zu waten und über Felsen zu klettern. Im unteren Bereich soll das Flussbett des Naturdenkmals aber durch Arbeiten für ein Kraftwerk 2020 zerstört worden sein.
Die ganz ordentliche Strasse schlängelt sich fortan durch die Berge, immer dem Naturpark Korab-Koritnik entlang. In den Dörfern Ugmisht, Lusen und Fshat gibt es Unterkünfte. Von Kukës bis Peshkopia sind es rund 75 Kilometer oder rund zwei Stunden.
Has
Nördlich von Kukës, jenseits vom Fierza-Stausee, liegt das Bergland von Has. Die abgeschiedene Region mit vielen mehrheitlich verlassenen Dörfern bietet wenig Interessantes – ein paar Bergwerkruinen aus kommunistischer Zeit gehören noch zum Sehenswertesten. Der Hauptort Kruma ist 37 Kilometer von Kukës entfernt. Weiter nördlich wird die Asphaltstrasse, die sich bis Tropoja weiterzieht, sehr schmal. Eine etwas bessere Strasse führt von Kruma über den Pass Qafa e Prushit (649m) nach Gjakova in Kosova.
Von Kruma führt ein Fahrweg die steilen Bergflanken hoch zu einer Hochebene und den Dörfern Çaban, Mujajt und Kishaj auf über 1000 Metern Höhe. Vom letzten Dorf aus kann der Pashtrik (1988m) bestiegen werden, der hohe Berg am Nordufer des Fierza-Stausees.
Alte Strasse über Puka
Auch die alte Strasse von Kukës nach Westen über den Pass Qafëmali (955m) bietet Berge – reichlich, endlos … Die Strasse windet sich über Stunden durchs Bergland. Auch wenn sie zwischenzeitlich in ganz ordentlichem Zustand ist, braucht man viel Geduld und Zeit. Am Pass geht eine Strasse nach Norden nach Fierza und Bajram Curri ab – noch schmäler und mindestens so viele Kurven.
Vom Pass führt die Strasse hinunter nach Fushë-Arrëz, ein abgeschiedenes, kleines Bergwerkstädtchen. Hier gibt es zwei Hotels, in den Wäldern entlang der Strasse weiter westlich weitere Gästehäuser – eine gute Möglichkeit, sich in der Ruhe des Nirgendwos zu erholen.
Die Strasse von Fushë-Arrëz südwärts nach Rrëshen ist landschaftlich durchaus interessant, aber in so schlechtem Zustand, dass sie nicht empfohlen werden kann. Auch das Munella-Gebirge (1989m) südlich von Fushë-Arrëz wäre landschaftlich durchaus interessant, ist aber überhaupt nicht erschlossen. So dient es wenigstens noch als Rückzugsort für wilde Tiere wie den äusserst seltenen Balkan-Luchs.
Entlang der Strecke nach Puka stehen mehrere Denkmäler aus kommunistischer Zeit: Die »Lapidare« erinnern meist an Heldentaten der Partisanen im Zweiten Weltkrieg.
Puka
25 Kilometer westlich von Fiushë-Arrëz gelangt man nach Puka. Die kleine Stadt (3500 Einwohner, 850m) ist zwar übersichtlich, aber hat durchaus ihre Reize. Mit den kleinen Wohnblocks, Schrägdächern und Bäumen unterscheidet sich der Ort positiv von vielen anderen albanischen Nestern, wo die kommunistische Tristesse noch vorherrscht. Es gibt Versuche, den Bergtourismus in der Region aufzubauen. Die gemütliche Fussgängerzone im Zentrum lädt zu einer Pause auf der langen Fahrt durch die Berge. Das Hotel am oberen Ende braut sein eigenes Bier: »Birra Puka«. Ein kleines Museum im Kulturpalast informiert über die Geschichte und Kultur der Region und den Dichter Migjeni, der wohl berühmtesten Persönlichkeit des Orts. Unter dem Hotel liegt ein kleiner See, der zu einem Spaziergang lädt. Ein grösserer See liegt etwas ausserhalb der Stadt.
Auch Puka zählt sich zu den Top-Skiressorts von Albanien. Natürlich gibt es auch hier keinen Lift. Dafür gibt es reichlich Möglichkeiten, um die Gegend wandernd zu erkundigen. Es gibt lokale Guides, die bei der Planung von Touren und mit dem Transport in die abgeschiedenen Dörfer helfen können.
Von Puka fährt man nochmals rund eine Stunde bis Vau i Deja, von wo aus man durch die Zadrima-Ebene zur Schnellstrasse Tirana–Lezha–Shkodra fahren kann oder durch die Dörfer nach Shkodra oder Lezha.
Mirdita
Die Mirdita ist das Bergland zwischen Kukës und der Küste. Im Gegensatz zu den Bergen im Norden und Osten leben hier Katholiken – sogar mit eigenem Bistum. Auch diese Region entlang der Flüsse Grosser Fan und Kleiner Fan sind touristisch noch nicht stark entwickelt.
Die meisten kennen einfach die Berge von der Durchreise ( Routenbeschreibung Durrës-Kosovo). Die Autobahn nach Kukës – auf den ersten 20 Kilometern noch Hauptstrasse – durchschneidet das Gebiet von Südwest nach Nordost. Entdeckungslustige können hier aber einiges erleben. Ein Stopp unterwegs lohnt sich allemal.
Als erstes passiert man kurz nach Milot am Eingang zu den Bergen die Zogu-Brücke über den Mat, 1927 von einer italienischen Firma unter Leitung eines Schweizer Ingenieurs erbaut. Dies war der erste Bau einer grossen, modernen Brücke in Albanien und verband den Norden mit Tirana und Durrës.
Rubik
Nach etwa zehn Kilometer nach der Abzweigung nach Kukës erreicht man Rubik, ein auf den ersten Blick eher trostloses Bergwerkstädtchen. Von der Kupferfabrik sind nur noch Ruinen übrig – schon lange wird hier nicht mehr gearbeitet. Dafür wird die katholische Kirche, die hoch über der Stadt auf einem Felsen thront, heute wieder besucht. Vom Dorf ist man schnell hochgestiegen – vorbei an verfallenen Militärbaracken und an den Ruinen des Franziskanerklosters. Von oben bietet sich eine schöne Aussicht auf das Fan-Tal und die Berge der Mirdita. Die Kirche musste nach dem Verfall im Kommunismus mehrheitlich neu erbaut werden. Sie hat aber alte Wurzeln: Mauern aus dem 12. Jahrhundert und Wandmalereien aus dem 13. Jahrhundert.
Während das Städtchen mit alten Industrieanlagen, kommunistischen Wohnblocks und Autobahn nicht besonders reizvoll ist, ist im Umland schnell nichts mehr davon zu sehen. Gleich südlich vom Felsen mit der Kirche geht es in Tal von Katund i Vjetër ab, wo sich mehrere Gästehäuser finden. Sie bieten gute hausgemachte Küche, lokalen Wein und Erholung im Grünen.
Rubik ist ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen in den weniger hohen Bereichen der Mirdita. Es gibt auch markierte Touren – Informationen hierzu gibt es im Touristenzentrum »Info Kulla«.
Info Kulla Mirdita
Die »Info Kulla« ist das Touristenzentrum der Region Mirdita, das – wie so vieles in der Region – durch das Hilfswerk der Österreicherin Marianne Graf entstanden ist. Es liegt an der Hauptstrasse nach Rrëshen resp. Kukës oberhalb der Strasse, von Rubik auf der anderen Flussseite gleich am Ortsausgang in der langgezogenen Rechtskurve.
In der »Info Kulla« erhält man Informationen zu Sehenswürdigkeiten und Unterkünften in der Mirdita, aber auch Tipps zu möglichen Wanderungen.
Der Touristeninformationen ist auch noch ein kleines Museum angeschlossen, das über die Kultur, Geschichte und die Traditionen der Mirdita informiert.
Eine Kulla ist übrigens das typische wehrhafte Steinhaus der Region. Man sieht die traditionellen Häuser noch mancherorts in der Mirdita, zum Teil noch bewohnt und vielleicht auch umgebaut, zum Teil schon halb zerfallen.
Rrëshen und südöstliche Mirdita
Rrëshen ist der Hauptort der Mirdita – nochmals rund zehn Kilometer weiter landeinwärts am Zusammenfluss von Kleinen und Grossen Fan gelegen, wo die Autobahn nach Kukës beginnt. Der Ort wurde als Zentrum der regionalen Bergwerkindustrie angelegt – der Charme blieb auf der Strecke. Die Bergwerke sind alle geschlossen, dafür profitierte die Region ein wenig vom Bau der Autobahn und Wasserkraftwerken.
Am Hauptplatz – ein schönes Beispiel für Bauten aus der kommunistischen Zeit – gibt es ein Kulturzentrum mit kleinem Museum. An der Strasse darunter steht die Kathedrale. Hier finden sich auch kleine Läden, in denen alles Notwendige angeboten wird. Auch Restaurants und ein Hotel gibt es in Rrëshen.
Rrëshen erreicht man, wenn man gleich nach Beginn der Autobahn wieder abfährt und dann auf kleiner Landstrasse, den Wegweiser folgend, an Industrieruinen vorbei ins Städtchen fährt. Man sieht neben der Autobahn eine alte Eisenbahnbrücke – in den 90er Jahren fuhren hier noch Züge. Eine weitere, sehr eindrückliche Eisenbahnbrücke überquert das Tal östlich von Rrëshen. Ende der 80er Jahre wurde hier an einer Strecke zu den Bergwerken von Mat gebaut. Heute führt ein asphaltiertes Strässchen nach Mat, das sich durch die Hügel und Dörfer windet – eine nette Strecke abseits der Hauptverkehrsrouten. Eine Abzweigung bei Perlat führt auf unasphaltierter Strasse über Kurbnesh nach Lura (für Mat und den Lura-Nationalpark siehe Dibra).
Orosh und Spaç im Tal des Kleinen Fan
Der Bau der Autobahn durch das Fan-Tal ist ein eindrückliches Werk. Über zahlreiche Brücken windet sich die Strasse durch das Bergtal, zwischen hohen Bergen und eindrücklichen Felsen hindurch. Davor führte nur ein schlechter Fahrweg durch diese abgeschiedene Bergregion, wo kaum ein Fremder je hinkam. Heute braust das Leben an den kleinen Dörfern vorbei.
Bei Reps, dem heutigen Zentrum des Tal, gibt es eine Autobahnausfahrt. Auch hier wurde einst Bergbau betrieben. Fünf Kilometer nördlich in den Bergen liegt die Mine von Spaç, einst das berüchtigste Gefängnis des kommunistischen Albaniens. Hier mussten politische Gefangene Jahrzehnte härteste Arbeit leisten, drangalisiert von den Wärtern und dem harschen Wetter. Die Anlage ist nur auf einer schlechten, unasphaltierten Strasse zu erreichen. Auch bein Besuch des ungesicherten Bergwerks ist Vorsicht geboten. Man sieht noch den Zellentrackt und weitere Gebäude. Immer wieder wird die Einrichung eines Museums oder zumindest einer offiziellen Gedenkstätte gefordert.
Auf der anderen Talseite führt eine noch schlechtere Strasse ins Dorf Grykë Orosh. Dieses Dorf war einst das Zentrum der Mirdita. Hier lebte der »Kapedan«, der Anführer des Stamms der Mirditen. Und es gab eine Benediktiner-Abtei. Die historischen Bauten wurden von den Kommunisten zerstört. Eine kleine, neu erbaute Kirche erinnert an die einstige Bedeutung des Orts.
Weiter hinten im Tal sieht man rund um Klos noch einige traditionelle Häuser (Kulla). Bei Thirra unterquert die Autobahn das Gebirge in einem Tunnel. Der 2009 eröffnete Kalimash-Tunnel ist 5650 Meter lang, aktuell der Längste des Landes (längere sind im Bau). Jenseits des Tunnels, auf Seite Kalimash/Kukës, wird eine Autobahngebühr erhoben.
Wandern & Biken
Die Region bietet zahlreiche Möglichkeiten für Wanderungen: in Gora, in der Mirdita, in Puka oder auch sonst auf irgendeinen Berg hoch. Möglichkeiten gibt es endlos – markierte Wege nur wenig.
Der »High Scardus Trail« ist ein Fernwanderweg durch die Berge im albanisch-kosovarisch-nordmazedonischen Grenzgebiet, der auch durch Gora und weiter nach Süden nach Dibra führt. Die 16 Etappen sind im Sharr-Gebirge und passieren mit dem Korab den höchsten Berg des Landes.
HikingMirdita.com (mit Wanderkarten)
HighScardusTrail.com (mit Wanderkarten)
KukesiTrails.al (mit Wanderkarten)
Auch mit dem Bike gibt es endlose Pfade in der Region, die erkundet werden können. Markierte Bike-Wege gibt es nicht.
Verkehr
Anreise und unterwegs mit dem Auto
Die grösseren Orte Nordostalbaniens sind gut erreichbar – am einfachsten über die »Strasse der Nation«, die bei Milot von der Hauptverkehrsachse Tirana–Shkodra abgeht und nach Rrëshen als Autobahn bis zur kosovarischen Grenze bei Morina führt ( Routenbeschreibung Durrës-Kosovo). Für die Autobahn ist zwischen Tunnel und Kukës eine Maut zu bezahlen (ca. 5 € für einen normalen PKW – Tarifübersicht).
Die Strasse Vau-Deja–Puka–Kukës (SH5) ist in gutem Zustand, benötigt aber viel Zeit.
Von Süden kann Kukës aus Dibra (Peshkopia) gut erreicht werden. Die Strasse ist schmal, aber in gutem Zustand. Auf der Strasse von Mat (Burrël) nach Rrëshen gibt es ein paar schlechte Stücke.
Tropoja ganz im Norden ist mit Fähre ab Koman nach Fierza und über die schmalen Asphaltstrassen Qafëmali–Fierza und Kukës-Kruma-Tropoja mit Albanien verbunden. Am schnellsten aber ist Tropoja über Kosova zu erreichen – über den Qafa e Morinës nach Gjakova. Von Kruma führt eine Strasse über die Qafa e Prushit nach Gjakova. Am Grenzübergang Morina zwischen Kukës und Prizren ist das Verkehrsaufkommen manchmal sehr hoch – gerade an Wochenenden im Sommer ist mit längeren Staus zu rechnen.
Abgesehen von den oben beschriebenen Routen sind die Verbindungen in der Region schlecht – nur selten asphaltiert. Hier braucht man meist geländegängige Fahrzeuge.
Anreise mit dem Bus
Es gibt zahlreiche Busse und Furgon täglich ab Tirana nach Kukës und in die anderen hier genannten Kleinstädte. Von dort gibt es Busse in die Dörfer.
Anreise mit dem Flugzeug
Ob vom Flughafen Prishtina oder vom Flughafen Tirana: Über die Autobahn ist die Region in einer Stunde erreichbar.
Flughafen Kukës
Der Flughafen Kukës konnte im Sommer 2021 endlich seinen Betrieb aufnehmen. Er war ein Geschenk eines Scheichs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, der die Bewohner der Stadt für ihre Gastfreundschaft und Hilfe während des Kosovokriegs belohnen wollte. Mit dem Bau der Autobahn verlor das Flughafenprojekt aber an Bedeutung – und wegen des Konzessionsvertrags der Betreiber des Flughafens Tirana waren internationale Flugverbindungen nach Kukës nicht möglich. Das hat sich nach 2020 geändert und der Flughafen wurde nochmals erneuert und mit einer Pistenverlängerung und einem neuen Terminal aufgewertet.
Im ersten Sommer wurden Flüge ab Zürich mit Air Albania und Helvetic sowie mit Air Albania ab Istanbul nach Kukës angeboten. Im Winter 2021/22 stand der Flugverkehr in Kukës still. Air Albania nahm im April 2022 die Flugverbindungen von Kukës nach Zürich wieder auf und flog auch Basel an. Ab Juni 2022 bot Wizz Air ab Basel, Karlsruhe/Baden, Memmingen und Wien Flüge nach Kukës an. Im Winterhalbjahr 2022/23 war der Flugbetrieb aber erneut eingestellt. Mitte Juli 2023 stellt Wizz Air die Flugverbindungen nach Kukës ein.
So wird in der zweiten Hälfte des Sommer 2023 nur noch ein Flug pro Woche nach Basel angeboten. Aufgrund der Lage ist nur ein Anflug nach Sicht möglich. Bei Bewölkung oder Schlechtwetter kann deswegn oft nicht gelandet werden.
Der Flughafen ist sehr klein und überschaubar – wenn mehrere Flieger gleichzeitig landen, kann es eng werden. Gerade bei der Anreise muss bei der Passkontrolle mit längerer Wartezeit gerechnet werden: vier Schalter für 200 Passagiere. Für die Anreise aus Kosova sollte genügend Zeit eingeplant werden, weil man nie weiss, wie lange die Grenzabfertigung in Morina dauert (40 Kilometer, rund 45 Minuten Fahrzeit ohne Wartezeit und Grenzabfertigung).
Am Flughafen können Autos gemietet werden. Der Flughafen liegt fünf Kilometer südlich vom Stadtzentrum von Kukës und dreieinhalb Kilometer von der Autobahnausfahrt entfernt (schmale Zufahrtsstrasse). Es stehen Taxis zur Verfügung.
Kukës International Airport Zayed
Essen & Trinken & Schlafen & Einkaufen
Die Kleinstädte bieten eine Grundversorgung. Zum Teil gibt es auch in den Dörfern kleine Läden, in denen Lebensmittel erworben werden können. Kukës und Rrëshen bieten ein etwas grösseres Angebot: Bankfilialen, Märkte, grössere Geschäfte. Kleidung, technische Geräte oder dergleichen kauft man besser in den grossen Städten wie Tirana oder Prizren.
In fast jedem kleinen Dorf gibt es eine Bar. Nur wenige bieten etwas zu essen an. In den Städten gibt es einfache Restaurants – am besten, man lässt sich vor Ort etwas empfehlen. Hier und da gibt es Ausflugsrestaurants.
Hotels gibt es in den Städten – in Kukës beispielsweise das kleine Hotel Oda. Gästehäuser finden sich auch an einigen touristisch interessanten Orten. In den Bergen sollte an schönen Sommerwochenenden vorab reserviert werden.
Reisewetter für Nordostalbanien
Die Region ist gebirgig und – abgesehen vom westlichen Rand – nicht mehr stark vom Mittelmeer geprägt. Es gibt harte Winter, zum Teil mit viel Schnee, und sehr heisse Sommer.
Beste Reisezeit ist das Frühjahr respektive der Frühsommer für die höheren Gebiete. Auch dann ist an mancher schattigen Stelle im Hochgebirge noch mit Schnee zu rechnen. Der Hochsommer bietet meist unerträgliche Hitze. Im Herbst und an schönen Wintertagen können durchaus auch Wandertouren unternommen werden.
Bei schlechtem Wetter – die Niederschläge in Albanien können stark sein – ist mit Problemen auf den unasphaltierten Strassen zu rechnen. Im Winter kann es nach Schneefall auch mal zu kurzfristigen Blokaden auf den Hauptverkehrsrouten kommen.