Der Autoverkehr in Albanien ist oft etwas herausfordernd, was aber nicht bedeutet, dass man nicht selber hinters Steuer sitzen kann. Die spontante Fahrweise mancher Verkehrsteilnehmer, die nicht überall perfekte Infrastruktur und einge besondere ungeschriebene und geschriebene Regeln sind dabei zu beachten. Deswegen geben wir hier ein paar Tipps fürs Autofahren mit auf den Weg, damit die Reise nicht unnötig negativ beeinflusst wird.

Aussergewöhnlicher Strassenverkehr in Albanien
Unterwegs in Südalbanien

Wir empfehlen für Autofahrten in Albanien ein gutes Selbstvertrauen und einige Jahre Erfahrung hinter dem Steuer. Man sollte sich aber nicht vor all den Warnungen abschrecken lassen: Albanien eigent sich gut, um mit dem Auto erkundet zu werden – so kann man wunderschöne Landschaften entdecken, auch entlegegen Ecken erkunden und überall halten, wo man möchte. Liebhaber von Bergstrassen und Offroad-Pisten kommen auf gebirgigen Nebenstrecken auch nicht zu kurz.

Immer wieder hört man, die Strassen in Albanien seien so schlecht, dass sie kaum befahrbar sind.
Am Gerücht ist heute nicht mehr viel dran. Es gibt zwar richtig schlechte Strassen, aber alle wichtigen Verbindungen sind gut befahrbar.

Besondere Vorsicht beim Autofahren

In Tirana ist der Verkehr oft recht chaotisch. Im dichten Stadtverkehr werden viele Regeln sehr kreativ ausgelegt – es gilt eine Art »Recht des Stärkeren«. Auch die Strassenstücke Tirana–Shkodra und die Autobahn zwischen Tirana und Durrës weisen oft ein sehr hohes Verkehrsaufkommen aus, die manchen Fahrer zu gefährlichen Manövern veranlassen.

Kuh auf Strasse in Albanien
Eines von vielen möglichen Hindernisse auf der Strasse

Auf den meisten anderen Strecken ist der Verkehr in der Regel gering und unproblematisch. Auch innerstädtisch geht es fast immer sehr gemächlich zu.

Trotzdem ist immer und überall höchste Aufmerksamkeit gefragt: Tiere auf der Fahrbahn, unberechenbar agierende Verkehrsteilnehmer vom Fussgänger über Eselkarren bis zum Bonzen-Raser, unzureichend markierten Baustellen und üble Schlaglöcher sind allgegenwärtig. Es ist immer mit den Unerwarteten zu rechnen und auf keinen anderen Verlass: Wer links blinkt kann auch rechts abbiegen und wer für rechts einspurt, kann auch links abbiegen. Auf Bergstrecken werden Kurven oft gefährlich geschnitten.

Mit einer vorsichtigen und nicht agressiv Fahrweise wird man aber gut durchs Land kommen.

Besondere Strassenregeln in Albanien

Beim Autofahren in Albanien sind folgende speziellen Regeln zu beachten.

Höchstgeschwindigkeiten:
  • 40 km/h innerorts
  • 80 km/h über Land
  • 90 km/h auf Schnellstrassen (blau markiert)
  • 110 km/h auf Autobahnen (grün markiert)

Tempokontrollen sind ausserorts sehr häufig.
Geschwindigkeitsbegrenzungen vor Kreuzungen etc. werden oft nicht mittels Schild aufgehoben. Hier geben nach der Gefahrenstelle einfach alle wieder Gas (zum Beispiel ab Höhe des Schildes für die Gegenrichtung).

Autobahn in den Bergen von Nordalbanien
Autobahn in den Bergen
Es gilt Gurtenpflicht, und man muss auch tagsüber mit Licht fahren. Im Kreisverkehr gilt wie in vielen anderen Ländern Südeuropas der Rechtsvortritt. Es gibt auch einzelne Verkehrskreisel mit anderer Regelung, aber meist wird sowieso jede Vortrittsregel missachtet. Fahrverbote tauchen zum Teil etwas überraschend auf: Es gibt Strassen in Innenstädten, die abends zur Fussgängerzone werden. Kann also sein, dass die sonst freie Strasse plötzlich abgesperrt ist. Unter Umständen ist somit die Zu- oder Wegfahrt zu einer Unterkunft oder vom Parkplatz in den Abendstunden nicht mehr möglich. Dass sich nicht alle Albaner an diese Regeln halten, heisst nicht, dass man sich auch übers Gesetz erheben sollte. Zu den ungeschriebenen Gesetzen im albanischen Strassenverkehr gehört das Hupen. Gehupt wird viel – aber nicht immer, weil man sich über andere Verkehrsteilnehmer nervt. Ein Hupen kann auch ein freundlicher Gruss sein oder einfach der Hinweis, dass man jetzt überholt.

Polizei

Polizeikontrolle in Albanien zur Durchsetzung von Strassenregeln
Polizeikontrolle

Polizeikontrollen sind häufig. Die Polizisten suchen sich gerne Stellen aus, die zum Schnellfahren oder unerlaubten Überholen verleiten. Es gibt Radar-Kontrollen, aber oft wird auch ohne technische Hilfsmittel nach Verkehrssündern gefahndet.

Polizisten sind gegenüber Ausländern fast immer rücksichtsvoll. Sie drücken oft ein Auge zu, sind freundlich und hilfsbereit. Die Beamten begrüssen einen oft mit Handschlag und wollen immer zuerst mal alle Papiere sehen. Schikanen und korruptes Verhalten gibt es gegenüber Ausländern nicht. Aber um die Strafe kommt man nicht immer rum, denn die Polizei ist ja da, um für etwas Recht und Ordnung zu sorgen.

Bussen können gegen Quittung auch direkt vor Ort bezahlt werden, was auch mit einer Preisreduktion verbunden ist.

Bei Unfällen mit Mietwagen unbedingt die Polizei holen.

Strassenzustand, Orientierung, Navis und Karten

Im ganzen Land werden laufend neue Strassen gebaut. Aber auch neue Strassen können schnell wieder verfallen oder unvollendete Zwischenstücke aufweisen. Die wichtigsten Strassen sind in guten Zustand – ein Schlagloch kann aber immer und überall auftauchen, meist überraschend hinter einer unübersichtlichen Kurve. Mancherorts fehlen Kanaldeckel, immer wieder gibt es unschöne Flickenteppiche. Bei Brücken gibt es oft unschöne »Übergänge« und in Städten und Dörfern verkehrsberuhigende Schwellen, die mit geringer Geschwindigkeit befahren werden sollten.

Die Orientierung ist nicht immer einfach. Es gibt zwar mehr und mehr Strassenschilder, aber diese Richtungsangaben sind für Ausländer auch nicht in jedem Fall verständlich. Manche Ampeln sind nicht gut zu sehen.

Tipp
» Qënder «

Diese Strassenschilder (manchmal auch nur Kreis um Punkt ohne Text) weisen ins Stadtzentrum.

Schlechte Strassen in Albanien
Auf vielen Karten als Hauptverkehrsverbindung nach Südalbanien eingezeichnet – zum Glück gibt es deutlich bessere Routen

Auf Karten und Navigationsgeräte ist wenig Verlass: Sie sagen wenig aus über den Zustand einer Strasse (ob asphaltiert oder nicht) und haben die letzten Neubaustrecken oft nicht eingezeichnet. Immer wieder werden unbefahrbare Pisten als vernünftige Strassen ausgewiesen. (Nebenstehend abgebildete »Strasse« ist in vielen Karten als wichtigster Verbindungsweg nach Südalbanien eingezeichnet – zum Glück irren sie sich: Es gibt auch fahrbare Alternativen.)

Bei der Orientierung können Online-Dienste hilfreich sein. Viele Navigationsgeräte und Google Maps decken Albanien recht ordentlich ab – aber enthalten meist auch viele Fehler oder veraltete Daten. Unser Tipps: vor der Abreise das kostenlose App »maps.me« installieren. Die Qualität des kostenlosen Tools ist sehr  gut, und es funktioniert auch ohne Internetverbindung.

Die meisten Fahrten dauern in Albanien deutlich länger als bei uns. Oft macht man nicht mehr als 40 Kilometer in der Stunde, auf unasphaltierten Strassen deutlich weniger.

Parken in albanischen Städten

In manchen Innenstädten, insbesondere Tirana, anderen grossen Städten und im Sommer in den Badeorten, kann es schwierig werden, einen Parkplatz zu finden. Und in mancher vermeintlichen Parklücke ist es verboten, das Auto abzustellen: Bei Bushaltestellen, Taxi-Standplätzen, Ausfahrten und vor Müllcontainern darf nicht geparkt werden. Bei verlockenden Parklücken lohnt es sich also zu kontrollieren, ob die es nicht einen versteckten Grund gibt, weshalb hier niemand steht. Abgeschleppt wird schnell.

In vielen Innenstädten ist das Parken nicht mehr kostenlos. Parkuhren gibt es nicht. Es kann aber sein, dass ein Mann auftaucht, der etwas Geld fordert. Auch wenn dieser Parkgebühreneintreiber nicht offiziell aussieht, ist er wohl hierzu berechtigt – man sollte aber eine Art »Parkticket« erhalten.

Verkehr und Stau in Tirana
Stillstand

In Tirana und Vlora und bald wohl auch in anderen Städten ist die Gebühr von 100 Lek pro Stunde neuerdings per  SMS zu bezahlen. In Tirana ist in der Innenstadt (gelbe Zone auf der Karte) werktags ein SMS mit der Autonummer an die Nummer 50500 zu senden (in den entsprechenden Strassen sollten Tafeln angebracht sein). Man erhält eine Bestätigung und 10 Minuten vor Ablauf ein weiteres SMS. Dann kann erneut per SMS bezahlt werden. Ob das Verfahren auch mit ausländischer Telefonnummer möglich ist, ist zu bezweifeln. Im Notfall kann man vielleicht einem Passanten 100 Lek geben, damit er das SMS sendet. In Vlora gibt es auch Parkkarten, die an Kiosken etc. verkauft werden. Neuerdings gibt es in Tirana auch Strassen, in denen nur Anwohner parken dürfen.

Eine praktische Alternative zum langen Suchen nach Parkplätzen sind öffentliche Parkhäuser und private Parkplätze (meist angeschrieben mit einem aufgesprayten »Parkim«), die auf Brachflächen oder so eingerichtet werden. Die Parkhäuser (in Tirana zum Beispiel unterhalb des Skanderbeg-Platzes) sind zwar etwas teurer, aber bieten meist reichlich freie Plätze. Bezahlt wird an einer zentralen Kasse (z.B. am Flughafen) oder direkt an der Ausfahrt (in Tirana). Auch die Kartenleser an den Ein- und Ausfahrtsschranken werden oft von Personal bedient.

Sicherheit auf albanischen Strassen

Bergstrasse in Nordalbanien
Bergstrasse
Gepäck sollte nie sichtbar im Auto liegengelassen werden. Nie Wertsachen im Auto lassen. Wenn man ein Auto mehrere Tage stehen lässt, empfiehlt es sich, es auf einem privaten, bewachten Parkplatz oder im Gelände eines Hotels oder so abzustellen. Bei Mietwagen sollten Reifen und Bremsen unbedingt zu Beginn kontrolliert werden. Allenfalls reklamieren. Bei Regen ist der vielerorts verwendete Billig-Asphalt oft rutschig. Nach Starkregen sind etliche Strassenabschnitte überschwemmt. Bei Unwettern kommen Steinschlag und Erde auf Strassen vor. Im Winter kann es in höheren Lagen zu heftigem Schneefall kommen, unasphaltierte Bergstrassen sind oft über Monate geschlossen. Da viele Strassen schlecht beleuchtet sind, auch nicht jedes Auto funktionierende Scheinwerfer hat und die Orientierung nicht immer einfach ist, raten wir vor Überlandfahrten im Dunkeln auf unbekannten Strassen dringend ab. Da immer mit Überraschungen zu rechnen ist, unbedingt bei jedem Manöver (Überholen, Abbiegen etc.) immer Blick in alle Richtungen inklusive Rückspiegel. Bei Unfällen unbedingt die Polizei rufen: Staatspolizei: 129; Strassenpolizei: 126.

Tanken und Pannen

Kein Autofahren mit plattem Reifen
Platter Reifen

Während entlang der Hauptstrassen sich Tankstelle an Tankstell reiht, gibt es in abgelegeneren Regionen oft gar keine Tankstelle. Ein Ersatzkanister, ein Ersatzrad und zusätzliches Öl können hilfreich werden, auch wenn der nächste Mechaniker oder Reifenflicker meist nicht weit weg ist. Viele Albaner bevorzugen die modernen, glänzenden Tankstellen, denn gewisse Anbieter sollen den Treibstoff angeblich auch schon mal etwas strecken.

Albaner helfen oft bei Pannen, und viele haben auch Erfahrung mit dem Reparieren kleinerer Probleme. Pannendienste gibt es kaum. Aber man sollte sich doch mit dem Pannendienst zu Hause in Verbindung setzen, wenn man Mitglied eines Automobilclubs ist. Fahrzeugvermieter bieten in der Regel einen 24-Stunden-Notffalldienst an, der bei jedem Problem in Anspruch genommen werden kann.

Fahrzeugreparaturen können sehr günstig oder überteuert sein – hier besser nicht den Erstbesten beauftragen. Immer günstig sind die überall vorhandenen Reifenflicker (»Gomist«).

Papierkram

Wer ein Auto mietet, wird alle notwendigen Dokumente erhalten. Nicht alle Vermieter erlauben die Ausreise in andere Länder, und wenn, dann meist nur in Nachbarstaaten. Unter Umständen muss vor dem Grenzübertritt eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden (Nordmazedonien, Kosovo). Geplante Auslandsfahrten unbedingt dem Vermieter ankündigen und nochmals bei Übernahme des Autos besprechen.

Ausländische Mietwagen dürfen meist nicht nach Albanien gebracht werden. Ausnahmen gelten für einige Nachbarländer. Auch hier ist das Kleingedrucke zu kontrollieren.

Einreise

Wer mit dem eigenen Auto anreist, muss die Grüne Versicherungskarte (Gültigkeitsdatum!) und alle Wagenpapiere dabei haben. Wenn Fahrzeuginhaber und Fahrer nicht die gleichen sind, ist eine Vollmacht notwendig. Unbedingt darauf achten, dass die Versicherung auch Schäden in Albanien abdeckt. An der Grenze kann es im Sommer gerne mal zu längeren Wartezeiten kommen.

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5 Replies to “Autofahren: Albaniens eigene Strassenregeln”

  1. Hallo,
    das sind ja eine Menge hilfreicher Informationen! Danke.
    Wir planen um 20-24.4. die Durchreise nach Griechenland und wollen einige Nebenstraßen befahren.
    Laut ADAC/ÖAMTC ist das Mitführen von Schneeketten bis 30.4. Pflicht. Wie streng wird das kontrolliert? Gilt das auch für Allrad-Fahrzeuge?
    Danke

    1. In Albanien hat niemand Schneeketten dabei – habe auch noch nie davon gehört, dass so etwas kontrolliert worden ist. Autovermieter können bei Pannendreieck, Weste und Notfallkoffer kleinlich sein, aber Schneekette war nie ein Thema. Keine Angst! Und mit schneebdeckten Strassen ist ja in dieser Jahreszeit auch nicht mehr zu rechnen.

      Für die Durchreise nach Griechenland haben wir noch spezifische Tipps und Streckenbeschreibungen. Bezüglich Nebenstrecken geben unsere Experten gerne auch im Forum Auskunft, was fahrbar, gerade frisch asphaltiert oder gerade unterbrochen ist.

  2. Hallo,
    in Albanien sind nicht die schlechten Straßen das Problem, sondern die oft total überzogen niedrigen Geschwindigkeitsbegrenzungen. In Kehren oft über mehrere km nur 20 km/Std. Lange Strecken außer Orts nur 40 km/Std. Man kommt überhaupt nicht vorwärts. Ich habe unsere Rundreise abgebrochen und bin über die Autobahn heim gefahren.
    Grüße Ernst Merz

    1. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen sind vielerorts berechtigt. Bei Kurven und Kreuzungen wird aber teilweise etwas übertrieben – die 40 km/h ausserorts sind nicht wirklich realistisch. Trotzdem ist das ein deutlicher Hinweis auf Gefahrenstellen. Und wenn man nicht gleich auf 40 km/h abbremst, ist das doch ein Hinweis, das Tempo zu reduzieren und sehr aufmerksam zu sein.

      Das grosse Problem ist, dass auf diese Geschwindigkeitsbegrenzungen an Kreuzungen ausserorts kein Schild »Begrenzung aufgehoben« folgt. Das muss man sich dann vorstellen – zum Beispiel beim Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung für die Gegenrichtung (werden wir noch ergänzen im Text). Ist halt Albanien und wird nicht immer alles ganz ganz genau genommen.

      Aber weil ich das Thema »tiefe Geschwindigkeiten« in letzter Zeit schon wiederholt gehört habe – insbesondere von Deutschen: Es ist Albanien, wo Tempi von 30 km/h und Schlaglochstrassen bis vor ein paar Jahren noch die Norm waren. Wer das Bedürfnis hat, Kilometer zu machen, sollte sich eine andere Destination suchen.

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