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Der König der Albaner Eine Einführung in das Leben des einzigen Königs von Albanien und in die Zeit der Unabhängigkeit vor der italienischen Besatzung Neben der Ära Enver Hoxhas erlebte Albanien in diesem Jahrhundert noch eine zweite Diktatur. Da die Abläufe der Geschehnisse im Balkanland bis zum Zweiten Weltkrieg sehr verworren sind und dieser erste Diktator als Nationalfeind in der kommunistischen Geschichtsschreibung weitgehendst gemieden wurde, ist den meisten nicht viel mehr als die Existenz des Königs, Zog I., bekannt. Zogu herrschte schon in der Zeit von 1925 bis 1928, als Albanien sich eine Republik nannte. Es gab damlas aber kaum Unterschiede zur späteren Monarchie, da der Herrschende in erster Linie zuerst sein eigenes Wohl und viel später dies seines Landes im Sinn hatte. So ist die Liste mit seinen »guten Taten« nicht gerade lang, trotzdem dürfen seine Leistungen für das »Vaterland« nicht ausser Betracht gelassen werden.
Jugend 1911 wurde für ihn dann die erste Weiche zur Macht gestellt: Er musste nach Albanien zurück, um seinen Stamm anzuführen. Der junge Ahmet wurde seinem älteren Bruder vorgezogen, der anscheinend nicht ganz normal war. Bald darauf fiel das Osmanische Reich zusammen. Damit begann ein 40-jähriger Kampf um die Vorherrschaft in Albanien, an dem sich die Nachbarstaaten und verschiedene Mächte im Innern beteiligten. Am Nationalkongress von Vlora erklärten sich die Albaner für unabhängig. Die Grossmächte anerkannten die Unabhängigkeit und bestellten dem neugeborenen Staat den deutschen Prinzen Wilhelm von Wied als Vormund. Dieser konnte sich aber nicht durchsetzen. Es kam zu Aufständen (bei denen auch Zogolli mit seinen Stammesleuten für den Prinzen kämpfte), und schon bald verliess der Fürst von Albanien das Land wieder. Während des Ersten Weltkrieges wurde der junge Staat von italienischen, griechischen, montenegrinischen und serbischen Truppen besetzt (gegen letztere kämpfte auch Zogolli). Dann wurden jedoch ganz Nord- und Mittelabanien von Österreich-Ungarn besetzt, das Zogolli unterstützte. Er beteiligte sich beim Versuch, die Unabhängigkeit wieder herzustellen und gewann dadurch an politischer Macht. Er sah sich aber bald gezwungen, mit den Österreichern zu kollaborieren; sie ernannten ihn zum Obersten einer Truppe albanischer Freiwilliger, die gegen die Italiener eingesetzt wurde. Im Geheimen machte er sich aber weiter für die albanische Unabhäniggkeit stark. Als die Österreicher davon erführen, »luden« sie Zogolli nach Wien ein, um ihn nicht als Gefangenen in Albanien behalten zu müssen. Bis zum Ende des Krieges durfte er aber nicht zurückkehren. Der junge Albaner - zum ersten Mal in einer westlichen Grossstadt - genoss ein angenehmes Leben. Schnell machte er sich mit der westlichen Kultur vertraut, lernte Deutsch, studierte politische Wissenschaften und war angeblich sogar bei den Wiener Damen begehrt. Sein Aufenthalt in der »Zivilisation« rüstete ihn zum Kampf um die Vorherrschaft in Albanien.
Weg an die Macht Es gibt wohl kaum ein Land, das so viele Regierungen sah, wie Albanien in den fünf Jahren nach dem Kongress von Lushnja. Zu gross waren die Probleme des Landes und die Differenzen im Volk. Im Land gab es praktisch keine Industrie und nur wenig Handwerk und Handel. Der Grossteil des Volkes waren Bauern, die den Boden einiger weniger Grossgrundbesitzer bewirtschafteten und der Willkür dieser und hohen Steuern ausgesetzt waren. Schulen gab es fast keine, so dass in vielen Gegenden kaum jemand lesen konnte. Osmanische Unsitten wie Korruption und Bestechung waren alltäglich. Zwar wurde Albanien in den Völkerbund aufgenommen und die Gefahr einer Invasion eines Nachbars vorerst abgewandt, davon wurde das Volk aber nicht satt. Dieser Teil Europas lebte auch im zwanzigsten Jahrhundert noch wie im Mittelalter. Deshalb suchte die kleine Intelligenz den Anschluss an den Westen, die Feudalherren streubten sich aber gegen jegliche sozialen Reformen, und die Kosovaren-Führer suchten die Loslösung von Belgrad - in erster Linie verfolgte aber jeder seine persönlichen Interessen. Meist hatte derjenige die Macht, der am meisten Gewehre hinter sich vereinigen konnte. Da aber diese »Bündnisse« oft sehr schwach waren, hielten sie nicht lange, was wiederum zu Reigerungswechseln führte. Das Parlament wurde in der Regel durch geschickte Manipulation der Wahlen nach dem Geschmack des Machthabers gewählt, und die Abstimmungen wurden oft durch Geldzahlungen gewonnen. Die Wahlbeteiligungen lagen wegen des Analphabetismus nie höher als bei 20%. Ausserdem fehlte den Albanern (unter anderem auch wegen der drei verschiedenen Religionen) ein richtiges Einigkeitsgefühl. So wurde zum Beispiel 1921 die »Republik Mirdita« ausgerufen, die aber wegen des Kriegsministers Ahmed Bej Zogolli (es war sein zweites Ministeramt) schon bald wieder der Vergangenheit angehörte. Wenn Zogolli gerade keinem Kabinett angehörte, suchte er den Anschluss an eine stärkere oppositionelle Gruppe, um beim nächsten Regierungswechsel wieder berücksichtigt zu werden. Während Zogolli in der Mirdita weilte, wurde der Ministerpräsident zum Rücktritt gezwungen. Mit den von ihm kommandierten Truppen marschierte er nach Tirana, wo in der Zwischenzeit (einige Tage) weitere zwei (!) Kabinette aufgaben, und besetzte die Stadt. Bis zur Einberufung des Parlaments war Zogolli die einzige Macht im Lande - ein Beispiel für die Zustände in den zwanziger Jahren. In der neuen Regierung begnügte sich Zogolli neben dem schwachen Ministerpräsidenten Ypi mit der zweitwichtigsten Rolle des Innenministers. Um den Auseinanderfall des Staates abzuwenden, liess er sich zwölf Monate später im Alter von 27 Jahren doch noch zum Ministerpäsidenten wählen. Zum gleichen Zeitpunkt verwestlichte er seinen Namen: Er strich dazu die türkische Endung »Sohn des« und nannte sich fortan »Zogu«. Seine Person war umstritten: immer wieder versuchten seine Feinde (insbesondere die Kosovaren-Führer Curri und Prishtina), ihn gewaltsam zu stürzen. Seine Erfolge waren bescheiden. Vor allem ist ihm der Zusammenhalt des Landes anzurechnen. Daneben suchte er Kontakte im Westen und versuchte Investoren ins Land zu locken. Als nach einem Jahr Neuwahlen ins Parlament anstanden, bekam er trotz eines theoretischenWahlsieges Probleme mit der Neubildung der Regierung. Am 23. Februar 1924 wurde Ahmed Zogu auf den Stufen zum Parlament Opfer eines Attentats. Während er sich von seinen Verletzungen erholte, wurde die neue Regierung gebildet, ohne Zogu, aber dennoch ihm getreu. Schnell wurde die innenpolitische Lage kritisch. Als dann am 20. April Avni Rustemi, ein grosser Widersacher Zogus, erschossen wurde, sah sich die Opposition gezwungen zu handeln. Aus Angst, Zogu wolle seine ganze Gegnerschaft umbringen lassen, wurde das Volk zum bewaffneten Widerstand gegen die Regierung und Zogu aufgerufen. Die Regierung und die Offiziere flüchteten, so dass Zogu alleine den Angreifern gegenüberstand und schon bald mit seinen 600 Getreuen nach Jugoslawien flüchten musste.
Im Exil In Belgrad bereitete sich Zogu im Geheimen auf seine Rückkehr nach Albanien und eine erneute Machtübernahme vor. Dafür erhielt er die Unterstützung der Jugoslawen, die ihm Truppen zur Verfügung stellten und sich dadurch eine Schwächung der Kosovarenführer Curri und Prishtina erhofften. Ausserdem bekam er von britischen Ölförderern Geld, die beim pro-italienischen Noli nicht erfolgreich waren. Anfangs Dezember marschierten Zogus Truppen an verschiedenen Stellen (auch von Griechenland aus) nach Albanien ein. Der Angriff war überraschend, da er erst im Frühling erwartet wurde. Noli war deshalb vollkommen unvorbereitet, die Angreifer aber mussten zusätzlich gegen den albanischen Winter kämpfen. Obwohl die jugoslawischen Truppen von den Albanern nicht gern gesehen waren, schlossen sich viele (zum Teil gekaufte) Stämme Zogus Marsch auf Tirana an. Den Tag des Einmarsches in der Hauptstadt nannte Zogu »Triumfi i Legalitetit«, sich selber »Retter der Nation«. Seine Gegnerschaft viel zum Teil Attentaten zum Opfer (einer sogar in Italien), flüchteten aus dem Land oder starben wie Bajram Curri im Kampf.
Die Republik Albanien Dem albanischen Volk war ein solch autoritärer Herrscher oft gar nicht so unsympathisch, da dies mehr der von den Türken überlieferten Tradition entsprach. Nicht wissend, was ein Präsident sein soll, nannten viele ihn auch schon damals »König«. Zogu war sich bewusst, dass er zur Sicherung seiner Macht eine funktionierende Wirtschaft aufbauen musste. Da dies Albanien aber nicht alleine erreichen konnte, brauchte es einen finanzstarken Partner. Hierzu eigneten sich aber weder Jugoslawien, noch hatten Grossbritannien, Frankreich oder die USA Interessen. So war Zogu gezwungen, sich Italien zuzuwenden; Belgrad erhielt als Entschädigung zwei kleine Grenzgebiete. Italien war schon damals Albaniens Haupthandelspartner und suchte zur Beherrschung der Adria und für einen grösseren Machteinfluss auf dem Balkan einen Brückenkopf. In der Folge geriet Zogu in eine immer grössere Abhängigkeit von den Italienern. Jedesmal wenn er Geld brauchte, gab er ihnen dafür einen Teil der Unabhängigkeit Albaniens. Und die Italiener schauten bei diesen Vereinbarungen, dass sie nie den kürzeren zogen. Die albanische Staatsbank hatte ihren Sitz in Rom, und Italiener waren deren Hauptaktionäre. Bei Strassen-, Brücken- und Hafenbauten wurden vor allem militärstrategische Interessen des Geldgebers berücksichtigt. Zur Niederschlagung einer Revolte im November 1926 benötigte Zogu wieder einmal Geld. Als Gegenleistung dafür musste er den ersten Vertrag von Tirana unterschreiben, der als Freundschafts- und Sicherheitsvertrag eine erste militärische Bindung darstellte. Seinen Einfluss im Parlament machte er oft durch Manipulation der Wahlen und Bestechung von Parlamentariern geltend. So wurden auch Gesetze erlassen, die jegliche Kritik an der Regierung ahndeten. Trotz seiner Macht veränderte er nicht viel am Zustand im Staat: Die Wirtschaft entstieg nicht der Kinderschuhe, die sozialen Probleme wurden nicht gelöst, die Bildung blieb bescheiden und gut die Hälfte des Staatshaushaltes verfiel auf das Militär. Er erreichte lediglich eine umfassende Gesetzeskodifikation und den Zusammenhalt des Staates gegen alle inneren und äusseren Kräfte. Aus diesem Grund war Ahmed Zogu in Albanien nicht unumstritten. Da er niemanden neben sich duldete, entliess er auch Politiker aus den eigenen Reihen, sobald sie zu mächtig wurden. Und obwohl es eigentlich keine Opposition gab, wurden immer wieder Attentate auf ihn ausgeführt. Diese wurden zum Teil von den im Exil lebenden Albanern organisiert, die ebenfalls von Rom unterstützt wurden (als Alternativen zu Zogu). Daneben wurde er aber auch von bis zu 600 Blutfehden verfolgt. Deshalb wurde sein Essen von seiner Mutter zubereitet, verliess er kaum seine Residenz und Tirana nur ganz selten. Damit er seine Position weiter absichern konnte, suchte er in Italien finanzielle Hilfe und die Unterstützung bei der Gründung einer Monarchie. Die Gegenleistung war der Zweite Vertag von Tirana, in dem die albanische Armee weitgehend der italienischen untergestellt wurde.
Der König Im Sommer 1928 wurde eine Verfassungsgebende Versammlung gewählt (natürlich nicht ohne die machtsichernden Manipulationen), die Ende August zusammentrat. Zogus Absicht war kein Geheimnis, so dass man sich schnell einig wurde und am 30. August einstimmig die Umwandlung in eine konstituelle Monarchie beschloss. Als »König der Albaner« wurde - einstimmig - Zog I. gewählt. Am folgenden Tag fand eine kurze Zeremonie statt, bei der König Zog I. auf Bibel und Koran schwor, sich für Land und Volk einzusetzten. Seine Interessen galten aber sicher nicht als erstes dem Wohlergehen Albaniens. Im Vordergrund standen vor allem eigene Machtineressen und Profite. So unterschied sich die Regierungsarbeit aus der gefestigten Position auch kaum von den Misserfolgen der »republikanischen Zeit«. Zwar unternahm er zum Beispiel den Versuch, einen Teil des Landes der feudalen Grossgrundbesitzer an die Bauern zu verteilen, der aber kläglich misslang. Anstrengungen, die darauf zielten, Albanien aus der italienischen Abhängigkeit zu bringen, wurden durch Manöver Mussolinis zunichte gemacht. Der König suchte den Anschluss an andere Staaten (Balkanpakt, Hitler-Deutschland, Frankreich), es wollte sich aber niemand mit Italien anlegen. Am 23. Juni 1934 bewies Italien, dass mit ihm nicht zu spassen war: 22 Kriegsschiffe liefen in Durrës ein, es drohte eine Invasion. Nur das Einlenken Zog I. gegenüber italienischen Forderungen löste das Problem. Zogu bemühte sich daneben insbsondere, sich beim Volk beliebter zu machen. Wie auch immer er dies anging - sei es mit pompösen Festen zu seinen Ehren, die den Staatshaushalt stark belasteten, oder durch die oben angesprochenen Reformen - , der Erfolg blieb aus. Weiter wurden auch immer wieder Attentate auf ihn ausgeführt. Es sollen in seiner Regierungszeit etwa 55 gewesen sein; das wohl berühmteste nach dem Besuch der Wiener Staatsoper. Schon seit langem wollte Zog I. heiraten. Er dachte dabei am Anfang an eine adlige Italienerin, die das Bündnis stärken würde. Es fand sich aber keine Frau, die bereit war, den Moslem zu heiraten. Schluss-endlich fand sich die verarmte junge ungarische Gräfin Geraldina Apponyi, die zu Zogus bedauern nicht viel Geld mitbrachte. Am 27. April 1938 wurden sie standesamtlich verheiratet. Zogu erhoffte sich durch die Heirat mit einer Katholikin mehr Akzeptanz im Westen. Die moslemisch-katholische Heirat konnte aber die Probleme im Land auch nicht mehr lösen. Die Spannungen wurden immer grösser, der König immer unbeliebter. Vor allem wurde aber langsam klar, dass Italien - wie zuvor in Äthiopien - in Albanien einmarschieren werde. Die Ansprüche aus Rom wurden immer grösser, der König konnte darauf aber nicht eingehen.
Im Exil II So betrat der König nie mehr albanischen Boden. In den fünfziger Jahren lebte die königliche Familie als Gast des albanisch-stämmigen Königs Faruk von Ägypten. Nach dessem Sturz wichen sie nach Frankreich aus. In Ägypten erkrankte Zogu schwer. Es machte den Eindruck, als fehlte ihm die Kraft, weiterzuleben, da es für ihn klar war, dass eine Rückkehr nach Albanien unmöglich ist. Am 9. April 1961 starb er in einem Krankenhaus bei Paris an Magenkrebs. Leka I. lebte später in Südafrika als Geschäftsmann. In den Wirren nach dem Ende der kommunistischen Regierung in Albanien sagte er, dass er die Monarchie weiterführen wolle. Er wurde aber nie richtig ernstgenommen. 1993 besuchte er zum ersten Mal wieder seine »Heimat«, wurde aber nach einem 24-stündigen Aufenthalt des Landes verwiesen, da er mit einem »königlichen« Pass eingereist war, den er selber hergestellt hatte. Lars Haefner - Probeabonnements |
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