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Albanien
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Auf Seelenfang Immer mehr religiöse Gruppierungen versuchen in Albanien, mit Hilfsgütern Gläubige zu finden Er starrte uns ungläubig an. Er hatte uns am Zoll in Kakavijë seine Hilfe in fliessendem Englisch angeboten und von seiner christlichen Mission in Gjirokastër erzählt. Er tat so, als könnte er unsere Wartezeit am Zoll dank seinem Einfluss abkürzen, wollte aber mehr über unseren Hilfstransport ins Sprachgymnasium von Gjirokastër wissen. Er hoffte auf ein Treffen mit uns, auf eine Zusammenarbeit oder was auch immer, und dann hatten meine Freundin und ich auf seine beiläufig gestellte Frage, ob wir denn überhaupt Christen seien, mit »no« geantwortet. Er brauchte eine ganze Weile, bis er sich gefangen hatte, und fast widerwillig zum Schluss kam, dass wir ja alle »human beings« seien. Da wir von anderen Aktionen in Albanien wussten, die nicht religiös motiviert sind, massen wir der Begegnung keine grosse Bedeutung bei. Als wir dann aber feststellten, dass die Englischlehrerin aus Kalifornien, die sich für zwei Jahre verpflichtet hatte und die wir so bewundert hatten, aus ähnlichen Motiven in Albanien war, da stutzten wir. Von der Burg geniesst man einen wunderbaren Überblick über die Stadt Gjirokastër. Direkt zu ihren Füssen liegt ein schönes, ganz neues Gebäude: ein islamisches Schulungszentrum, finanziert von Saudi-Arabien. In Sarandë drückt man uns am Strand religiöse Prospekte in die Hand, und der freundliche Herr am Flughafen in Tirana ist ebenfalls in christlich-religiöser Mission in der Albanienhilfe tätig. Zufall, dass auf dem Parkplatz von Rinas ein Wagen mit Schweizer Kennzeichen und Fischsymbol steht? Langsam wird uns bewusst, warum der Mann am Zoll von Kakavijë unsere Antwort nicht verstehen konnte. Hilfe ist in Albanien dringend nötig, und die lieben Menschen haben sie auch verdient. Hilfe als Mittel zu religiösen Zielen hinterlässt aber einen bitteren Beigeschmack. Seeleneinkauf mit Nahrungsmitteln und gebrauchten Kleidern? Der Nährboden ist günstig, und verschiedene Religionen versuchen zu profitieren. Niemandem sei das Recht auf Religion abgesprochen. Das albanische Volk braucht in der schwierigen Lage einen Halt, und wenn es diesen in der Religion findet, ist das nichts Schlechtes. Die überaus eifrige Missionstätigkeit weckt aber ein ungutes Gefühl. Hoffen wir, dass die Albaner profitieren und nicht die Kirchen. Und hoffen wir, dass hier nicht die Konflikte von morgen angelegt werden. Pietro Tomasini - Probeabonnements |
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