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für die Zusammenarbeit mit Albanien |
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Editorial
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Die Mentalität einbeziehen Leserbrief über Probleme, wenn man die Mentalität und die Strukturen nicht in die Hilfe einbezieht Ich möchte heute etwas zu Papier bringen, was mich schon seit geraumer Zeit beschäftigt. Ich denke, wirkliche Entwicklungshilfe muss auch den Partner, das andere Volk, seine Kultur und eben auch seine Mentalität mit einbeziehen. Und dies wird meinen Beobachtungen und Erfahrungen gemäss leider allzu oft vergessen. Ich habe während unserer langjährigen Albanien-Kontakte, vor allem aber während meiner vielen Aufenthalte in den letzten beiden Jahren, Geschichten gehört oder auch Begebenheiten selber beobachtet, wie Leute aus Europa oder Amerika mit viel gutem Willen und Elan nach Albanien kommen, helfen wollen, Projekte verwirklichen möchten und plötzlich an eine Mauer stossen, Widerstand und Starrsinn begegnen und sich dann fürchterlich aufregen und ärgern. Die Albaner sind ein kleines aber stolzes Völklein, das in seiner langen Geschichte schon manchen Besatzungsmächten getrotzt hat. Miteinbeziehen ihrer Kultur und Mentalität bedeutet nun aber auch, diese Menschen nicht zu überfahren mit unseren Ideen und Projekten, sondern sie, soweit möglich, in die Planung einzubeziehen, ihre Ideen und Gedanken aufzunehmen und vor allem auch ihre festgefügten Sozialstrukturen und geprägten Hierarchien zu respektieren. Handelt man in dieser Weise, so findet man, meiner Erfahrung gemäss, in Albanien überall offene Türen, viel Toleranz und ausgesprochene Liebenswürdigkeit. Stösst man aber diese Menschen vor den Kopf, überrollt man sie, lässt man Hierarchien (z.B. in einem Spital) unbeachtet, kurzum, verletzt man sie in irgendeiner Weise in ihrem Stolz, so stösst man auf eine Mauer von Ablehnung und Starrsinn bis zum »Geht-nicht-mehr«. Dieser Stolz hat die Albaner schon anfangs der 60-er Jahre zum Ausscheren aus dem sowjetischen Machtbereich geführt. Ein berühmt gewordenes Zitat Enver Hodschas aus jener Zeit mag dies treffend illustrieren: »Wir wollen lieber Gras fressen als uns von den Russen knechten zu lassen«. Wir sollten also, und dies nicht nur in Albanien, sondern überall auf der Welt, in unserem Bestreben, Hilfe zu leisten, unbedingt auch unseren Partner, das andere Volk, seine Kultur und Mentalität in unsere Planung miteinbeziehen, auf dass die Entwicklungshilfe zur beidseits befriedigenden Zusammenarbeit werden kann. Esther Baltisberger P. S. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch im negativen Erlebnis, das die Leute aus der Gemeinde Horw gemacht haben (siehe newsletter Nr. 1) diese Mentalität der Albaner eine Rolle gespielt hat. Man hat vielleicht zuerst mit unteren »Chargen« Verbindung aufgenommen und den verantwortlichen Direktor des Spitals übergangen, hat ihn mit der »ungefragten« Lieferung vor den Kopf gestossen oder ihn sonstwie beleidigt. Nur so ist diese stolze, sture Ablehnung der sonst so begehrten Hilfsgüter verständlich. - Probeabonnements |
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