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From Anarchy to a Balkan Identity

Eine eindrückliche Geschichtsaufbereitung der letzten Jahre

Ein erster Blick auf das Buch Albania: From Anarchy to a Balkan Identity lässt darauf schliessen, dass es bereits veraltet ist: Sowohl der Titel als auch das Bild des »Vefa«-Hauptsitzes in Tirana auf dem Umschlag deuten auf eine überholte Vergangenheit. Trotzdem lohnt es sich, dieses Werk von Miranda Vickers und James Pettifer zur Hand zu nehmen. Es haben sich nämlich zwei vorzügliche Kenner Albaniens gefunden, um dieses Buch zu schreiben. Miranda Vickers hat bereits diverse Bücher über die Albaner geschrieben, ihr Partner James Pettifer verschaffte uns mit dem »Blue Guide Albania« den besten Reiseführer für das Balkanland. »From Anarchy to a Balkan Identity« beginnt dort, wo die bisher erschienen Bücher zu Albanien aufhören: Der Hauptteil ist dem Beginn der neunziger Jahre mit dem Untergang der sozialistischen Volksrepublik und dem Aufbau der Demokratie gewidmet. Die Autoren behandeln in ihrem historischem Werk mehrheitlich die politischen Abläufe und versuchen darzulegen, wie nach dem Einparteien-Staat der Kommunisten Berishas Demokratische Partei und ein neuer Einparteien-Staat entstand. Meines Erachtens gehen sie dabei zu wenig auf die ökonomischen Entwicklungen ein und behandeln kaum das alltägliche Leben der Albaner ausserhalb von Politik und Führungselite. Immerhin ist ein Kapitel den kulturellen und sozialen Veränderungen durch die Wende gewidmet. Ausführlich werden auch die Aussenpolitik im Zusammenhang mit dem Kosovo, den Albanern in Montenegro und in Mazedonien (FYROM) sowie militärische Fragen behandelt. Erstaunlich ist, dass Vickers und Pettifer schon im letzten Jahr, als das Buch geschrieben wurde, sehr deutlich den Machtmissbrauch der Demokratischen Partei unter »Führung« von Sali Berisha und dessen Unterstützung durch die USA und andere westliche Staaten kritisierten. Unausreichlich ist aber ihre Haltung gegenüber den Parteien der Opposition, deren Schwächen sie nicht deutlich genug aufzeichnen.

Obwohl das Buch anfangs dieses Jahres in den Druck ging, nimmt es auf der letzten Seite noch Rücksicht auf die erschütternden Ereignisse dieses Jahres - weit entfernt von jeglicher Balkan Identity. Die Entwicklungen der Monate Februar und März wird vorausgesagt, obwohl die Autoren selber nicht daran glauben möchten. Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem jüngsten Rückfall in die Anarchie wird wohl einer gewissen zeitlichen Distanz bedürfen und somit Thema eines weiteren Buches zumindest eines der beiden Autoren sein. Ich jedenfalls werde es mit Spannung erwarten, denn es wird wohl wiederum Informationen enthalten, die keiner missen möchte, der noch nicht alles über Albanien weiss.

Lars Haefner

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