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Schweizerisches Rotes Kreuz in Albanien

Ein Portrait des Engagements des Schweizerischen Roten Kreuzes in Albanien sowie des albanischen Roten Kreuzes und Reflexionen über die weitere Entwicklung des Landes

Unmittelbar nach der 1990 eingetretenen politischen Wende in Albanien hat das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) die damaligen Bestrebungen des IKRK zugunsten freigelassener politischer Gefangener unterstützt.

Von 1991 bis 1994 beteiligte sich das SRK mit Bar- und Naturalbeiträgen sowie mit Delegierten an den Nothilfemassnahmen, welche von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften und dem albanischen Roten Kreuz (ARK) zugunsten sozial bedürftiger Personen in den östlichen Bergregionen des Landes durchgeführt worden sind.

1994/95 unterstützte das SRK ein Programm des ARK, welches 800 Dorfschwestern und Hebammen in den Berggebieten des Landes eine Auffrischung und Aktualisierung ihrer beruflichen Kenntnisse ermöglichte.

Im Gefolge der jüngsten Ereignisse hat das IKRK und die Föderation am 17. März 1997 einen Nothilfeappell über SFr. 14'900'000.- erlassen, welcher das SRK mit zwei Beiträgen (6050 Familienpakete und 300 Tonnen Weizenmehl) im Gesamtwert von Fr. 450'000.- beantwortet hat.

In direkter Zusammenarbeit mit den staatlichen Gesundheitsdiensten führt das SRK zudem zwei bilaterale Projekte durch:

  • seit 1993 ein fachtechnisches Unterstützungsprogramm zugunsten des nationalen Prothesezentrums in Tirana (Fr. 228'000.-) und
  • seit Mitte 1996 ein umfassendes Sanierungsprogramm der 120-Betten Geburtsklinik von Fier im Süden des Landes (Fr. 875'000.-).

Im Gegensatz zu vielen anderen schweizerischen Unterfangen hatten wir im Rahmen dieser weiterlaufenden Projekte keine Schäden und Verluste zu beklagen. Die jeweiligen Projektpartner haben eigene Massnahmen zum Schutze ihrer Installationen getroffen.

Die Besonderheiten des Albanischen Roten Kreuzes
Das 1921 gegründete ARK hat 1945 seine Unabhängigkeit verloren und ab 1960 sämtliche Tätigkeiten einstellen müssen. Diese von der regierenden Partei dekretierte Massnahme hat heute für das ARK eher positive Konsequenzen auf der Ebene der öffentlichen Meinung. Anders als in den übrigen ehemals kommunistischen Ländern, wo die Rotkreuz-Gesellschaften de facto parastaatliche Unternehmen waren, hat das ARK infolge seiner zwangsweisen Inaktivität während der letzten 30 Jahre kein negatives »Image« entwickelt. In den abtrünningen Städten des Süden des Landes herrscht, was das ARK anbetrifft, eine nuancierte Situation. Es kommt beispielsweise zu Diebstählen von Fahrzeugen des ARK und des IKRK.

Zudem hat das Fingerspitzengefühl und die konsequente politische Neutralität des momentanen ARK-Leaderships (Prof. Subashi, Präsident, und Frau Ketri, Generalsekretärin) dieser Gesellschaft zu einem beträchtlichen Ansehen und Statur in der verworrenen Situation verholfen. Es ist mehr als aussergewöhnlich, dass zum Beispiel das IKRK im Rahmen all seiner Tätigkeiten sozusagen den Geleitschutz des ARK in Anspruch nimmt.

Perspektiven für Albanien und das SRK
Die Implosion des albanischen Staates Ende Februar 1997 hat für die Albaner selber und auch für die umliegenden Länder und Westeuropa zu einer kritischen Situation geführt. Wie durch ein Wunder konnte bisher ein Bürgerkrieg vermieden werden, aber die allgemeine politische, wirtschaftliche und militärische Lage bleibt verworren und gespannt. Fast alle Albaner sind heute bewaffnet. Zu Gewalttaten missbraucht aber nur ein winziger Teil der Bevölkerung das in ihre Hände gefallene Waffenarsenal.

Die Versorgungslage der Bevölkerung ist vor allem kritisch, weil die verfügbaren Nahrungsmittel heute nur zu fast unerschwinglichen Preisen angeboten werden. Besonders in Not geraten sind die ärmsten Bevölkerungskreise, wie zum Beispiel Heiminsassen, alleinstehende Betagte und Behinderte. Die öffentliche Sicherheit ist eigentlich nur im Raume Tirana gewährleistet, während die meisten Überlandstrassen von Wegelagern heimgesucht werden. Die Entsendung einer internationalen Schutztruppe, welche in den Städten und auf den Überlandstrassen regelmässig Patrouillen durchführen, hat bisher eine beruhigende Wirkung erzielt, das Problem der allgemeinen Unsicherheit aber nicht gelöst.

Es ist immer noch fraglich, ob die auf den 29. Juni angesetzten Legislativwahlen zu einer neuen, standfesten Regierung führen werden. Wenn nicht, können bürgerkriegsähnliche Zustände mit den entsprechenden Migrationsströmen Richtung Griechenland, der Türkei und Westeuropa nicht ausgeschlossen werden. Die momentan herrschende politische und militärischen Instabilität hat aber auch ohne bewaffnete Auseinandersetzung verheerende wirtschaftliche Wirkungen, denn viele Arbeitsplätze sind durch randalierende und plündernde Volksmassen zerstört worden und Investitionen in produktiven Sektoren werden heute kaum noch getätigt. Diese prekäre Wirtschaftslage verstärkt den Willen eines gewichtigen Teiles des albanischen Volkes, im Ausland sein Glück zu suchen.

Gewisse albanische Stellen begrüssen die Massnahmen Italiens, Flüchtlinge rückzuschaffen, denn das Risiko eines Massenexodus' ist nach wie vor reell.

Aufgrund dieser Ausführungen muss davon ausgegangen werden, dass Albanien auch während der kommenden Jahre ein Schwerpunktland für unsere Nothilfe und Entwicklungshilfebemühungen bleiben wird.

Antoine Weber, Projektverantwortlicher SRK

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