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Heisser Wahlherbst

Am 20. Oktober fanden in Albanien die Kommunalwahlen statt

Noch ist uns der Frühsommer in schlechter Erinnerung: Die Parlamentswahlen von Ende Mai sorgten mit ihrem umstrittenen Ausgang für viel Aufregung. Wenige Monate später, nachdem die sommerliche Hitze vorbei war, erlebte Albanien einen heissen Wahlherbst. Die die Gemüter erhitzenden Ereignisse waren dann aber weniger die Kommunalwahlen vom 20. Oktober als die Miss-Europa-Wahl, die am 27. September in Tirana stattfand.

Miss-Europa
Den ganzen Monat lang waren die hübschen Frauen aus allen Ecken des Kontinents praktisch das einzige Gesprächsthema. Täglich berichteten die Nachrichten von TV Shqiptar, welche Sehenswürdigkeiten die Schöhnheitsköniginnen heute besucht hatten, brachten Interviews und sendeten Bilder von Empfängen und Photo-Shootings. Wie Staatsgäste fuhren die Misses mit Polizeieskorte durch Tiranas Strassen, wohnten im edlen Hotel Tirana International und zogen von einem Festessen zum nächsten. Die Kosten des dreiwöchigen Aufenthalts wurden mehrheitlich durch albanische Firmen gesponsert. Zur Siegerin wurde die »Miss England« gekoren.

geringes Interesse
Mit weniger Enthusiasmus verfolgten die Albaner die Kommunalwahlen. Noch nie wurde der Politik allzu grosses Interesse geschenkt. Zur Zeit der kommunistischen Herrschaft war politische Mitsprache unmöglich, sogar gefährlich, und Wahlen Formsache. Allzu viel hat sich daran bis heute nicht geändert. Albanischen Politikern geht es weniger um Problemlösungen als um den Erhalt von Macht und Einfluss. Gesetze werden oft genug zur Verfolgung der Interessen der Mächtigen erlassen oder geändert. Die Justiz kann nicht als unabhängig bezeichnet werden, und Beamte arbeiten nur gegen zusätzliche Entlöhnung. Spätestens nach den Betrügereien bei den Parlamentswahlen - daran zweifelt heute in Albanien niemand mehr - ist auch das letzte Vertrauen in den Staat geschwunden. Kein Wunder, dass die Hoffnungen und das Interesse an den Kommunalwahlen äusserst gering waren.

Dieser Wahlgang war auch nicht viel mehr als eine Wiederholung der Parlamentswahlen. Wiederum konnte die Demokratische Partei einen Erfolg feiern, wiederum sprachen die Sozialisten von Betrug, und wiederum wollen die internationalen Beobachter nichts davon bemerkt haben. Aufgrund der nach den Parlamentswahlen geäusserten Kritik wurden die Beobachter der OSZE nicht akkreditiert. Berisha wollte anscheinend vermeiden, dass er, und seine Partei in der internationalen Presse erneut attackiert werden. Zwischenzeitlich haben nämlich die meisten westeuropäischen Regierungen wieder vergessen, dass die Demokratische Partei Albaniens hauptsächlich nur dem Namen nach demokratisch ist.

mangelndes demokratisches Verständnis
Die kommunistischen Zeiten in Albanien sind vergangen. Leider konnte sich die Demokratie bis jetzt noch nicht richtig etablieren. Die Albaner überlassen die Politik mit all ihren Intrigen den Politikern - diese machen ja doch, was sie wollen. Eindrücklich beschreibt Norbert Mappes-Niediek in der »Zeit« vom 1. November die Machtspiele innerhalb der albanischen Parteien, zeigt die Entwicklung des Landes innerhalb der letzten fünf Jahren auf und getraut sich, auf die Fehler im System hinzuweisen.

Lars Haefner

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