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Eine Kiste Edelwein

Zwei Monate lang war ich in Asien unterwegs und hörte weder in Kambodscha noch in Laos oder Hong Kong etwas von Albanien. Kaum zurück, vernehme ich folgendes:

Das erste Bombenattentat in der neueren Geschichte Albaniens ist verübt worden. Die rund 40 Schweizer, die sich länger in Albanien aufhalten, haben in Tirana einen Schweizer-Club gegründet. In der Oper werden das Ballett »Romeo und Julia« und »Don Juan« parallel vorbereitet. Und schliesslich soll einige Kilometer ausserhalb der Hauptstadt ein Hotel tatsächlich den schönen Namen »Château Linza« bekommen haben.

Das sind Neuigkeiten, die man aus fast jedem anderen Land gewohnt ist. Als es im selben Stil weitergeht und ich höre, dass mit dem Bau von Golfplätzen und Yachthäfen begonnen wird, rufe ich einen Bekannten in Albanien an. »Hallo. Jaja, 'biznes' überall, im Verhältnis zu früher geht es stark aufwärts, ja, aber das Leben bleibt schwierig. Kannst Du mir bitte Medikamente schicken? Alles ist so teuer.« Dann treffe ich eine junge Albanerin, die in der Schweiz studiert: »Die Strassen sind noch immer voller Schlaglöcher und auf der Piste des Flughafens weiden noch immer Kühe die Grasbüschel ab, wir Jungen suchen noch immer vergeblich gute Stellen und viele Staatsangestellte sind heute noch so korrupt, wie sie es gestern waren.« Wir reden dann über die Situation in den Spitälern und von ehemaligen politischen Häftlingen, bis sie plötzlich lachen muss. »Hey, ich hab' noch was für Deine Kolumne. Mein Bruder hat mir erzählt, dass es jetzt einen zwar sehr trinkbaren, aber auch sehr teuren albanischen 'cabernet sauvignon' zu kaufen gibt. Der Önologe sei Amerikaner, die Flasche aus Italien und die Etikette eine sehr künstlerische. - Soll ich Dir von meinem nächsten Besuch in Albanien ein Kistchen mitbringen?«

Tamás Kiss

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