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Der Fall der Statuen

Im Dezember vor zehn Jahren endete die Einparteienherrschaft der albanischen Kommunisten

Im Dezember 1990 war der Kalte Krieg in Osteuropa vorbei. Der Kommunismus gehörte der Vergangenheit an. Ganz Osteuropa? Nein, einzig in Albanien waren die alten Herrscher der »Partei der Arbeit« noch immer an der Macht. Daran hatte auch die Besetzung von ausländischen Botschaften durch Tausende von Menschen im Sommer 1990 nichts geändert (vgl. Artikel in nlA #26). Der damalige deutsche Botschafter in Tirana schrieb später, dass alle wussten, dass der glückliche Ausgang der Botschaftsbesetzungen das Ende des Regimes gewesen sei. Nur das Regime selber habe es nicht gewusst.

Immer wieder kam es in der Folge zu kleineren Demonstrationen, die aber meist schnell und gewaltsam niedergeschlagen wurden. Schlussendlich waren es die Studenten der Universität »Enver Hoxha« in Tirana, die die Wende herbeiführten. Sie wohnten in der »Studentenstadt« am Rande der Hauptstadt in grossen, erbärmlichen Studentenheimen, die keinerlei Komfort boten. Sie wehrten sich anfangs gegen die schlechten Studien- und Lebensbedingungen.

Der Protest weitete sich aber bald immer weiter aus - einerseits unterstützten immer grössere Bevölkerungskreise die Studenten, andererseits wurden die Forderungen erweitert. Setzten sich die Demonstranten zu Beginn noch für bessere Verpflegung in der Kantine ein, forderten sie bald auch ein Ende des Versammlungsverbots und die Meinungsäusserungsfreiheit. Das Regime versuchte noch, die Demonstrationen aufzulösen, und es kam zu Strassenschlachten zwischen den Sicherheitskräften und den Demonstranten. Allmählich wurde aber auch den Herrschenden klar, dass die Situation sich zuspitzte.

Am 10. Dezember wurden - gemäss einem Interview mit dem damaligen Staatschef Ramiz Alia - mehrere Professoren, darunter auch Sali Berisha, zu den Studenten geschickt, um mit ihnen zu verhandeln. Sicher ist, dass Berisha sich bald mit den Studenten verbündet hatte. Er war nämlich dabei, als am 14. Dezember in der Studentenstadt die »Demokratischen Partei«. gegründet und Berisha gleich zum Vorsitzenden gewählt wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hatte auch das Regime begriffen, dass sein Ende nahe war. Ramiz Alia und die Parteigenossen hatten aber weiterhin die Hoffnung, sich noch länger an der Macht halten zu können. Andererseits hatten sie aber auch Angst, den gleichen Weg wie der rumänische Diktator Ceausescu gehen zu müssen. Diese Gedanken bewogen die Führung, doch allmählich nachzugeben. Am 17. Dezember 1990 wurden unabhängige Parteien zugelassen. Am 10. Februar 1991 sollten erstmals freie Parlamentswahlen stattfinden, die dann aber auf den 31. März verschoben wurden.

Weitere Proteste blieben in diesem für die Albaner sehr harten Winter nicht aus. Bei einer grossen Kundgebung der Gewerkschaften auf dem Skanderbeg-Platz am 20. Februar 1991 wurde der riesigen Statue von Enver Hoxha ein Seil um den Hals gelegt und die Statue gestürzt. Die beiden anderen Statuen kommunistischer Führer im Zentrum Tiranas - Stalin und Lenin - waren schon einige Tage zuvor durch die Regierung demontiert und in Sicherheit gebracht worden.

Das Ende des Kommunismus war aber kein Ende des Schreckens und des Leidens für die albanische Bevölkerung. Allein im März 1991 flohen mehr als 20'000 Albaner auf kaum seetüchtigen und überfüllten Schiffen über die Adria in den verheissungsvollen Westen.

Bei den folgenden Wahlen obsiegte die Partei der Arbeit ein letztes Mal, weil es den neuen Parteien nicht gelang, sich in dieser kurzen Zeit zu organisieren. Es gelang ihnen vor allem nicht, die Wähler auf dem Land zu erreichen. Es zeigte sich aber bald, dass auch die Regierung Nano nicht in der Lage war, die Probleme im Land zu lösen. Schon nach einem Monat, geprägt durch einen landesweiten Generalstreik, musste eine Koalitionsregierung eingegangen werden.

Lars Haefner

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