newsletter Albanien

Schweizer Zeitschrift für die Zusammenarbeit mit Albanien
Informationen für an Albanien Interessierte

Swiss non-profit Journal for the Cooperation with Albania

Journal Suisse pour la Cooperation avec l'Albanie


 
 
Projekte

Inhalt Nr. 27

Newsletter HOME

Aktuelle Ausgabe

Alte Ausgaben

Adresse

Abonnements

Mein Artikel

Informations en Français

Articles en Français

English Informations

Articles in English


www.albanien.ch

Partner für Gjirokastër - in Lezhë

Die ursprüngliche Schulpartnerschaft hat sich sowohl in Albanien als auch in der Schweiz ausgeweitet

Partner für Gjirkoastër (PfG) basierte bisher fast ausschliesslich auf den Schülerinnen und Schülern der Kantonsschule Enge in Zürich. Bereits 1999 kamen aber erste Kontakte zur Kantonsschule Wiedikon zustande. Das Interesse an einer Zusammenarbeit war auf beiden Seiten gross, so dass nach einigen Verhandllungen ein gemeinsames Vorgehen beschlossen wurde. Lehrer der Mittelschule Hydajet Lezhë waren bereits seit langer Zeit auf der Suche nach einem Partner und die Schülerinnen und Schüler aus Zürich-Wiedikon sollten nicht einfach als Materiallieferanten für die bestehenden Projekte in Gjirokastër dienen. So entschied man sich, den Verein gemeinsam zu führen und in beiden Bezirken Projekte zu realisieren.

Nach zwei Abklärungsreisen im Oktober 1999 und März 2000 kam im April der erste Materialtransport nach Lezhë zustande. Es war für PfG bereits der insgesamt zehnte Transport, und er beinhaltete vor allem Material für Schulen und eine zweite Mediothek. Die Reise eines Lehrers und sieben Jugendlichen verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle. Acht Schulen konnten mit Material versorgt werden; das Prinzip, dass alle Materialien von unserer Gruppe selbst verteilt werden, konnte auch im Bezirk Lezhë angewandt werden. Das Material bestand hauptsächlich aus Wandtafeln, Schreibmaschinen, Sportmaterial, Papier, Pulten und Bänken. Die Auswahl der Schulen war jedoch nicht leicht. Im Allgemeinen hat man die Tendenz, dort zu liefern, wo die Zustände am schlimmsten sind. Die Vorbereitungsreisen haben gezeigt, dass es auch im Bezirk Lezhë viele Schulen gibt, die in einem bedenklichen Zustand sind. Eine lange Diskussion mit dem Direktor der 8-Jahresschule von Rrilë im März hat uns aber auch eine andere Betrachtungsmöglichkeit aufgezeigt. Er war nämlich erbost, dass immer wieder die gleichen Schulen so schlimm aussehen, weil niemand das Material pflegt. Da es in seiner Schule dank Eigeninitiative für albanische Verhältnisse einigermassen gut aussieht, bekam er für diese Schule nie irgendwelche Hilfe. Damit rückte der Aspekt der Verlässlichkeit der Direktoren und Lehrer einmal mehr in den Vordergrund unserer Überlegungen. Im April belieferten wir deshalb neben besonders schlecht aussehenden Schulen wie Blinisht oder Dajç auch die Schule von Rrilë, wo man sich über die Wandtafeln ganz besonders freute. Weitere Schulen, die Material erhielten, waren diejenigen von Kallmet i Vogël und Shënkoll sowie in der Stadt Lezhë die Schulen Hydajet Lezhë (das einzige reine Gymnasium im Distrikt), Lissus und Gjergi Fishte. Daneben konnten auch dem Sportverein Beselidhja einige Bälle, Fussballschuhe und T-Shirts übergeben werden. Ein Hauptbestandteil des Transports bestand aber aus 6'500 Büchern und weiterem Material für eine zweite PfG-Mediothek. Nach dem erfolgreichen Start des gleichen Projekts in Gjirokastër soll in Lezhë ebenfalls eine Institution entstehen, die Bücher in Fremdsprachen für alle Interessierten und didaktische Materialien für die Lehrerinnen und Lehrer im ganzen Bezirk gratis zur Verfügung stellt. Die Stadt Lezhë überlässt uns zu diesem Zweck einen grossen Raum im neu errichteten Bibliotheksgebäude. Da der Bau wider erwarten noch nicht bezugsbereit ist, konnte die neue Mediothek ihren Betrieb aber leider noch nicht wie geplant aufnehmen.

Eine weitere Arbeitsreise führte einen Lehrer und zwei Schülerinnen im Oktober wieder nach Albanien. Diesmal sollte unser Weg über Gjirokastër mit einem Zwischenstop in Bishan (bei Fier) nach Tirana und schliesslich erneut nach Lezhë führen. Im Zentrum der Arbeiten stand neben Schulbesuchen vor allem das neuste Projekt von PfG, die Auszahlung von Mikrokrediten. Ein grosser Sponsor hatte es möglich gemacht, auch in diesem Bereich einmal konkrete Arbeit zu leisten. Die Partner in Lezhë und Gjirokastër waren bereits im Frühling aufgefordert worden, Menschen zu suchen, die verlässlich sind, eine gute Idee für ein Geschäft haben und einen Anfangskredit brauchen können. Total 17 Projekte wurden uns schliesslich zur Beurteilung vorgelegt. Interessanterweise kamen aber 13 davon aus Gjirokastër. Nach Aussagen unserer Partner hat man in Lezhë nach vielen, von anderen Organisationen gebrochenen Versprechungen nicht mehr an eine Realisierung einer solchen Zusammenarbeit geglaubt. Mit Hilfe eines Experten im landwirtschaftlichen Bereich wurden die Konzepte innerhalb der Geschäftsleitung ausgiebig studiert und diskutiert - einmal mehr eine gute Gelegenheit für unsere Schülerinnen und Schüler, sich mit sehr praktischen und konkreten Fragen auseinanderzusetzen. Schliesslich entschied man sich dafür, fünf Projekte mit je Fr. 3'000.- zu unterstützen. Der Zinssatz beträgt vier Prozent, die Laufzeit von bis zu fünf Jahren konnte der Kreditnehmer selber bestimmen. Es haben sich alle für fünf Jahre entschieden. Die Projekte hatten ganz verschiedene Inhalte: Honigherstellung, Weinbau, Gemüseanbau mittels Plastiktunnel, Schneiderei und die Reparatur von Elektrogeräten. Die Auswahlkriterien waren neben der Machbarkeit und der Klarheit von Konzept und Budget vor allem die Marktchancen und eine einigermassen gerechte Verteilung zwischen den Orten und den verschiedenen Branchen. Ob das ganze Projekt ein Erfolg werden kann, werden wir in einem Jahr sehen, wenn für alle Kreditnehmer die Rückzahlung der ersten Rate fällig ist.

Die Schulbesuche haben uns einigermassen schockiert. Eigentlich hatten wir nach so vielen Reisen nach Albanien gedacht, uns könne nichts mehr überraschen. Weit gefehlt! Dörfer ohne Trinkwasser, Schulen in einem erbärmlichen Zustand. Wenn man nur ein wenig von den grösseren Städten wegkommt, scheint es, als habe Albanien noch nicht einen Schritt vorwärts gemacht. In den Städten ist der Aufschwung im Schulbereich klar zu sehen, wenn auch nur im Bereich der Gebäude, denn es mangelt immer noch massiv an Schulmaterial. Das schlimmste Beispiel ist ausgerechnet ein Schulhaus, das für fast Fr. 40'000.- von der Weltbank in Mabë renoviert worden war. Die Kinder müssen in vier Schulzimmern den Unterricht am Boden sitzend verfolgen, Wandtafeln fehlen ebenso wie Spielsachen im Kindergarten. Es ist uns unerklärlich, wie eine so grosse Institution so jämmerliche Arbeit abliefern kann. Aber das ist uns vor allem im Bezirk Lezhë nichts Neues. Die EU - mittels der italienischen Organisation InterSOS - und auch eine amerikanische Organisation haben ein ebenso klägliches Bild hinterlassen. Es reicht nicht, einfach nur einer Organisation oder der Erziehungsdirektion Geld in die Hand zu drücken und dann darauf zu hoffen, dass alles gut wird. Wir können nur versuchen, mit unseren bescheidenen Mitteln bessere Arbeit zu leisten. Dazu gehören auch vermehrt Kontrollen, denn auch PfG bleibt nicht verschont von unzuverlässigen Direktoren und Lehrern. So werden wir die Zusammenarbeit mit Shënkoll und Kallmet i Vogël unterbrechen, da uns dort Material, das wir geliefert hatten, unter fadenscheinigen Ausreden nicht gezeigt werden konnte.

Aber es gibt ja noch viele, die Hilfe nötig haben. Neben Schulen haben auch benachteiligte Menschen dringend Unterstützung nötig. Unsere Sitzungen mit dem Blindenverein von Gjirokastër und dem Behindertenverein von Lezhë haben uns diese Probleme deutlich aufgezeigt. Auch im Bereich der Ausbildung und Motivation von Lehrkräften ist noch viel zu tun, denn die Qualität der Ausbildung in Albanien nimmt rapide ab. Die Mittel von PfG sind eng begrenzt. Die Motivation unserer Schülerinnen und Schüler aber ist gross, und so werden wir trotz wachsenden bürokratischen Hindernissen versuchen, weiterhin unseren Beitrag zum Aufbau in Albanien zu leisten.

Pietro Tomasini

Die Zürcher Schülerinnen und Schüler können in ihrem Engagement für Albanien über das Bakkonto der ZKB Nr. 1117-0007.818 unterstütz werden.

-› Probeabonnements

© newsletter Albanien: Wiedergabe von Text und Bildern in irgendeiner Form nur mit Genehmigung der Redaktion