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Editorial
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Liebe Leserinnen, liebe Leser Albanien scheint nicht wirklich Fortschritte zu machen. Das zeigen mehrere der Artikel in diesem Heft: Immer wieder neue politische Querelen, immer noch ist die Stromversorgung keine Selbstverständlichkeit, immer noch verfügen die meisten Albaner nicht über die Mittel, um sich auch nur die notwendigsten Sachen zu kaufen. Regelmässig sind deshalb Stimmen zu hören, die den vergangenen Zeiten nachtrauern. So schlecht sei es den Menschen damals auch nicht gegangen: Alle hatten Arbeit, niemand musste Steuern zahlen. Trotzdem waren nicht alle wirklich glücklich. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass in Albanien - gerade im Vergleich zu anderen ehemals sozialisistschen Ländern - die Zahl derer, die die alten Zeiten zurück wünschen, äusserst gering ist. Wie schwer das Leben damals war, zeigen auch die Berichte im Buch »Women in Modern Albania« von Susan E. Pritchett Post äusserst eindrücklich. Darin enthalten sind die Geschichten von Menschen, die als Staatsfeinde schrecklich unter dem Regime gelitten haben oder die trotz härtester Feldarbeit nicht viel mehr als Brot zu essen hatten oder jeden Tag um vier Uhr früh vor den Geschäften für Lebensmittel anstanden. Schreckensgeschichten finden sich zwar auch in vielen anderen Quellen. Das einmalige an diesem Buch ist aber, dass es Geschichte aus einer anderen Perspektive zeigt. Hier wird Albanien nicht aufgrund politischer Ereignisse oder aus der Perspektive von Männern erklärt: Es sind die Frauen, die das alltägliche Leben aus ihrer Sicht zeigen, und dadurch Albanien - ob heute oder früher - viel anschaulicher darstellen, als die meisten Autoren. Ein weiterer - literarischer - Einblick in die albanische Seele zeigen die Werke von Fatos Kongoli und Ylljet Aliçkaj. Beide Bücher zeigen, wie die Albaner unter dem kommunistischen System gelitten haben. Natürlich hat das kommunistische System Albanien aus seiner osmanischen Rückständigkeit befreit und gewissen technischen, industriellen und sozialen Fortschritt gebracht. Dafür hat es den Menschen neue Fesseln angelegt. Der Kommunismus hat sich überlebt. Leider leiden viele Albaner auch unter der Demokratie. Und weder die Politiker noch die ausländische Hilfe hat es bis jetzt geschafft, in Albanien wirklich neue Perspektiven aufzuzeigen. Kein Wunder, dass viele ihre Zukunft im Westen suchen.
Der Schweizer Pop-Star DJ Bobo hat in diesem Sommer zumindest versucht, den Albanern zu zeigen, dass man sie auch im Westen wahrnimmt. Ein kleines Zeichen des Respekts für die Hilfe an den Kosovaren. DJ Bobo bezeichnete das gigantische Konzert in Tirana als »vielleicht das einzige Gute, was ich je gemacht habe«. So sehr sei es geschätzt worden. Weiter bedauert er aber, nur eine kurze Freude machen zu können und nichts Dauerhaftes hinterlassen zu haben. Zumindest aber ein richtiger Schritt.
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