newsletter AlbanienSchweizer Zeitschrift
für die Zusammenarbeit mit Albanien |
|||
Bücher
|
Zwischen Kreuz und Halbmond Empfehlenswerte Leküre mit vielen schönen Bildern: Das Begleitbuch zur geplanten grossen Albanien-Ausstellung in München Bücher haben ihre »fata« - und manche Bücher mehr als andere. Dieses gehört dazu. Die Idee liegt schon ein paar Jahre zurück, die Idee einer umfassenden kulturhistorischen Ausstellung über Albanien, und des dazugehörenden Begleitbuchs. Doch die Umwälzungen und Verwerfungen, die Albanien in diesem Jahren erlebt hat, haben die Verwirklichung immer wieder hinausgeschoben. So ist jetzt wenigstens das Buch vollendet. Und die Ausstellung werden Sie - so hoffe ich - in unserem Hause im Jahre 2000 sehen können. Das Staatliche Museum für Völkerkunde besitzt einen reichen Fundus von Albanica. Dies werden wir zeigen, dazu aber, sonst geht es nicht, die schönsten Leihgaben aus Albanien. Albanien ist für einen Museumsmann eine verlockende terra incognita: ein altes Land mit reicher Kultur, wo Griechen und Römer, Byzantiner und Osmanen bedeutende Bauwerke und große Kunst hinterlassen haben, wo eine vielfältige traditionelle Kultur bis in unsere Tage lebendig geblieben ist, wo die fünfzigjährige schlimme Abgeschlossenheit des Landes zum Teil vieles bewahrt hat; diese Kultur soll vorgeführt werden und ist Inhalt des Buches, das vielleicht letzte lebendige Stück des alten Mittelmeers. Der Titel der Ausstellung war mir von Anfang an klar: Albanien war im längsten Teil seiner Geschichte ein Land zwischen den Reichen und Kulturen: Seit der Reichsteilung 395 an der Schnittstelle zwischen Ostrom und Westrom, zwischen abendländisch-katholischer Kirche und dem orthodoxen Glanz von Byzanz gelegen, zwischen dem »Westen« und der im 15. und 16. Jahrhundert modernen und nüchternen Türkei, und schliesslich in unserem Jahrhundert wieder an der Peripherie einer Welt, diesmal der kommunistischen. Kurze Zeit nach der Konzeption der Ausstellung fiel das kommunistische Regime auch in Albanien in sich zusammen. Das hat nicht nur in praktischer Hinsicht die Ausstellungsidee für ein paar Jahre blockiert, es bot auch die Chance, entschlossen nach einer neuen Konzeption zu suchen: Schwerpunkt ist jetzt, neben der Evokation des alten Mittelmeers, der schönen Volkskunst mit ihren geheimnisvollen Hirtenstäben und bunten Trachten, die kirchliche Kunst. Byzanz hat in Albanien einige seiner schönsten Ikonen hinterlassen. Dank der Großzügigkeit der albanischen Leihgeber kann erstmals in Deutschland eine größere Zahl jener prächtigen Kunstwerke gezeigt werden, bei denen die Albaner zu den Regeln, die sie aus Byzanz erhielten, ihre eigene Welt, das Leben ihres Alltags, mit seinen auch fröhlichen und naiven Szenen hinzukomponierten, und wo große Meister wie Vater und Sohn Onufri kühn das byzantinische Gold durch warmes Rot ersetzten. Dieses Begleitbuch und die Ausstellung setzen aber auch einen entschieden zeitgenössischen Akzent: Der erste Aufsatz des Buches stammt von Pjetër Arbënori, den das kommunistische Regime 28 Jahre ins Gefängnis und ins Lager gesteckt hat, weil er als junger Mann eine sozialdemokratische Partei gründen wollte. Wie schreibt ein solcher Mann, dem man sein ganzes Leben gestohlen hat? Da ist niergendwo Bitterkeit und Härte, sondern Wärme, Fröhlichkeit, Witz, tiefe große Menschlichkeit. Ähnlichkeiten finden sich bei Pater Pëllumbi, und vielleicht hat das Blut der Opfer eine Mutter Teresa zu dem werden lassen, was sie geworden ist. Wie sehr man differenzieren muß, wo der schmale Grat zwischen Mut und Opfer verläuft, sollte aus dem Aufsatz über Isamil Kadare deutlich werden. Daß Albaniens bedeutendster Schriftsteller zu den packendsten Erzählern der europäischen Literatur gehört, darf in Deutschland noch entdeckt werden. Was wünscht ein Museumsdirektor seiner Ausstellung und, vorab, diesem Buch? Nicht bloß, daß beide ein zahlreiches Publikum finden, sondern vor allem das Überspringen des »Funkens«, der Faszination, die von diesem Land ausgeht, das die Natur auf kleiner Fläche mit unmäßiger Schönheit ausgestattet hat - schneebedeckten Gipfeln, den wilden Schluchten des Balkans, unberührten Stränden, Antike überall und dazu die Offenheit, Gastfreundschaft, Herzlichkeit seiner Menschen: das alte Mittelmeer. Hier ist es bewahrt. Prof. Dr. Walter Raunig, Direktor des Staatlichen Museums für Völkerkunde, München »Albanien zwischen Kreuz und Halbmond«, Herausgeber: Werner Daum, Pinguin-Verlag (& Umschau Verlag), ISBN 3-7016-2461-5, im Museum günstiger erhältlich. - Probeabonnements |
© newsletter Albanien: Wiedergabe von Text und Bildern in irgendeiner Form nur mit Genehmigung der Redaktion |