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Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Fr, 02. Jul 2010, 14:13
von volkergrundmann
Interior Minister Lulzim Basha asked Prefects and Regional Police Directors to take extra security and safety measures during the tourism season, to make sure that the tourists visiting the country this summer spend safe and secure holidays. Basha instructed the border police to ensure a quick and safe border crossing for the entering and exiting tourists, and also called on the prefects to facilitate their movement around the country. Basha also took care to point out the need for tougher measures against the irregular use of jet skis in the maritime areas close to beaches and excessive noise on the same. Basha ordered the police to seize all jet skies violating these safety precautions, and also disallow their usage by unauthorised personnel.

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Mi, 07. Jul 2010, 8:30
von Backpacker
Es gibt ohnehin wenige Länder, in denen ich mich sicherer als in Albanien fühle.

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Mi, 07. Jul 2010, 20:59
von volkergrundmann
Backpacker hat geschrieben:Es gibt ohnehin wenige Länder, in denen ich mich sicherer als in Albanien fühle.
Subjektiv kann ich das nachvollziehen, objektiv halte ich solche Sätze für bedenklich, weil sie den Eindruck einer falschen Rundum-Sicherheit erwecken. Auch Albanien hat eine Kriminalstatistik, die mag besser sein, als die der Nachbarländer, aber beklaute Touristen und schwerwiegendere Vorfälle, sogar Morde oder Verschwinden von Touristen gibt es, wenn auch in geringer Zahl, eben doch. Schon aus diesem Grunde ist auch in Albanien Vorsicht angebracht.

Für junge Leute um so mehr, da einige davon dazu tendieren, das althergebrachte Verständnis der Albaner von Gastverhalten zu verletzen. Das kann nicht nur sofort ins Auge gehen, sondern auch auf lange Sicht die Touristen-freundliche Grundhaltung in Frage stellen. Wenn du allein die hier im Forum gemeldeten Fälle zusammen nimmst, wirst du sehen, dass der Prozess bereits eingesetzt hat.

Oder, um es noch deutlicher zu sagen, mein Eindruck ist, der Punkt, wo sich Touristen in Albanien am sichersten fühlen konnten, ist bereits überschritten, es geht bergab!

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Do, 08. Jul 2010, 7:28
von Backpacker
Ja und nein. Natürlich ist Albanien kein Paradies ohne Kriminalität. Es wäre auch sehr seltsam, wenn es anders wäre. Und sicher hat schon so ziemlich jeder, der das Land bereist hat, seine ganz persönlichen Erfahrungen gemacht. Ich denke da nur an abzockenden Sammeltaxifahrer...

Trotzdem liegen weiter Welten zwischen dem unglaublich schlechten Ruf, den Albanien hat, und der Realität, die überaus friedlich und gastfreundlich ist. Im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Ländern - z.B. Moldawien, Ukraine, aber auch Rumänien und Bulgarien - ist Albanien weiterhin ein extrem sicheres Land.

Ich persönlich teile auch deine etwas pessimistische Sicht nicht so ganz. Solange Albanien weiterhin vom Massentourismus verschont bleibt, bleibe ich verhalten optimistisch. Klar, die Zeit, in der man der einzige Tourist weit und breit war, ist vorbei. Und natürlich gibt es mittlerweile auch Touris, die sich wie Sau benehmen. Aber der Regelfall ist doch weiterhin der vereinzelte Individualreisende, der sich aufrecht für Land und Kultur interessiert.

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Do, 08. Jul 2010, 10:17
von volkergrundmann
Backpacker hat geschrieben: Trotzdem liegen weiter Welten zwischen dem unglaublich schlechten Ruf, den Albanien hat, und der Realität, die überaus friedlich und gastfreundlich ist. Im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Ländern - z.B. Moldawien, Ukraine, aber auch Rumänien und Bulgarien - ist Albanien weiterhin ein extrem sicheres Land.

Ich persönlich teile auch deine etwas pessimistische Sicht nicht so ganz. Solange Albanien weiterhin vom Massentourismus verschont bleibt, bleibe ich verhalten optimistisch. Klar, die Zeit, in der man der einzige Tourist weit und breit war, ist vorbei. Und natürlich gibt es mittlerweile auch Touris, die sich wie Sau benehmen. Aber der Regelfall ist doch weiterhin der vereinzelte Individualreisende, der sich aufrecht für Land und Kultur interessiert.
Das stimmt, mit Rumänien und Bulgarien möchte ich Albanien keinesfalls verglichen wissen.

Aber was die Art der Touristen betrifft, da fürchte ich, irrt deine Statistik. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Individualisten, ich schätze, bis zu einem Drittel, sind heute Motorradfahrer aus deutschsprachigen Landen. Deren Gehabe, die Kaltschnäuzigkeit, mit der viele von ihnen durch die Landschaft brettern, teilweise auch ihr extremes, militant erscheinendes Outfit, wirkt auf die albanischen Jugendlichen mittlerweile sehr provozierend. Sie schießen sich auf diesen Gegner buchstäblich ein. Es ist kein Wunder, dass hier im Forum bereits mehrfach über Steinwürfe und andere Angriffsversuche berichtet wurde.

So toll das Land für Motorradfahrer sein mag (und sie stellen wohl gut die Hälfte meiner Buchkunden), objektiv passt die Art, wie die meisten von ihnen reisen, nicht zu den albanischen Erwartungen. Sie wirken auf die Albaner wie Eindringlinge, und es sollte mich nicht wundern, wenn wir bald von schwerwiegenderen Problemen hören.

Verfasst: Do, 08. Jul 2010, 14:16
von rob
Volkers letztem Beitrag möchte ich voll und ganz zustimmen; ich erlaube mir hier aber eine Zusatzbemerkung, die mir persönlich schon länger sauer aufstößt: aus vielen, vielen Beiträgen ist eine gewisse Selbstverständlichkeit herauszulesen, was die Entdeckung hinterster Winkel mit 4WD betrifft; wenn z.B. 2 panzerähnliche Ungetüme, vollgeklebt mit allerlei markigen Aufschriften und Stickern aus aller Herren Länder, mit entsprechender Geräuschentwicklung bis kurz vor die Benja-Brücke vorstossen (lieber Volker: dein so stimmungsvolles Bild am Reiseführereinband) und safarigestylte Typen dort dann die Thermalquellen besichtigen, so ist das für mich schlichtweg KEIN Beispiel dafür, wie man sich behutsam und respektvoll fremder Lebensart und fremder Natur anzunähern hat; damit ich das relativiere: der Reiz, Fremdes entdecken zu wollen und auch zu können, bestimmt in einem hohen Ausmass auch meine eigenen Sehnsüchte. Ich kann jedenfalls nur hoffen und einladen, dass sich jeder ernsthaft damit auseinandersetzt, auf welche Art und Weise er fremde Länder besucht und vor allem, ob sein Verhalten hoffentlich so ist, dass bei der einheimischen Bevölkerung Akzeptanz und Verständnis möglich wird.

Verfasst: Do, 08. Jul 2010, 18:54
von vdb01
Moin moin,
ich war vor zwei Wochen für zwei Wochen mit dem Moped als Alleinfahrer in Albanien.

Das war mein dritter und bisher längster Aufenthalt.

Die Sicherheit ist meines Erachtens (bis auf meine Erfahrungen mit Steinewerfern im Bereich Nange, die aber einen entgegenkommenden Daimler abgeschossen haben) derzeit für Touristen noch kein Problem.

Die Sorge, dass die Panzerfahrer und sog. Biker in Horden die Stimmung mit ihrem einnehmenden Auftreten verändern könnten teile ich.

Es ist so schon schwierig genug (wegen der angenehmen Zurückhaltung und der Sprachprobleme), Kontakt zu Albanern zu bekommen - wenn es sich ergibt (Fußball-WM sei Dank), dann werden die Gespräche aber auch schnell sehr persönlich (... warum hast Du keine Frau? ...).

Wenn die aber die o.g. die Sau durchs Dorf treiben oder die Landschaft durchpflügen (guck mal Liebling, da steht steht ein Albaner) - na dann Nacht Mattes.

Eine vergleichbare Entwicklung habe ich übrigens vor ca. 30 Jahren im tiefsten Baskenland erlebt.

MfG
Heinz

Verfasst: Do, 08. Jul 2010, 20:29
von volkergrundmann
Ich habe zur Entwicklung des Tourismus als Wirtschschaftszweig, zumindest was Albanien betrifft, aber auch eine Vielzahl ähnlicher Länder, eine ausgesprochen fatalistisch- pessimistische Auffassung. Es wird in Albanien z.B., keiner kommen und die Schlüsselindustrien der modernen Gesellschaft aufbauen. Alle Hoffnung auf einen albanischen Schwermaschinenbau, auf Autoindustrie oder Elektronik ist vergebens, genau so, wie das auch in Griechenland in dreißig Jahren EU nicht geklappt hat. Es bleiben Bodenschätze, Bauindustrie, Landwirtschaft, sonstige Dienstleistungen, aber davon kann zumindest Albanien nicht reich werden. Tourismus birgt wenigstens ein bisschen Hoffnung, für eine relativ breite Schicht der Bevölkerung ein bisschen Arbeit zu schaffen und dem Land insgesamt zu einigem Einkommen zu verhelfen. Immerhin schafft es Italien auf 12% seines BIP, Griechenland auf 8%.

Am Tourismus verdienen kann aber nur ein Land, das so viel Touristen wie irgend möglich einwirbt. Diesen Prozess umwelt- und kulturverträglich zu gestalten, geht vermutlich überhaupt nicht. Es wird immer eine Industrieentwicklung sein, die hochgradig vernutzt und zerstört. Am günstigsten gestaltet sich die Bilanz vermutlich noch dort, wo Touristen nur in Hotel-Ghettos hausen können und durchs Land nur im gecharterten Bus in Gruppen transportiert werden können.

Albanien aber hat sich mit den Bauvorgängen in Durres, Shengjin oder auch Saranda, ebenso aber mit dem schlechten Unterhaltungszustand seiner Sehenswürdigkeiten, selbst die Grundlage entzogen, wenigstens solchen einigermaßen gezähmten Tourismus zu bekommen.

Dem Land bleibt, diejenigen willkommen zu heißen und ausdrücklich anzuwerben, die am meisten zerstören, weil sie auch diejenigen sind, die derzeit das meiste Geld im Lande lassen. Es ist nicht von ungefähr, dass ein Teil der albanischen Werbestrategie besonders auf die Geländefahrer aller Sorten zielt, diese nehmen Hotels, statt kostenlos im Wohnwagen zu kampieren, essen und trinken am Abend ordentlich in den Gaststätten, Benzinsteuer zahlen sie nicht wenig. Durch ihr naturgemäßes Verhalten laufen aber die Prozesse der Entfremdung zwischen der Bevölkerung und den Touristen fatalistisch unaufhaltsam, werden unausweichlich zum Konflikt.

Mein Motto für alle meine Buchkunden, so paradox das klingen mag: Leisten Sie ihren Beitrag zur Zerstörung des Verhältnisses zwischen Einheimischen und Touristen in Albanien jetzt, dann erleben Sie wenigstens noch was. In ein paar Jahren haben es andere sowieso getan und Ihnen wird vieles nicht mehr möglich sein.

Als Autor habe ich ein Gutteil dazu beigetragen, mit den Individualtouristen insgesamt die einzigen Leute ins Land zu bringen, auf die Albanien zur Zeit überhaupt hoffen kann. Dummer Weise habe ich damit in besonderer Weise Gelände- und Motorradfahrer her gebracht und leiste damit meinen besonderen Beitrag zum großen Werke der Zerstörung. Auf geht´s, denn es geht nicht ohne dem!

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Fr, 09. Jul 2010, 7:46
von Backpacker
Das stimmt, mit Rumänien und Bulgarien möchte ich Albanien keinesfalls verglichen wissen.
O.K., aber auch Rumänien und Bulgarien, ja sogar Moldawien und die Ukraine sind im internationalen Vergleich relativ sicher. Kein Vergleich zu weiten Teilen der dritten Welt.
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Individualisten, ich schätze, bis zu einem Drittel, sind heute Motorradfahrer aus deutschsprachigen Landen. Deren Gehabe, die Kaltschnäuzigkeit, mit der viele von ihnen durch die Landschaft brettern, teilweise auch ihr extremes, militant erscheinendes Outfit, wirkt auf die albanischen Jugendlichen mittlerweile sehr provozierend. Sie schießen sich auf diesen Gegner buchstäblich ein. Es ist kein Wunder, dass hier im Forum bereits mehrfach über Steinwürfe und andere Angriffsversuche berichtet wurde.
Richtig. Das sind genau die Touristen, die ich meinte, als ich schrieb, dass sich einige wie Sau benehmen. Ich denke da nur an die reizende Hells-Angels-Gruppe, die mir vor ein paar Jahren in Durres begegnet ist. Man kann es keinem Albaner verübeln, wenn er auf dieses Pack schlecht zu sprechen ist.

Dass Motorradfahrer bis zu einem Drittel der Touris ausmachen, hatte ich so nicht wahrgenommen, aber du wirst vor Ort die Lage besser beurteilen können. Wenn man wie ich als Individualreisender mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem bescheidenen Kleinwagen durch das Land reist, begegnet man natürlich in erster Linie Einheimischen und Individualtouristen, die einem selbst ähneln. Diese Motorrad - und 4x4-Horden haben wir immer bewusst gemieden.
Albanien aber hat sich mit den Bauvorgängen in Durres, Shengjin oder auch Saranda, ebenso aber mit dem schlechten Unterhaltungszustand seiner Sehenswürdigkeiten, selbst die Grundlage entzogen, wenigstens solchen einigermaßen gezähmten Tourismus zu bekommen.
Prinzipiell würde es ausreichen, einen etwas geordnet wirkenden Ort mit typischen Neckermann-Hotelbunkern und zwei Clubhotels an die Küste zu setzen. Die Chancen dafür sehe ich im Süden nach wie vor. Ein Problem ist natürlich die Flughafenanbindung. Drei Stunden mit dem Bus von Tirana ist für Touristen nicht wenig. Von Korfu aus dürfte es nicht viel schneller gehen.

Überlegenswert wäre aber auch, was für Möglichkeiten es beim Ökotourismus geben könnte. Das hat z.B. in Siebenbürgen in einigen Orten ziemlich gut funktioniert. Aus meiner Sicht natürlich die klar bessere Variante gegenüber diesen ekligen Hotelburgen.

Re: Fühlt euch gut und sicher

Verfasst: Fr, 09. Jul 2010, 9:16
von volkergrundmann
Backpacker hat geschrieben:
Prinzipiell würde es ausreichen, einen etwas geordnet wirkenden Ort mit typischen Neckermann-Hotelbunkern und zwei Clubhotels an die Küste zu setzen. Die Chancen dafür sehe ich im Süden nach wie vor. Ein Problem ist natürlich die Flughafenanbindung. Drei Stunden mit dem Bus von Tirana ist für Touristen nicht wenig. Von Korfu aus dürfte es nicht viel schneller gehen.

Überlegenswert wäre aber auch, was für Möglichkeiten es beim Ökotourismus geben könnte. Das hat z.B. in Siebenbürgen in einigen Orten ziemlich gut funktioniert. Aus meiner Sicht natürlich die klar bessere Variante gegenüber diesen ekligen Hotelburgen.
Wir dürfen gespannt sein: Der Straßenbau an der Küste - ich komme gerade von da - ist in eine neue Fase übergegangen. Man hat jetzt tatsächlich fast alle Wege zu Küstenplätzen asfaltiert. Es gäbe jetzt die Chance, eine solche "Neckermann"-Musteranlage z.B. am Nordrand von Dhermi zu bauen. Die Bauaktivitäten dort haben nach der Straßensanierung dorthin fast blitzartig begonnen. Was ich aber einzig sah: Kleinhotels, die wieder nicht den Standard der großen Tour Operators erfüllen. Wird sich ein potenter Investor für eine Großanlage nach internationalen Ansprüchen finden, oder schätzt man die Lage als zu weit vom Flughafen ein, die touristische Umgebung als zu dürftig? Werden die vermutlich vielen Grundeigentümer die erforderliche Fläche für eine Großanlage zu erschwinglichem Preis geschlossen verkaufen?

Für Öko-Tourismus fehlen meines Erachtens die Grundlagen, vielleicht in Theth oder Vermosh, aber die finanzielle Potenz der Leute reicht nicht für die Basisinvestition - auch Ökotouristen sind keine Primitivtouristen.
Im Grunde geht es überall erst mal um Investitionsmittel. Mit Klein-Klein wird es noch Jahrzehnte dauern, das bringt kein Geld ins Land.

Verfasst: Fr, 09. Jul 2010, 9:48
von ALI
Hallo miteinander,

ich fahre selbst einen Geländewagen und verfolge diese Diskussion deshalb mit Interesse. Möchte aber darauf hinweisen, dass die weiter oben bereits erwähnte Sau, die durchs Dorf gejagt wird, nun auch hier angekommen ist.

@ Backpacker, die meisten 4x4-Fahrer verhalten sich auf Reisen sehr zurückhaltend, am bereisten Land, den Leuten und deren Kultur gegenüber interessiert und aufgeschlossen. Dies wird, nach meiner Erfahrung, von den Einheimischen nicht negativ bewertet. Es ist dabei egal, ob man zu Fuß, per Bus, Bahn, PKW, Geländewagen oder Motorrad reist.
Du hast geschrieben:
„Diese Motorrad - und 4x4-Horden ...", das ist die Sau, die jetzt auch hier gejagt wird.

Es trifft sicher gelegentlich zu, hat aber mit Individualreisen nichts zu tun.

Verfasst: Fr, 09. Jul 2010, 10:16
von Backpacker
Für Öko-Tourismus fehlen meines Erachtens die Grundlagen, vielleicht in Theth oder Vermosh, aber die finanzielle Potenz der Leute reicht nicht für die Basisinvestition - auch Ökotouristen sind keine Primitivtouristen.
Ist in Rumänien nicht anders gewesen. Da hat man die Sache zum Teil über internationale Stiftungen finanziert. Ich kann bei Gelegenheit mal die Details heraussuchen.

Außerdem @Ali: Sorry, meine Bemerkung war sicher zu pauschal. Keine Frage. Leider hat man Negativbeispiele immer am besten im Gedächtnis. Das gilt sowohl für 4x4s als auch für Motorradfahrer. Hells Angels sind z.B. auf keinen Fall mit dem durchschnittlichen Motorradreisenden vergleichbar.

Verfasst: Fr, 09. Jul 2010, 13:32
von 5SterneAI
Ein wirklich interessanter Thread.

Ich habe bei meinem Besuch im letzten Jahr keinerlei (merkbare) Übervorteilung, Aggresivität, Kriminalität o.ä. in Albanien erlebt. Im Gegenteil: Soviel Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Unterstützung findet man in anderen Ländern sehr selten.

Allerdings sind wir nicht unvorbereitet aufgebrochen, sondern haben uns mit Sitten und Gebräuchen der Albaner intensiv beschäftigt und diese auch unbedingt vor Ort respektiert.

Es stimmt mich ein wenig traurig, dass die Stimmung jetzt wohl etwas umschlägt und die Besucher etwas weniger rücksichtsvoll sind. So wird die Basis für beide Seiten zerstört... (sorry, ich mußte das jetzt einfach mal loswerden)

Verfasst: Sa, 10. Jul 2010, 7:18
von Backpacker
Habe noch einmal nachgeschaut. Der Ort Viscry in Siebenbürgen, den ich in Sachen Ökotourismus im Hinterkopf hatte, wurde durch die Mihai-Eminescu-Stiftung und die Deutsche Stiftung Welterbe gesponsert.

Das heißt natürlich nicht, dass es - gerade in Zeiten knapper Kassen - problemlos möglich ist, ähnliche Projekte auch in anderen Ländern zu initiieren. Immerhin befinden sich allerdings Butrin, Berat und Gjirokastra bereits auf der Liste des Weltkulturerbes. Wie schizophren andererseits schon hier die Vorgaben sind, zeigt, dass Apollonia offenbar nicht auf der Liste steht. Warum das so ist, kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.

Dafür befindet sich mit der "Stari" Most in Bosnien ein Bauwerk aus dem Jahr 2004 auf der Liste, während die bosnische Königsstadt Jajce weiter dringend auf Fördergelder wartet, um die lediglich beschädigten Häuser wiederherzustellen...

Verfasst: Sa, 10. Jul 2010, 11:38
von volkergrundmann
Siebenbürgen in Deutschland = starke Lobby, viel Geld
Albanien in Deutschland = Anti-Lobby, kein Pfennig

Voraussetzung für Dorf-Förderung ist letztlich auch nur das Vorhandensein von bedeutender historischer Substanz, die ist eben in den altdeutschen siebenbürgischen Wehrdörfern gegeben.

Hier in Albanien wäre nicht mal Vermosh förderbar, denn was sollte da gefördert werden? Es gibt nichts Historisches dort. Zuerst bliebe mal, in Theth weiter zu machen. Die Schweizer haben ja den Blutturm gerettet, aber mit dem Museumshaus auf dem Solitärfelsen ist wohl immer noch nichts passiert. Was eigentlich ist in Theth dann noch? Der Ort lebt doch eigentlich auch nur von der Fama, die die GTZ (oder genauer, Ismail Beka) geschaffen haben, die architektonische Substanz ist doch beklagenswert gering.

Ich wüsste einige Dörfer mit wirklich erhaltenswerter Substanz in den südlichen Bergregionen, aber da sind die Einwohner fast alle weggezogen und die Substanz verfällt so rapide, dass bald nichts mehr zu retten sein wird.

Apollonia besteht doch ausschließlich aus der Vorderfassade des Agonotheten-Hauses, sonst is nix, selbst das Amfitheater haben sie zum Bau von Berat als Steinbruch benutzt. Wenn sie so einen Popel-Platz auf die Liste setzen, dann müssten sie auch Byllis (mit viel größerer Berechtigung), Amantia, Antigonea, Sofratik, Orikum auf die Liste setzen - und noch hundert andere Plätze im Balkan dazu. Diese Inflation hält die Kulturerbe-Liste nicht aus. Eigentlich ist schon Butrint eine Zumutung, denn wieviel ganz ähnliche Plätze, und von historisch größerer Bedeutung, gibt es in der Türkei oder in Griechenland?

Verfasst: Sa, 10. Jul 2010, 20:40
von Keiner
5SterneAI hat geschrieben: Ich habe bei meinem Besuch im letzten Jahr keinerlei (merkbare) Übervorteilung, Aggresivität, Kriminalität o.ä. in Albanien erlebt.

Ich auch nicht.

Aber einmal hatte kurzfristig ich den dringenden Verdacht, dass jemand versucht, mich massiv übers Ohr zu hauen. In einem Ort namens Leskovik habe ich in einem Cafee einen Capuccino und ein Mineralwasser zum Munde geführt. Ich lasse mir die Rechnungsbeträge immer auf einem Zettel notieren und da stand: 2.000. Ich war etwas geschockt, habe meine Geldbörse geöffnet und darum gebeten, den Rechnungsbetrag zu entnehmen. Entnommen wurden 200 Lek.

Des Rätsels Lösung ist wohl, dass dort irgendwann so was ähnliches wie eine Währungsreform stattgefunden hat und die Dame, weit jenseits der 70, sich nicht an die neue Verrechnungseinheit gewöhnen wollte.

In Korca ist das in einer Kneipe noch mal passiert, allerdings war dieser Mitarbeiter höchstens Mitte 30.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass das Flächendeckend so ist und ihr immer nur 10% des geforderten Rechnungsbetrages zahlen müsst.

Verfasst: Sa, 10. Jul 2010, 22:11
von volkergrundmann
Die frappierende Fortexistenz dieses Fänomens kann für Neureisende nicht oft genug dargestellt werden. Ich glaube, so etwas in dieser Hartnäckigkeit gibt es in keinem Lande. Diese Währungsumstellung liegt viele Jahre zurück, wohl fast zehn Jahre, aber mindestens drei Viertel der Marktfrauen rechnen immer noch in Tausendern, für sie ist die Zeit grotesk stehen geblieben.

Als Ausländer ist man dadurch oft verunsichert, besonders in Grenzfällen, wo man wirklich nicht weiß, wie hoch die Ware hier bewertet wird. Mir ist es noch vor kurzem mit einem Maisbrot so gegangen, der Verkäufer sagte mir, 300. Ich denke, verdammt teuer, aber Maisbrot ist eben was exotisches und vielleicht ist das hier eine besondere Sorte. Er protestierte, als ich ihm 500 gab, ob ich nicht Kleingeld hätte. Auch ich zeigte ihm mein Portemonaie, um zu beweisen, dass ich die 300 nicht klein hätte (so was kann man nur in Albanien noch tun, nirgendwo anders im Balkan!). Er fischte sich drei Groschen raus und sagte danke.

Verfasst: So, 11. Jul 2010, 6:40
von hoval789
Auch ich habe mich mit der Umrechnerei Alte Lek - Neue Lek meiner Frau oft amüsiert. Dann kommt noch dazu, dass ich auch manchmal noch ganz gerne in Schilling rechne, noch dazu wo doch (Neue) Lek und Schilling ein praktisches Umrechnungsverhältnis von 10 : 1 hatten.

Also umrechnen: Alte Lek - Neue Lek - Schilling - Euro. Alles klar ??

lg ho.

Verfasst: So, 11. Jul 2010, 12:11
von Belifario
volkergrundmann hat geschrieben:Die frappierende Fortexistenz dieses Fänomens kann für Neureisende nicht oft genug dargestellt werden. Ich glaube, so etwas in dieser Hartnäckigkeit gibt es in keinem Lande. Diese Währungsumstellung liegt viele Jahre zurück, wohl fast zehn Jahre, aber mindestens drei Viertel der Marktfrauen rechnen immer noch in Tausendern, für sie ist die Zeit grotesk stehen geblieben.

Als Ausländer ist man dadurch oft verunsichert, besonders in Grenzfällen, wo man wirklich nicht weiß, wie hoch die Ware hier bewertet wird. Mir ist es noch vor kurzem mit einem Maisbrot so gegangen, der Verkäufer sagte mir, 300. Ich denke, verdammt teuer, aber Maisbrot ist eben was exotisches und vielleicht ist das hier eine besondere Sorte. Er protestierte, als ich ihm 500 gab, ob ich nicht Kleingeld hätte. Auch ich zeigte ihm mein Portemonaie, um zu beweisen, dass ich die 300 nicht klein hätte (so was kann man nur in Albanien noch tun, nirgendwo anders im Balkan!). Er fischte sich drei Groschen raus und sagte danke.

diese Währungsumstellung ist wenn ich mich nicht irre sogar in der 60-er jahren gemacht worden! und es ist für die albaner ein ganz normale "unnormalität", man sagt 100 und meint 10 lek!
ein tipp frag wieviel es in euro ist.

Verfasst: Mi, 21. Jul 2010, 8:21
von karo
war ja nur kurz in albanien, aber vieles, was hier steht, scheint mir mehr als richtig.
das land hätte gigantisches potential, das es für den tourismus, der auch devisen bringt, nutzen könnte, wären die kulturdenkmäler in besserem zustand - z.b. apolonia.
meine erfahrung mit der bevölkerung ist positiv, obwohl wir 4x4 unterwegs waren und im defender auch geschlafen haben. ich denke, es ist wie überall auf der welt: wenn man den menschen mit respekt begegnet, versucht, zumindest die höflichkeitsfloskeln,grüßen, in der landessprache hinzubekommen, dann wird man auch freundlich behandelt.
mit aggressivität waren wir nirgendwo konforntiert, einzig ich als frau wurde immer wieder wie eine ware angeglotzt (kenne ich aber auch aus griechenland), das hört aber immer sofort auf, wenn mein reisebegleiter mit einem blick zu den glotzern klar stellte, dass diese frau zu einem mann gehört.
ansonsten denke ich, dass die entwicklung ähnlich wie in griechenland sein wird, wo man vor 35 jahren noch der "xenos" war und jetzt unter "touristes" fällt, schlicht unter devisenbringer.
auch denke ich oder hoffe ich, dass die jungen menschen ihre wirtschaftliche chance in einem ordentlichen toruismus erkennen können, der auch anspruchsvolleren gästen einiges bieten könnte. potential hat das land.
ich wünsche albanien ein aufwachen aus einem - für touristen wie mich ansprechenden - dornröschenschlaf, ohne die gleichen bausünden wie z.b. griechenland zu begehen. denke da mit schaudern an die terrassen, die in den wald in der bucht von parge gesprengt werden, um hotels zu bauen...

karo