Dolmetscherin gesteht, Drogenhändler vor Ermittlern gewarnt zu haben
Mimoza M. hat vor dem Landgericht München I sehr lange aus ihrem Leben erzählt, sie hat ausführlich von ihrer Arbeit als Dolmetscherin im Kosovo und in Deutschland berichtet, und sie hat am Ende auch gestanden, was ihr die Staatsanwaltschaft vorwirft: Mimoza M. hat für die Polizei die Telefongespräche einer Gruppe von Heroindealern aus München übersetzt - und im Juni vergangenen Jahres eben diesen Drogenhändlern verraten, dass ihnen die Beamten auf der Spur sind. Nur auf eine Frage konnte oder wollte sie keine Antwort geben: Warum sie die Dealer vor der Polizei gewarnt hat?
Mimoza M. ist 32, hat schwarze Haare und ein blasses Gesicht, angeklagt ist sie wegen Strafvereitlung in sechs Fällen. Sie ist selbst Kosovo-Albanerin und wurde in Kiel geboren. Seit 2002 besitzt sie die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie ist zweisprachig aufgewachsen, hat eine Zeitlang Jura und Germanistik in Pristina studiert und schon 1999 begonnen, als Übersetzerin und Dolmetscherin zu arbeiten. Vom Landgericht Kiel, so erzählt sie, sei sie 2003 beeidigt worden, so dass sie fortan auch vor Gericht oder bei Polizeiverhören übersetzte. Ihre weitere berufliche Karriere ist bewegt: Mimoza M. arbeitet in der Schweiz für ein kosovo-albanisches Frauenmagazin, sie ist in Pristina im Wirtschafts- und Finanzministerium tätig, unterrichtet in dieser Zeit aber auch an einer Sprachenschule für Kinder, später ist sie für die Schweizer Botschaft tätig. Schließlich wird sie von der KFOR, der Nato-Schutztruppe im Kosovo, engagiert: Sie sei, erklärt sie vor Gericht, seit Juli 2006 die Dolmetscherin und damit so etwas wie die rechte Hand des damaligen Nato-Truppenbefehlshabers Roland Kather gewesen.
Im Mai vergangenen Jahres reist sie zum Urlaub nach Deutschland, wo sie mit einem Übersetzer in Kontakt kommt, der für die Polizei tätig ist. Dieser bittet Mimoza M., ihren Urlaub zu verlängern, da er dringend eine Übersetzerin für die kosovo-albanische Sprache brauche. Die Verlängerung wird genehmigt, sie reist nach München und beginnt die Arbeit für die Polizei. M. übersetzt SMS und Gespräche von abgehörten Telefonen. Es handelt sich um die Handys einer Gruppe von Heroindealern aus Albanien, die in München zwischen April und Juli 2008 knapp ein Kilogramm Heroin in München verkaufte.
Nach einem langen Arbeitstag Anfang Juni flaniert Mimoza M. über den Marien- zum Odeonsplatz, wo ein Bundeswehrorchester spielt - und entschließt sich, so berichtet sie, spontan dazu, die Rauschgifthändler zu warnen. Bei den Dealern angelangt, schreibt sie auf albanisch auf einen Zettel: "Tu die Karte raus, denn sie hören euch ab, die Polizei hört euch ab." Sie geht nach Hause und macht am nächsten Tag mit der Arbeit weiter. Nun sind die Leitungen quasi tot, in einem letzten Telefonat, das sie selbst übersetzt, ist von einem Vorfall mit einer Blondine die Rede - gemeint ist Mimoza M. selbst. Kurz darauf steht ein Polizist vor ihr und sagt: "Wir gehen davon aus, dass du es bist." Sie wird festgenommen.
Seit 225 Tagen sitzt die Frau, die selbst nie mit Drogen zu tun hatte und bislang ein unbescholtenes Dasein führte, nun in Untersuchungshaft. Warum sie es getan hat? "Ich weiß es nicht, ich habe weder Geld noch Drogen verlangt, als ich die Männer gewarnt habe", sagt sie. "Es war, als ob jemand gesagt hätte: Du gehst jetzt da hin und machst das." Der Prozess wird fortgesetzt.
http://www.sueddeutsche.de/254382/004/2 ... ch-ab.html
Begegne dem Menschen mit gutem Charakter.