Shonya hat geschrieben:Ok, auch wenn Privatsache, will ich das das Bild schon gerade hängt...kann aber lang werden
so hat sich mein bild von dir einfach komplettiert. mehr hatte ich nicht gemeint. du hast schon recht, ich sah tatoos, welche musik du magst usw., so daß ich dachte du bist eine moslima (und das ist NICHT wertend gemeint, finde ich gar nicht schlimm), die es eben von geburt aus ist, aber im grunde nicht wirklich darin lebt.
Ja von Geburt an stimmt schon...aber das ist dann nicht der Rest der Geschichte...da kam zwischendrin noch so viel, da komm ich gleich noch zu.
Was heißt es als Muslim zu leben, aber nicht darin? Mir geht es wie sehr vielen Muslimen überall auf der Welt...ich habe mich entschieden für mich und mein Leben nicht alles annehmen zu können und zu wollen, was sich noch ändern kann oder auch nicht...der Unterschied zu vielen anderen: ich stehe offen dazu. Natürlich muss ich mich dafür bei anderen Muslimen oft rechtfertigen. Warum ich Tatoos habe, warum ich ausgehe, warum ich kein Kopftuch trage, warum ich selten die Moschee besuche usw.
Als ich noch recht jung war, hat mich das ziemlich beeinflusst, ging sogar in die Richung, dass ich mich fast abgewendet hätte...aber dann macht man sich so seine Gedanken...was ist der Unterschied zwischen mir, die sich anzieht wie sie es für richtig hält und dem Typen an der Ecke mit seiner Gebetskette (der bei jeder Gelegenheit obs passt oder nicht: "Inschallah" sagt), dabei aber Frauen gierig anglotzt und versucht sie ins Bett zu bekommen? Was ist der Unterschied zwischen dem Mädchen, dass tagsüber ein Kopftuch trägt und von allen für heilig erklärt wird, Abends sich aber heimlich (und natürlich umgezogen und geschminkt) in den Parks mit wechselnden Typen rumtreibt und mir, die für jeden sichtbar einen Freund hat?
Liebt Allah mich weniger, weil ich die "Sünden" nicht verberge? Ist Allah überhaupt so strafend, wie es mir so viele Menschen weiß machen wollen? Oder liebt er uns alle gleich? Haben andere mehr Daseinsberechtigung im Islam als ich? Oder sind wir alle willkommen, auch mit unseren Fehlern? Und wo soll ich hin, wenn ich mich nunmal in dieser Religion zuhause fühle, in den anderen aber nicht...wenn mir diese Religion mit ihren Gebeten, Traditionen das Herz erwärmt?
Ich für mich habe entschieden, dass Gott mich liebt und zur rechten Zeit immer recht leiten wird, so wie es mein ganzes Leben war und sein wird. Ja, ich rauche, ich kleide mich wie es mir gefällt, ich bin tätowiert, manchmal trinke ich sogar Alkohol und ich halte mich von der "Religionsgemeinschaft" weitgehenst fern...aber: ich bin eine ehrliche Haut, ich helfe gerne, bin bemüht diese Welt in meinem Rahmen zu verbessern, stehe auf wenn Unrecht geschieht, ich bilde mich weiter und bemühe mich, die richtigen und ehrlichen Wege zu gehen.
Es gibt keinen Zwang im Glauben, ein wichtiger Satz im Koran...leider oft ignoriert...für die "Sünden" oder nicht "Sünden" werden wir uns alle alleine rechtfertigen müssen...es gibt Gott und dich und Gott und mich, zusammen werden wir niemals Rechenschaft ablegen. Und mir ist egal, was andere Muslime davon halten...wenn sie mit den Fingern auf mich zeigen müssen, um von ihren eigenen Sünden abzulenken, dann sollen sie es halt tun...
nicht weil du jünger bist kannst du das nicht beurteilen, sondern weil du (noch) keine eigenen kinder hast. ist fakt und auch nicht mit stiefkindern (die du ja nicht seit geburt hast) oder männern zu vergleichen. du liebst sie, kein frage, aber das ist eine andere art der liebe. du magst es als quatsch mit soße bezeichnen. und da lächel ich - und zwar wissend, nicht arrogant. weil diese liebe nicht in worte zu fassen ist und ich mich mit dir freuen werde.
Ja, das hörte ich bereits einige Male
aber ich würde meine kinder eben, im unterschied zu dir, nicht einer narkose und den schmerzen aussetzen, wenn es nicht medizinisch notwendig ist.
Guck und genau da ist der Unterschied...für mich ist die Beschneidung notwendig...es geht für mich kein Weg daran vorbei.
Estra sagte, man müsse die Jungs selber entscheiden lassen...nur wann wäre das richtige Alter? Wenn man das Alter der Selbstbestimmtheit erwählen würde, wäre es nach meinem Verständnis so um 15-20...da wird die Beschneidung auch nicht schöner. Gerade wenn man bedenkt, dass Jungs in dem ALter ihren Körper noch nicht so unter Kontrolle haben, die Hormone aber verrückt spielen, sehr schmerzhaft dann
Wenn mein Sohn später kein Muslim sein wollte, stünde ihm diese Tür natürlich zu...denn Weg könnte er auch ohne Vorhaut gehen.
ich habe dich das nie gefragt, bin aber davon ausgegangen, daß deine deutsche mutter keine moslima ist und auch ihre einflüsse hatte. meistens hat ja die mutter, da sie mehr zeit mit dem kind verbringt,auch den größeren einfluß.
Meine Mutter ist auch keine Muslima. Wir haben, als meine Eltern noch verheiratet waren, Weihnachten genau wie Bayram gefeiert. Beide haben ihre Religionen so gelebt, wie sie es wollten. Dann haben meine Eltern sich getrennt. Meine Mutter hat dann auch wieder mit Schweinefleisch gekocht...als Kind hab ich das alles nicht so recht überblickt, hab dann auch mit gegessen. 2 meiner großen Schwestern sind zum Christentum konvertiert (sind heute beide nicht mehr religiös). Meine Mutter hat mich auch zum Konfirmandenunterricht geschickt...bin da einmal hin gegangen und dann nie wieder, es hat mir genau 0 gesagt oder gegeben. Mein Vater war nicht immer streng praktizierend (als ich klein war, hat er aber schon 5x am Tag gebetet), er hat sich nie groß eingemischt, wollte es uns selbst überlassen. Ich bin dann als Kind mit in die Moschee gegangen, hab auch den Koranunterricht besucht.
Dann kam die Pupertät und ich wollte lieber frei und unabhängig sein, hab mich mit Religion oder Gott nicht mehr groß auseinander gesetzt, meine Mutter hat mir auch alle Freiheiten eingeräumt, mein Vater hatte Frau und 3 kleine Kinder + eine Firma und war auch ein wenig überfordert mit einer schwer pupertierenden und wiederspenstigen Tochter. Die Rebelion hatte natürlich zur Folge, dass bestimmte Muslime mich ausgegrenzt haben, mich nicht mehr als Mitglied ihrer Religion sahen (dabei taten ihre Kinder die selben Sachen wie ich, nur eben im Verborgenen). Hatte von meiner Seite natürlich noch mehr Rebelion zur Folge.
Dann kamen die Zeiten, in der ich angefangen habe mir Fragen zu stellen...ich bin Allah wieder näher gekommen...hab wieder wahr nehmen können, wie sehr er mich schützt, auf mich achtet und trotz allem immer da war. Ich habe gemerkt wie es mir inneren Frieden schenkt im Koran zu lesen und mich wieder mit dem Islam auseinander zu setzen. Ich bin dann eben meinen ganz eigenen Weg gegangen...habe viel gelesen, Gespräche mit verschiedenen Muslimen gesucht...und ich habe fest gestellt: so anders bin ich gar nicht...die wenigsten praktizieren den Islam so, dass sie unfehlbar wären. In meinem Verständnis ist Islam nicht das, was viele aus ihm machen wollen...soviele Menschen tun im Namen des Islams Unrecht und dieses Bild wird von den Medien und einigen Nichtmuslimen dann als Wahrheit über die Muslime übernommen. Wir dürfen nicht töten und auch keinen Selbstmord begehen (was sich in die Luft sprengen ja zur Folge hat). Es werden immer wieder bestimmte Suren auseinander gepflückt, um zu beweisen, dass der Islam als Religion gewalttätig wäre. Ich bin nicht gewalttätig und die Mehrheit der Muslime ist es auch nicht.
Wie oft habe ich gehört, ich könne keine Muslima sein...ich trage ja kein Kopftuch und gehe frei meine Wege...was für ein Blödsinn... wir sind 1,6 Milliarden Muslime auf der Welt und wir haben kein Erkennungszeichen das Kopftuch heißt. Glaube ist etwas, dass man in sich trägt, eine Privatsache, die man nicht mit dem Auge messen kann. Ja, es gibt keinen Zwang im Glauben.
Und ich brauche nicht diese freiwillige Kontrolle von anderen Menschen, die mich dann als Muslima für gut oder schlecht befinden. Es steht ihnen schlicht und einfach nicht zu.
Meine Mutter fand das alles nie toll. Ich glaube sie hat da was übersehen: das Kind eines Muslims, ist Muslim...kann sich aber natürlich anders entscheiden. Ich habe mit ihr so manche Diskussion geführt, weil ich mich weigerte Schweinefleisch zu essen. Sie meinte es ist Fleisch wie jedes andere...heute isst sie gar kein Fleisch, trinkt keine Milch, isst keine Eier mehr (oder sehr wenig) und versucht mich in regelmässigen Abständen auch dazu zu bringen, auf Fleisch zu verzichten.
Sie ist ihren ganz eigenen Weg im Glauben gegangen...sie ist seit ich 16 bin mit einem Aliviten liiert/verheiratet und die 2 haben sowas wie ihre eigene Religionsgemeinschaft oder so
Sie lesen so Bücher wie "Gespräche mit Gott" und alles mögliche über die 3. Demension/die Geisterwelt/Wiedergeburt und seit einiger Zeit beschäftigen sie sich auch noch ziemlich eingehend mit der veganen Lebensweise.
Ich werde regelmässig mit solchen Büchern "beglückt"...manches ist ganz interessant, anderes stösst mich komplett ab und grenzt schon an Fanatismus.
Das Thema Islam meide ich weitgehenst mit meiner Mutter...sie ist sonst sehr tolerant, kann aber auch ganz schön übergriffig werden, wenn es um den Islam geht. Ich muss ihr dann die Grenzen aufzeigen...sie kann machen und glauben was sie will, soll aber auch mir dieses Recht eingestehen.
Nicht das es falsch rüberkommt: ich liebe meine Mutter sehr und meinen Stiefvater auch...sie sind goldige Menschen, es gibt wenig Menschen, die so hilfsbereit und menschlich sind wie diese Beiden. Ich bin glücklich wenn sie es sind...auch wenn sie einen kleinen "Knall" haben (wer hat den nicht)
So und nun kommt noch mein Mann ins Spiel...was Religion angeht waren wir uns immer recht einig...wir mischen uns gegenseitig nicht ein. Was bleibt ist unser gemeinsames Gefühl zum Islam, wir blicken in die selbe Richtung...das war mir sehr wichtig bei der Wahl meines Ehemannes.
Es macht vieles leichter, dass wir in bestimmten Dingen die selbe Einstellung haben.
Sorry Kasiunia, wenn ich Deine Thema gesprengt habe...aber so ganz ab vom Schuss ist es ja auch nicht...es ist mal der Einblick in das Leben eines Menschen, der binational ist und aus einer bi-religiösen Familie stammt