RomanoMölter hat geschrieben: ↑Mo, 25. Mai 2020, 10:13
da ich hier Interesse für die albanischen Eisenbahnen entdeckte, wollte ich nur mal kurz sagen, dass es jetzt ein umfassendes Buch zu diesem Thema gibt. Ich habe über 20 Jahre daran gearbeitet, denn mein erster Besuch in Albanien war April 1997. Da habe ich mich während der Unruhen in Land, Bahn und meine künftige Frau verliebt. Das Ergebnis ist soeben erschienen (Die vergessene Eisenbahn - ISBN: 978-3-902894-87-8):
http://www.rmg-verlag.at/publikation-no ... rtrait.htm
Ein schönes Buch für Eisenbahnliebhaber und eine wertvolle Ergänzung zu den Werken von Gürsch und der DGEG, die Statusberichte aus den 80er Jahren und aus Mitte der 90er Jahre bieten. Reich ist die Recherche für die vorkommunistische Zeit. Neben dem Niedergang der HSH haben auch aktuellste Entwicklungen wie Albrail und der Anschluss von Rinas Eingang gefunden. Einzigartig ist wohl auch die Detailgenauigkeit in manchen Bereichen (zB Auflistung von Anschlussgleisen und natürlich der Entwicklung bei Lokomotiven und Rollmaterial).
Der Einbezug von albanischen Quellen und albanischer Literatur ist sicherlich auch sehr wertvoll. Neue westliche Literatur zu einzelnen Teilaspekten etc. wurde auch berücksichtigt. Inwieweit der Autor wie im Vorwort behauptet Fehlinformationen aus der Welt schaffen konnte (insbesondere was Fake News aus dem Internet anbelangt), wurde mir nicht ganz ersichtlich (habe aber auch noch nicht ganz alles gelesen). Nicht nur in diesem Zusammenhang vermisse ich natürlich Quellenangaben.
Auch die Qualität und Vielfalt der Fotos ist erwähenswert und stellt alte Publikationen in den Schatten.
Der Autor verfügt ganz klar über viel Fachwissen zum Eisenbahnwesen allgemein und zu den Entwicklungen in Albanien im Speziellen. Dass er sich nicht in jeden Aspekt der albanischen Geschichte vertieft hat, kann entschuldigt werden. Schade ist die mangelhafte sprachliche Umsetzung – dabei meine ich gar nicht Typos wie
Okridsee (wiederholt), historische Schreibweisen wie
Gramš, zahlreiche Rechtschreibefehler und fehlerhafte Interpunktion: Aber wenn jemand so liederlich mit albanischen Ortsnamen und Personennamen umgeht (Pogradeç & Seleniçë (immerhin konsequent), Schusice, Rrhogozinë, inkonsequente Verwendung von ë resp. e), fragt sich schon, wie genau er beim Erfassen und Publizieren endloser Zahlenreihen oder anderer Details ist. Nicht ganz klar ist mancherorts auch, auf welchen Zeitabschnitt sich eine Aussage bezieht. Auch da wären Quellen dem genauen Verstädnis dienlich. Und die aufwändigen Recherchen hätten mit mehr Sprachkenntnissen wohl noch mehr Erkenntnisse zu Tage gefördert.
Leder ist das Buch auch Opfer der Krise im Buchhandel. Hier wurde an Lektorat und professioneller Gestaltung gespart, was leider auch die Lesefreude etwas einschränkt. Aber trotz all meinem Gemotze: Ich habe grosse Freude daran.
Etwas irritierend ist auch, dass die angegebene ISBN weder im Buchhandel noch in einem Bibliothekslatelog auftaucht.