Albanien von Meike Gutzweiler liegt druckfrisch in der 3., neu bearbeiteten und aktualisierten Auflage 2018 vor.
Der ansprechend gestaltete Reiseführer ist gegenüber der Vorauflage um 36 auf 635 Seiten angewachsen, der Preis bleibt mit 22,50 EUR stabil. Ausführlicher wird in der dritten Auflage insbesondere Tirana mit 13 Seiten und Südalbanien mit 8 Seiten vorgestellt, 2/3 der Ortsbeschreibungen entfallen weiterhin auf den Süden des Landes. Unter den Exkursen ist ein neuer Beitrag über
Cultural Heritage without Borders (ChwB), der über die örtlichen Initiativen der Kunsthandwerker von Gjirokastra informiert (S. 376).
Der überwiegende Teil der Fotos (einschließlich Titelfoto) wurde neu ausgewählt (verschiedene Bildautoren), was den Reiseführer sehr frisch erscheinen lässt. Die zahlreichen Stadtpläne sind übersichtlich und enthalten viele Details; ein echter Pluspunkt bei Reise Know-how, wenn man diese Pläne mit dem Layout des Trescher-Verlages vergleicht.
Nicht befriedigend fallen weiterhin die acht Regional-/Übersichtskarten aus, auf denen die einzelnen Reiseziele schön mit Fähnchen und Seitenzahl markiert sind. Auch wenn erkennbar der Versuch unternommen wird, nur die allgemein befahrbaren Straßen in gelb hervorzuheben, so wird dieses Prinzip u.a. bei den Nationalstraßen nicht durchgehalten und sehr viele mit normalem PKW unpassierbare Strecken bleiben hervorgehoben (z.B. Nordzufahrt von Voskopoja, Amantia-Tepelena, an den Lura-Seen oder die vielfach reklamierte historische Streckenführung von Berat nach Kelcyra). Es kommt aber noch schlimmer: In die Karten der 3. Auflage wurden zahlreiche Grenzübergänge neu eingezeichnet, die für Touristen gar nicht nutzbar sind (z.B. Borje und Sopik), nicht existieren (z.B. Zogaj und Rrapsh-Starja) oder erst irgendwann in der Zukunft nutzbar sein werden (z.B. Grabon und Stebleva). Auf den Verlauf der grauen örtlichen Straßen sollten sich nicht einmal offroader verlassen, es wurde nun eine nicht vorhandene Straße über den Fierza Stausee zwischen den Dörfern Vau-Spasi und Liqe i Kuq eingezeichnet.
42.175584,20.273029 (auf Google Maps). Eine Straße soll es auch am Südufer des Koman Stausees bis Fierza geben (analog der Reise Know-how Kartographie). Alles reine Phantasie. Diese Karten taugen nur für den Überblick, aber nicht zur detaillierten Routenplanung.
Vier Jahre sind seit der letzten Auflage vergangen und inzwischen ist in Albanien viel passiert. Wichtige neue Sehenswürdigkeiten wurden eingearbeitet. Keinerlei Erwähnung findet leider die Öffnung der Insel Sazan, es gibt inzwischen organisierte Bootstouren auf die interessante ehemalige Militärinsel.
Der Recherchezeitpunkt für die neue Auflage könnte Ende 2017 gewesen sein (so erwähnt für Shkodra S.130). Leider musste ich gleich bei einer ersten eher punktuellen Prüfung feststellen, dass Aktualisierungen oder Korrekturen nur sehr selektiv vorgenommen wurden.
Die Anzahl der Bunker in Albanien wurde von 650.000 auf "wahrscheinlich etwa 200.000".korrigiert (S. 312), aus veröffentlichten alten Dokumenten wissen wir, dass zwischen 1975 und 1983 173.371 Bunker vollendet wurden.
Die Unterkunftshinweise etc. wurden ergänzt, auch einige Gästehäuser sind neu hinzugekommen, wir haben diese Gästehäuser schon im entsprechenden Foren-Thema besprochen. Aber wurden auch die alten Einträge konsequent geprüft? Ich denke nicht: In Berat wurde das Hotel Palma (S. 239) schon im Sommer 2015 abgerissen, es wird aber immer noch aufgeführt.
Die seit Ende 2016 komplett abgeschlossene Asphaltierung der Straße nach Vermosh wurde auf S. 153 "Piste nach Vermosh" und S. 155 gar ("25 km Naturpiste bis Tamara...") nicht korrigiert, Die Angabe auf S. 154 "Tal bis zum Ende durchasphaltiert" (S. 154) bezieht sich nur auf die Ortslage Vermosh. Zum Tal wird somit immer noch der veraltete Stand von 2012 vermittelt. Auch über die gute kostenlose und lokal verfügbare Wanderkarte "Kelmend the land of the living past" wird nicht informiert, statt dessen wird eine kaum brauchbare ältere Übersichtskarte verlinkt.
Dass die Straße nach Baks-Rrjoll (Velipoja) keine "sehr ausgefahrene Piste" (S.142) mehr ist, sondern gut asphaltiert, darüber hatte ich im Forum schon im August 2013 geschrieben, die veraltete Angabe zieht sich weiter durch alle Auflagen. Auch die "300 Meter lange Holzbrücke" über die Lagune würde ich lieber nicht beteten, denn der Steg ist seit mehreren Jahren nur noch ein komplett zerstörtes Fragment, das hatten wir im Forum bereits im Januar 2016 besprochen.
Für die Straße im Tal der Shushica ist der Ausbau nicht nur geplant, er läuft seit Anfang 2017 bereits. Der neu eingefügte Hinweis, dass die Straße "ab Kuc dann wirklich nur noch mit dem Allradfahrzeug" befahren werden kann (S. 282), wäre schon in den früheren Auflagen notwendig gewesen und ist mit Sicherheit einer Leserzuschrift geschuldet, denn andere Aktualisierungen (z.B. Unterkünfte) hat die Autorin dort auch nicht beizusteuern. Der Straßenzustand nach Amantia stimmt somit auch nicht mehr, die "4 km lange Schotterpiste" (S. 288) zur Abzweigung vor dem archäologischen Park ist seit 2014 asphaltiert. Der Bauer kassiert keinen Eintritt mehr, denn es gibt dort offizielle Museumsleute und ein Kassenhäuschen.
In der Region Gramsh liegt der Liqeni Banjes nicht mehr zeitweise trocken (S. 475), der neue Stausee ist seit 2016 geflutet.
Über die Koman-Fährverbindung auch für Fahrzeuge kann man jetzt nachlesen (S.167): Es gäbe "zwei Fähren, die auch Fahrzeuge transportieren".Auf der nächsten Seite werden dann die Dragobia und die Berisha genannt. Die Dragobia transportiert aber nur Personen. Die größere Alpin und die Rozafa werden nicht genannt.
Die exotischen und nicht klar verorteten Ziele (insbesondere Höhlen), die immer mal in die Ortsbeschreibungen eingestreut sind, findet man nach wie vor: So den von Volker mehrfach im Forum monierten "Karakoll-Wohnturm in Puka-Kokdodë". Wie schon früher
besprochen ist dieser Turm nicht in der Nähe von Puka, sondern nahe des Koman Stausees (Fierza) zu finden und für normale Touristen unerreichbar. Es ist sogar fraglich, ob die Kulla in Kokdoda jetzt noch steht. Solche gewagten und extrem schwer erreichbaren Sehenswürdigkeiten gehören ohne Detailinformationen nicht in einen Reiseführer.
Die Links im Buch hätte man wenigstens überprüfen können, ich habe sofort mehrere inaktive gefunden (S. 184, 278)
Auch kleine Fehler, die an anderen Stellen schon bemängelt wurden, konnten nicht ausgemerzt werden: So führen am Ohrid See im Dorf Lin schon seit der 1. Auflage "enge Gassen zum Meer hin". Es gibt in Lin aber weder ein Meer noch verschiedene Gassen, die zum Wasser führen.
Ich denke, man könnte die Liste der kleinen und größeren Fehler und Ungenauigkeiten fast endlos weiterführen.
Vielleicht sind euch ja noch andere Punkte der Neuauflage positiv oder negativ aufgefallen?
Grundsätzlich ist der Reiseführer weiterhin ein guter Begleiter auf Albanien Reisen, der detailreich informiert und gut auf das Land einstimmt. Leider liegt nun nur eine sehr notdürftige Neubearbeitung vor, die sorgfältiger hätte ausfallen müssen. Das Buch wird den zwischenzeitlichen Veränderungen im Lande in vielen Detailpunkten nicht gerecht.
Eine mögliche Alternative sehe ich nur im neuen Trescher Reiseführer (1. Auflage 2018), der jedoch deutlich schmaler ausfällt. Inhaltlich ist der Band von Dietze/Alite deutlich besser als die frühere Bearbeitung von Ndarurinze, die Aufmachung der Trescher Reiseführer ist jedoch generell nicht mein Fall.