Di, 21. Aug 2007, 10:47
Mein Vater hat bei RTK gearbeitet. Das war nicht kurz vor dem Krieg, sondern etwas länger davor. Besonders in der Zeit, als die Demonstrationen anfingen und zunahmen, also in den 80-ern. Mein Vater arbeitete zunächst als "Gazetar ne televizion". Irgendwann wurde er aus diesem Posten entlassen, weil er Sendungen machte, die den Serben nicht passten, zu Recht natürlich, sodass er dann nur als "Lektor" arbeiten durfte. Eines Tages wurden mein Vater und zwei andere plötzlich entlassen, die Serben wollten sie endgültig raus haben. Als sie am selben Tag draußen auf dem Hof saßen, kam der Direktor von RTK raus und fragte sie, was sie da machen. Sie erzählten es ihm und er sagte ihnen, dass sie ab morgen wieder bei der Arbeit erscheinen sollen, ganz gleich was die Serben gesagt haben. Mein Vater sagt noch heute, dass das damals kein anderer Albaner gemacht hätte, schließlich widersetzt er sich den Vorschriften der Serben. Das war auch der Grund, wieso besagter Direktor dann ins Ausland fliehen musste, nachdem die Serben RTK ganz schließen wollten.
JA, ich würde es glauben. 1. weil vor ihr tausend andere ähnliche Geschichten erlebt und erzählt haben, 2. weil ich an dem menschlichen Versand und der Moral appeliere, dass keine Frau, der sowas grausames zugestoßen ist, dieses Erlebnis auch noch ausschmückt und Dinge dazu erfindet, 3. sind für mich solche Dinge nicht des Wunderns wert, schließlich waren die Serben so und ich glaube es bereitwillig, wenn man bedenkt, zu was sie sonst noch in der Lage waren.
Ich kenne eine Geschichte, die habe ich mal im Fernsehen gehört und seitdem nie wieder vergessen, obwohl die schon so viele Jahre zurückliegt. Ich habe sie aus dem Grund nicht vergessen, weil sie für mich zu der Zeit das grausamste war, was ich je gehört habe. Und auch wenn ich sie mit den anderen Geschichten vergleiche, die über all die Jahre hinzu gekommen sind, bleibt mir diese so stark in mein Gedächnis verankert, das man glaubt sie habe dort Wurzeln geschlagen.
Es ging um eine Großfamilie, die mit dem Traktor aus ihrem Dorf durch den Wald flohen. Dort wurden sie plötzlich von den serbischen Paramilitärs angehalten, die sie aufforderten auszusteigen. Sie trennten Männer von den Frauen und Kindern. Der Eine packte eine junge Frau aus der Menge, die Nuse von dem Sohn der Frau, die diese Geschichte später publik gemacht hat, fesselte sie an einem Baum und vergewaltigte sie vor den Augen aller, vor ihren Kindern, ihrem Mann, ihren Schwiegereltern und allen anderen, die dort anwesend waren. Kannst du dir vorstellen, wie grausam das für sie gewesen sein muss? Kannst du dir nicht vorstellen, wie grausam das für ihren Mann gewesen sein muss, dass man seiner Frau sowas antut und er nichts dagegen unternehmen kann?
Später sagte der eine zu dem Sohn, er solle das Benzin aus dem Traktor nehmen und erst alle anderen Männer damit übergießen und schließlich sich selbst. Er weigerte sich, weil er natürlich wusste was sie vorhaben, doch er wurde natürlich bedroht und hielten seinem Vater ein Gewehr an dem Kopf, sodass sie abknallen würden, wenn er es nicht tut. Also tat er es. Zu den Frauen sagten die Serben, sie sollen gehen, die ganze Zeit nur gehen. Ganz gleich was sie hören, sie sollen nur gehen und sich kein einziges Mal nach hinten drehen. Wenn sich auch nur eine umdreht, werden alle erschossen. Die Frau erzählte, dass sie, als sie einige Meter entfernt waren, plötzlich die Schreie ihrer Söhne, ihres Mannes, ihrer Brüder und der anderen männlichen Verwandten hörte, die von den Serben verbrannt wurden.
Bei solchen Geschichten, solchen und vielen anderen, in der die bestialische Fanatsie der Serben voll aufblühten, wundert es mich, wie man sagen kann, die Serben haben uns noch nicht mal die Sprache verboten.
Solche Geschichten verstärken meinen Stolz gegenüber jener Männer, die in einer solchen schrecklichen Lage, in der Kosova an seinem schwächsten Punkt angelangt war, die Stärke fanden aufzustehen und zu kämpfen, auch wenn sie vorher wussten, dass es vielleicht hoffnungslos ist und sie nie wieder zu ihren Familien zurückkehren werden.
... Jeder Gewinn, der Ehre kostet, ist ein Verlust ...
... Eine handvoll Heimaterde ist mehr wert als zehntausend Pfund fremden Goldes ...
... Nicht wo du die Bäume kennst, sondern wo die Bäume dich kennen, ist deine Heimat ...