So, 01. Jul 2007, 20:13
Mutter brach es das Herz
„Wir waren seit Tagen im Wald. In den Bergen von Çiçavica lief die größte Offensive seit Anfang der Kämpfe. Es war der 22. September 1998. Wir waren 14 Leute aus unserer Familie und 70 Leute insgesamt aus unserem Dorf. Sie umzingelten uns von allen Seiten und wir konnten nirgends mehr fliehen oder Nahrung besorgen. Nach drei Tagen war der Vorrat an wilden Früchten aufgebraucht. Die Kinder fingen an heftig zu weinen, manche von ihnen wurden schwer krank und sie hatten keine Hoffnung mehr zu überleben. Ihre hungernden Körper drohten zu sterben und ihren Seelen schienen vor Angst zu ersticken.
Es war Mittag als paramilitärische Soldaten uns alle versammelten. Sie trugen Tücher um ihre Köpfe und ihre Gesichter waren bemalt. Unsere Männer wurden einzeln an die umliegenden Bäume gebunden. Später kam ein Lastwagen, in dem sie die Männer einschlossen. Dann nahmen sie unser Geld, den Schmuck und alles andere Wertvolle. Sie drohten uns mit dem Tod der Kinder, um dadurch unseren Willen zu brechen und weitere Wertgüter zu erhalten. Einer Frau, die versuchte ihnen das Automatikgewehr zu entreißen, nahmen sie den 2-jährigen Sohn weg und schnitten ihm das Ohr und drei Finger ab. Mein Bruder versuchte trotz der gebundenen Hände tätig zu werden. Sie nahmen ihn, entkleideten ihn vor allen Augen und schnitten ihm die Genitalien ab. Meine Mutter und meine Schwägerin bewegten sich nicht. Ich wollte zu ihm laufen, da er sich nicht mehr bewegte. "Ich werde dich mit seinem Organ vergewaltigen“, sagte einer der Polizisten zu mir, während zwei andere mir die Hände fesselten und mich am Lastwagen festmachten. Ich versuchte Widerstand zu leisten, doch dann schlugen sie so stark auf meinen Kopf ein, dass ich das Bewusstsein verlor. Als ich wieder zu mir kam, war ich ausgezogen und weiterhin gefesselt. Einige Meter weiter vergewaltigten sie eine andere Frau oder Mädchen, das ich nicht kannte. Vor meinen Beinen kniete meine weinende Mutter. „Sie haben deinen Bruder samt seiner Frau getötet“, sagte sie zu mir. Vielleicht tat sie es, weil es ihr das Herz brach. "Vielleicht ist es besser wenn du auch stirbst", flüsterte sie. „es wird leichter für mich sein, wenn ich einsam bin.“ Ich zitterte am ganzen Körper; ob vor Kälte, Angst oder Schmerzen habe ich nicht mehr wahrnehmen können. Um uns herum waren unzählige Leichen. Überall lagen Fingerteile, Händeteile und Ohren. Später kam ein Polizist zu mir. „Weil du jungfräulich warst, werde ich dich zur Frau nehmen“, sagte er zu mir. „Du wirst mit mir nach Serbien kommen und dort werden wir uns ein Nest bauen, genau so wie es sich unser Präsident Milosevic vorgestellt hat; dass alle serbischen Jungs mit Albanerinnen verheiratet sind und dass sie dann serbische Kinder gebären und dass wir alle albanischen Männer in Kosova töten. Sag mir, wirst du mir ein Sohn schenken?“, fragte er mich und vergewaltigte mich dann vor den Augen meiner Mutter. Ich weiß nicht wie lange er mich schändete; aber als ich die Augen öffnete, war sein Körper blutüberströmt. Meine Mutter saß weinend neben mir. Einige Frauen hatten die Leichen bereits nebeneinander gelegt. Eine andere Frau kam auf mich zu und versuchte mir irgendetwas anzuziehen. Doch in diesem Moment war mir meine Nacktheit gleichgültig. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein. Mein Bauch schmerzte, ich schämte mich und die Vergewaltigung hinterließ bei mir das Gefühl, schmutzig zu sein. Jemand gab mir ein wenig Wasser und dann kleidete ich mich an. Ich hatte kein Gefühl mehr. Tote Körper waren um mich und ich verstand nicht, warum ich den Tod so sehr herbeisehnte. Ich wollte sterben; mehr als alles andere. Mutter stand nur neben mir und weinte; dieses Mal sagte sie nichts. Eine Frau kam zu mir und bat mich die Wunden ihres sechsjährigen Sohnes, dem sie die Finger abgeschnitten hatten, zu versorgen. Ich versuchte es, aber meine Hände funktionierten nicht. Ich schaffte es kaum ihm die Wunden mit einem Hemdfetzen zu verbinden. Später begruben wir die 18 Leichen. Mutter bekam bald darauf hohes Fieber. Im Wald fanden wir ein Aspirin für sie. Nachdem sie die Tablette genommen hatte, sagte sie: „Es war ein Fehler diese Medizin zu nehmen. Vielleicht braucht sie jemand anderes. Ich habe ein gebrochenes Herz und die Medizin kann mir nicht helfen. Ich sterbe an einem gebrochenen Herzen, das mehr wegen dir als wegen deinem Bruder und deiner Schwägerin gebrochen ist. Meine Tochter, verheimliche nichts und erzähle alles".
„Mit diesen Worten starb auch meine Mutter und ich blieb ganz alleine und dazu noch schmutzig“, sagte das Mädchen aus den Wäldern von Çiçavica.
Das ist nur ein kleiner ausschnitt von dem Buch.
Es handelt sich um 15 frauen die schreckliches erlebt haben.