Fr, 19. Mai 2006, 18:47
Einzelschicksale:
Zitate von betroffenen Frauen und Mädchen
„Ich kann nie genug Schlaf bekommen. Ich gehe immer um 4 oder 5 Uhr früh schlafen, nachdem ich das Café sauber gemacht, die Tische aufgewischt, das Geschirr gewaschen, das zerbrochene Glas weggeräumt habe... Ich bin so erschöpft... Ich kann nie gleich schlafen... Um 10 oder 11 Uhr Morgen rufen sie uns wieder, und wir müssen die Zimmer aufräumen, uns um die Betten und die Wäsche kümmern... Manchmal kommen schon ganz früh Gäste, und wir müssen sie bedienen. Wir werden wie Tiere gefüttert, ganz oft bekommen wir nur Reste... Bis ca. 11 Uhr müssen wir Gäste bedienen, und danach müssen wir mit den Gästen aufs Zimmer gehen ...“
(17-jähriges Mädchen aus dem Kosovo)
„ Ich war gerade auf dem Weg zur Schule und bemerkte, dass mich eine junge Frau von der Nähe des Schulhofs aus beobachtete. Ich ging in einen Börekladen. Die fremde Frau kam zu mir, bot mir einen Börek an und bezahlte ihn. Nach einigen Tagen freundeten wir uns an. Eines Tages schlug sie mir vor, eine Fahrt mit ihrem Auto zu unternehmen. Ich ging mit.... Der Fahrer war ein Mann. Als ich nachfragte wohin wir fahren, sagte sie mir, dass wir eine alte Stadt besuchen würden, in der ich noch nie gewesen sei. Tatsächlich brachte man mich dorthin und hielt mich drei Wochen in einem Motel fest. Vier Männer vergewaltigten mich. Ich schrie, aber niemand hörte mich, denn sie hielten mir den Mund zu. Es kamen auch noch andere Männer...
Nach drei Wochen brachten sie mich in eine andere Stadt. Dort wurde ich ebenfalls gezwungen, mit jedem Sex zu haben, der in das Privathaus kam. Nach einiger Zeit ließen sie mich frei und ich ging nach Hause zurück. Aber sie ließen mich nicht in Ruhe. Sie standen vor der Tür und drohten mir, sie würden in meine Schule gehen und jedem alles über mich erzählen. Sie drohten sogar, meinen Eltern zu sagen, dass ich freiwillig mit ihnen gekommen sei. Woche für Woche wurde ich gezwungen mit ihnen zu gehen, manchmal sogar für drei Monate. Mit der Schule konnte ich nicht weitermachen, nachdem schon einige Monate vergangen waren, und ich bereits seit Anfang Oktober gefehlt hatte... Ich schäme mich und fühle mich von jedem beobachtet, als ob ich eine Kriminelle wäre und ich habe solche Angst....
Ich wurde nie bezahlt. Sie gaben mir zu Essen und zogen mir Brautkleider an. Im Winter zitterte ich vor Kälte, weil ich immer halbnackt sein musste... Wenn ich erkältet war, konnte ich nicht zum Arzt gehen. Sie gaben mir ein paar Tabletten und einen Saft, der extra für mich zubereitet wurde. Wenn ich zu Hause war, verließ ich die Wohnung nicht mehr. Meinen Eltern habe ich nie erzählt, was mir passiert ist, weil ich Angst hatte und mich so schämte. Bis es zu viel für mich wurde...“
(13-jähriges albanisches Mädchen aus dem Kosovo)
„ Letztlich landete ich in einer Bar im Kosovo, [in der ich] eingesperrt und zur Prostitution gezwungen [wurde]. In der Bar wurde ich nie bezahlt, ich durfte nicht alleine ausgehen, der Besitzer wurde mit der Zeit immer gewalttätiger; er schlug und vergewaltigte mich und die anderen Mädchen. Er sagte, wir seien sein „Eigentum“. Durch den Kauf von uns hätte er das Recht uns zu schlagen, uns zu vergewaltigen, uns verhungern zu lassen und uns zu zwingen, mit den Freiern Sex zu haben.“
(Frau aus Moldawien, allein erziehend, 21 Jahre alt)
„Wenn ich mich weigerte [mit den Freiern Sex zu haben] wurde ich bedroht. Er richtete das Gewehr auf meinen Kopf und sagte: "Wenn du das nicht in der nächsten Minute tust, bist du tot."’ Er hatte das Gewehr, er sagte nur mache das oder du bist tot.“
(Frau, die in das Kosovo gehandelt wurde)
„ Die ganze Zeit dachte ich über eine Fluchtmöglichkeit nach. Als mich ein Klient mit seinem Auto in die nächste Stadt nahm, nutzte ich die Gelegenheit und flüchtete. Nachdem ich mich stundenlang in den Büschen versteckt hatte, klopfte ich an Türen um nach Hilfe zu fragen. Ein junger Mann öffnete mir die Tür und sagte, ich solle warten. Ich hatte Angst, dass er mich verkaufen würde, aber ich wusste, dass es nichts Schlimmeres gibt als in die Bar zurückzukehren. Er rief dann die Polizei.“
(18-jährige Frau aus Moldawien)
Stand 2004