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REVUE INTERNATIONALE D'ETHNOLOGIE ET DE LINGUISTIQUE.
SONDERABDRUCK. Α M T M P O P O Q TIRAGE Α PART.
B A N D V I I I , 1913. Α I N 1 l l l l U r U l J TOME V I I I , 1913.
INTERNATIONALE ZEITSCHRIFT FÜR VÖLKER- U. SPRACHENKUNDE.
Thrakisch-albanische Parallelen
von Dr. Franz Baron Nopcsa*
Anthropos"-Administration: St. Gabriel-Mödüng bei Wien, Österreich
Druck und Verlag der Mechitharisten-Buchdruckerei in Wien, VII.
Thrakisch-albanische Parallelen. V o n Dr. FRANZ Baron NOPCSA.
Der Versuch, prähistorische Fragen mit Hilfe der alten Ortschaftsnamen zulösen, ist bereits wiederholt gemacht worden. Wenn ich auf dieser gefährlichen
Bahn fortschreite, so geschieht dies, weil mich ein langjähriger Aufenthalt in Albanien und Siebenbürgen in die Lage setzt, einige toponomastische Be-
ziehungen aufzudecken, die bisher zum Teil wenigstens verborgen waren. Das Ziel, das mich leitete, war, die auch aus anderen Motiven erkennbare Verwandtschaft des Albanischen mit dem älteren thrakischen Kulturkreise (Butmir) und dem jüngeren alpin-bosnischen Kulturkreise (Hallstadt-Glasinac) sprachlich zu belegen. Da mir trotz ziemlicher Sprachkenntnis, und zwar namentlich des Albanischen und Rumänischen, vergleichende Sprachforschung eine unbekannte Disziplin ist, so wird man in den folgenden Zeilen Spreu mit Weizen gemischt finden. Sache der Fachgelehrten wird es sein, aus dieser mit Liebe zur Sache zusammengestellten übersichtlichen Kompilation das Richtige zu wählen. Hoffentlich bedeutet die Arbeit doch etwas mehr als paläoethnologischen Ballast. Betreffs der verwendeten Literatur sei auf das am Schluß angeführte Literaturverzeichnis gewiesen.
1. Agron (thrak.) = Agrio (Sohn des Odysseus) = Agron (ein Lydier) = Cafa Agrit (Albanien = Paß der Agr) = Agrimion (kret. Wildziege) = egr (alb.
wild). Nach M E Y E R wäre albanisch egr aus lateinisch acris abzuleiten, es käme daher hier nicht in Betracht.
2. Avl -ona, (illyr.) = Albuni (illyr.) — Alban-opolis (Illyrien) = Möns Alb-ius (illyr.). Hiezu auch die große'Gruppe „Alp". Analogien zu Möns Albius in Möns Ard-ius, Möns Reb-ius. -ona ist ein Suffix, das sich in vielen illyrischen Städtenamen findet: Flam-ona, Nar-ona, Aen-ona, Blan-ona, Her-ona, Sal-ona, Strid-ona. Die Namen Dessar-enses (vom Heros eponymos Dessaro stammend und wieNar-enses gebildet), Ditiones und Olbon-enses scheinen darauf zu deuten, daß auch die nicht überlieferten Namen Dessarona, Ditiona und Olbona existiert haben könnten. Auch in Oberitalien haben zahlreiche, nach P E N K A oft auf etruskische Eigennamen zurückführbare Ortsnamen die Endung -ona, ζ. B. Ver-ona, Vett-ona, Crem-onci, Cort-ona, Cetona. — Der Stamm Aulon
der an Avlon erinnert, findet sich, wie T O M A S C H E K hervorhebt, auch häufig inThrakien: Aulon-poris, Aulon-zelmis, Au/on-zanos, Aulon-tralis etc. T O M A S C H E K meint aus Aulon die Bedeutung „Roß" herauslesen zu können. Daß die Rosse der Gegend von Valona ( = Avlona) sogar noch im Mittelalter berühmt waren 1 ,möchte ich, ohne für T O M A S C H E K S Ansicht besonders einzutreten, nebenbei erwähnen. Persönlich war mir die Deutung Avl-ona als Weißenburg (vgl. slav.Beli-grad) lieber.
3. Arants-ona (illyr. Stadt) = Arents (alb. Stahl). Das ist nach M E Y E R ein altes Wort, das bloß im Albanischen in Gebrauch ist; ob es aber mit Arantsona parallelisiert werden darf, ist mangels weiterer Belege fraglich.
4. Amissa (Ort in Illyrien) = Arnisses, Arnissia (messap. Eigennamen) = Arnja (Ort in Albanien) = arnja (alb. Lärchenbaum).
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5. Arsia (Fluß im Japudenland) = Arsa (in Dardanien) = Möns Ardius (in den Alpen). Das Wort Ars (Genitiv Arsit) ist ein in albanischen zusammen gesetzten Ortsnamen häufiges Substantiv. Da es in Verbindung von Fusa (alb.Ebene) u. dgl. vorkommt, muß es etwas heißen. Auch gibt es einen Ort Arsti.
Arsia aus Arra (alb. Nuß) abzuleiten, scheint gewagt. Auch in Siebenbürgen findet sich das Wort Ars wieder, daselbst mit rumänisch ardje (brennen), ars
(verbrannt) zusammenhängend. Vielleicht gilt dies aber trotz anderweitigen lateinischen Einflusses (ζ. B. Pirustae = Dardaner, Val mora — Valea mare
u. dgl.) doch nicht für Albanien. Vgl. auch Arsa in Kleinasien (ex F I C K 2).
6. Aruceia (Illyrien) = arusi, auch als harusi und ari (alb. Bär). Nach M E Y E R wäre arusi ein albanisches Urwort. Daß die Illyrier Orte nach Tieren benannten, darauf weist auch Ulcinium (siehe Nr. 48, unter diesem Schlagwort).
7. Aspestos (epirotische Glosse „schnell") = speiti (alb. schnell). Der Anlaut α in Aspestos ist aus verschiedenen anderen albanischen Worten und deren
Nebenformen erklärbar, ζ. B. abrend = mbrenda, ageson =gaz, ajaste = jaste, anguse — ngust, ani — ni.
8. Ballaios (illyr. Name) = Tri-ballum (Ort in Illyrien) = Balloia (in Makedonien) == Deke-balus (Dakerkönig) = balen (phryg. Glosse „König") = Balesium (Albanien) = Bale (Bergname in Albanien und Siebenbürgen) = Bala (in Albanien gebräuchlicher Männername) = bat (alb. Stirne). Hieher ferner die
messapischen Eigennamen Bala-kros, Bala-sires, Bale-dones. Zu Tri-ballum auch der illyrische Eigenname Trito.-dones wiederholt sich in Make-dones,
Myrmi-dones u. a.
9. Bassania (Ort in Illyrien) = Bessania (in Thrakien) = Bassa-nte (Bosnien) = Bessert (thrak. Volksstamm) = Elbassan (Ort in Albanien) = bessa
(alb. trauen, versprechen) = besnik (alb. treu). Das Wort bessa wird im Albanischen auch im Sinne von „verbünden" gebraucht und ist ein albanisches
Urwort. Das anlautende El- in Elbassan findet sich auch im albanischen Orts-namen Lvrusku, dem ich den gleichfalls albanischen Ostsnamen Brustuli und
das dalmatinische Bruska (slav. Fels?) eventuell auch Brasta entgegenstellen möchte. Vielleicht ist in Lvos (Ort in Nordalbanien) auch ein analoger Anlaut
vorhanden. Vgl. auch unter Nr. 19 „Liburnien".
10. Bato (illyrischer und thrakischer Name) = Vata, Beta, Batus (alb. Namen). Us ist, wie durch Pjetr (Peter), Pjetrus (Peterchen) u. dgl. belegbar,
Deminativsuffix. Mit Bato ist zu vergleichen das balkanische Hirtenwort bais (der Oberschäfer), die troische Bateia, auch der illyrische Ort Budua. Batin-
grad, Bat-ovo (Orte in Bosnien) = bato (illyr. nach Truhelka Anführer) =•baton (georgisch Herr) = Batos (messap. Eigenname). Bei Butua könnte man
wegen des Klimas dieses Ortes auch an albanisches bat (weich, mild) denken, vetie but heißt auf albanisch „Ort mit mildem Klima".
11. Bizes (illyr. Personenname) Biza (alb. Eigenname); mit echt albanisch bits, mits, Ferkel, zusammenhängend. H A H N bringt Bits als mittel-albanischen Mannesnamen. Daß Tiernamen im Albanischen als Eigennamen verwendet werden, ist aus Dasi (Widder), Laska (Elster), Speni (wildes Tier),
Uiku (Wolf) ersichtlich.
etc.