ich habe hier einen Reisebericht von 1984.
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W. B. Bland
ALBANIEN 1984 - Reisebericht
(aus: 'Albanian Life', Nr. 29, 2/1984)
"Vor einigen Wochen erhielt ich über die albanische Botschaft in Paris eine Einladung, die Sozialistische Volksrepublik Albanien als Gast des 'Komitees für Kulturelle und Freundschaftliche Beziehungen zu Anderen Ländern' zu besuchen und machte mich dann am 18. Juni von London aus auf den Weg.
Vielleicht als Strafe dafür, dass man vorhat, nach Albanien zu reisen, muss man schon um 5.40Uhr morgens auf dem Belgrader Flughafen sein, um dort das Flugzeug, das einmal pro Woche nach Albanien fliegt, zu bekommen. Der Nachtportier des Hotels, in dem ich die Nacht in Belgrad verbrachte, teilte mir mit, dass er eigentlich Priester sei, aber während der Woche arbeite, um sein schmales Einkommen aufzubessern. Als er mir meinen Pass um 4Uhr morgens übergab, fragte er mich, wohin ich schon so früh wollte. Als ich es ihm sagte, schüttelte er traurig mit dem Kopf und sagte:
"Eine gottlose Stunde für ein gottloses Land."
"Vielleicht," erwiderte ich,
"..aber das einzige Land, das ich kenne, wo man seine Brieftasche liegen-
lassen und dennoch gewiss sein kann, dass sie noch da ist, wenn man wie-
derkommt!"
Ich wurde in Rinas herzlich von Theofan Nishku empfangen, der für die Beziehungen zu ausländischen Freundschaftsgesellschaften zuständig ist. Im späteren Verlauf des Tages traf ich den neuen Präsidenten, Jorgo Melica, der eine hohe Meinung von der Arbeit der Gesellschaft hatte und ein Programm für meinen Besuch zusammenstellte, das alle meine Wünsche berücksichtigte. Ich besuchte Korcca, Shkodra,
Gjirokastra und Saranda und Herr Nishku selbst war so freundlich und verbrachte mein ganzes letztes Wochenende mit mir in Durres. Mein Dolmetscher war ein freundlicher junger Lehrer namens Viktor Ristani, während mein Fahrer Hodo Mece vorsichtig den Wagen an jedem Kind und an jedem Huhn vorbeisteuerte. Er war äußerst stolz auf seinen neuen Volvo, den er bei jeder Gelegenheit polierte und er reagierte empört,
als der Wagen bei unserem Besuch auf der Baustelle des neuen Energiewerkes in Koman am Drin-Fluss mit Schlamm bespritzt wurde.
Albanien wandelt sich schnell und ich bemerkte eine ganze Reihe neuer Baustellen seit meinem letzten Besuch vor zwei Jahren - angefangen von dem neuen verzierten Teich mit Fontänen gegenüber dem Hotel Dajti in Tirana bis hin zu dem imposanten Skanderberg-Museum in Kruja, das die Geschichte von Albaniens Nationalhelden in lebhafter und künstlerischer Form erzählt.
Im Gebiet der griechischen Minderheit
Eines meiner interessantesten Erlebnisse im Verlauf meiner Reise war ein Besuch der griechischen Minderheit im Süden. Wir machten zuerst in dem Dorf Goranxi Halt, das im Schatten von Mali Gjere (des Weißen Berges) liegt. Es gehört zu den Kooperativen der höheren Kategorie von Lower Dropull, die 17 Dörfer umfasst, mit einer Gesamteinwohnerzahl von 10.500. In der gemütlichen, sehr schön eingerichteten Wohnung von Pano Tashi, einem Kooperativbauern im Ruhestand und seiner Familie, wurde ich mit Raki und LIokume (einer Art albanischem 'Turkish Delight'
empfangen). Ich nahm ein langes Interview mit Herrn Tashi auf. Er bestand darauf, dass sich die Zahl der griechischen Minderheit in Albanien auf keinen Fall auf die von der griechischen Regierung genannte Zahl von 400.000 beläuft, sondern auf 50.000 - etwas höher als die Zahl, die mir bei einem meiner vorangegangenen Besuche genannt worden war. Er zog die Geschichten, die von der griechischen Regierung in Umlauf gebracht wurden, ins Lächerliche, wonach die griechische Minderheit 'unterdrückt' sei. Er zeigte mir Ausgaben der in griechischer Sprache erscheinenden Tageszeitung 'Llajko Vima' (Stimme des Volkes), eine besondere Aus-
gabe der führenden Zeitung des Landes 'Zeri i Popullit'. Sie besitzt eine wöchentlich erscheinende Literaturbeilage, die ausschließlich Gedichte und Kurzgeschichten von griechisch-sprachigen Schriftstellern enthält. Er zeigte mir auch verschiedenen Bücher für Kinder und Erwachsene, die in griechischer Sprache verfasst waren und berichtete mir mit offenkundigem Stolz von den griechischen Laienspielgruppen und Folklore-Ensembles, die in der Gegend aufblühten. Auch beschrieb er mir einige der Filme aus Griechenland, die er in den vergangenen Monaten gesehen hatte.
Ich fragte ihn nach dem Bildungssystem in dem Minderheitengebiet und er berichtet mir von dem griechischen Lehrerausbildungsseminar in Gjirokastro, an dem seine Schwiegertochter ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, bevor sie ihre Lehrtätigkeit an der achtjährigen Dorfschule aufnahm. In den ersten drei Jahren findet die Ausbildung ausschließlich in der griechischen Sprache statt; im vierten Jahr werden die Kinder mit den Grundzügen der albanischen Sprache vertraut
gemacht und vom fünften Jahr an erfolgt die Ausbildung hauptsächlich auf Albanisch, wobei es Phasen gibt, in denen eine Beschäftigung mit der griechischen Sprache und Literatur stattfindet. Auf diese Weise wird das Kind zweisprachig erzogen und ist dann auch in der Lage, die weiterführenden Schulen zu besuchen (in denen auf Albanisch unterrichtet wird), so dass ihm jede Beschäftigung offensteht.
Tatsächlich war mir schon in Tirana aufgefallen, dass Mitglieder der Minderheiten einige der höchsten Positionen im Lande ausübten, wie zum Beispiel die weibliche Vizepräsidentin der Volksversammlung Vitori Curri.
Was die behauptete 'Armut' der griechischen Gemeinde beträfe, so wies er darauf hin, dass Dropull eine der reichsten Gegenden Albaniens sei und fügte hinzu, dass von den 190 Familien des Dorfes 122 einen Fernseher besäßen und 110 hätten Waschmaschinen.
Es gäbe also nicht die geringste Diskriminierung gegen die Minderheit, deren Kultur in jeder Weise gefördert werde und die Mitglieder der griechischen Gemeinschaft besäßen in jeder Beziehung die gleichen Rechte wie die Mehrheit.
Nach einer Schlussbemerkung gefragt, sagte er, dass er nie vergessen werde, dass während des Krieges das britische Volk zu den Verbündeten des albanischen gehört hätte und er hoffe, dass die beiden Völker immer Freunde bleiben würden.
Mir wurde gesagt, dass ich gerne jede andere Familie im Dorf besuchen könne, wenn jemand zuhause wäre (alle außer Rentner und junge Mütter wären jedoch bei der Arbeit), was Herr Nashi mir auch schon angeboten hatte, aber ich machte von dem Angebot diesmal keinen Gebrauch.
In dem nächsten Dorf Dervician wurde mir der neue Kulturpalast gezeigt, mit einer Kunstausstellung, einer Bücherei, einem Restaurant und einem Theater, das mit einer rotierenden Bühne ausgestattet war und in dem 470 Personen Platz hatten - und dies in einem Dorf mit knapp 2000 Einwohnern!
Das Strafrechtssystem
Ich hatte besonders um ausführliche Informationen zur Arbeitsweise des Strafrechtssystems in der SVR Albanien nachgesucht, über das in der britischen Presse häufig falsch informiert wird. In diesem Zusammenhang war Paskal Haxhi, Richter am Obersten Gericht, so freundlich, mir zwei längere Interviews zu geben, in denen er alle meine Fragen ausführlich beantwortete und mir mehrere Bücher zu diesem Thema anbot. Wenn diese übersetzt seien, würden diese und all das, was Herr Haxhi -
übrigens Mitglied der griechischen Minderheit - mir mitteilte, Gegenstand eines Artikels zu dem Thema in der Zeitschrift 'Albanian Life' werden (Zeitschrift der Albanischen Freundschaftsgesellschaft - Übers.).
Zu den interessantesten Tatsachen, die ich erfuhr, gehörte, dass die Polizei in Albanien die Pflicht hat, der Begehung einer Straftat vorzubeugen bzw. ihrer Beauftragung nachzugehen; sie hat jedoch weder das Recht der Festnahme noch der Ermittlung. Im Falle eines angenommenen Verbrechens hat sie lediglich die Befugnis, die Identität der Person festzustellen, von der sie annimmt, dass sie beteiligt
sein könnte (einschließlich der Ermittlung der Identität von Zeugen) und die Ergeb nisse einem Untersuchungsrichter zu übergeben, der allein das Recht habe, die Untersuchungen zu führen und eine Verhaftung anzuordnen.
Der Umfang der Kriminalität in Albanien, besonders der der Schwerstkriminalität, sei sehr gering aufgrund der Tatsache, dass, wie Herr Haxhi sagte, viele soziale Ursachen von Kriminalität beseitigt seien und die meisten Fälle von Kleinkriminalität würden außerhalb der Gerichte durch öffentliche Kritik u. a. Maßnahmen behandelt.
Im gesamten Verlauf des Jahres 1982 zum Beispiel seien nur 111 Personen in ganz Albanien (7% davon Frauen) wegen einer Straftat verurteilt worden und die große Mehrheit der Bestrafungen habe keinen Freiheitsentzug nachsichgezogen. Von den Verurteilungen zu Freiheitsentzug seien die meisten solche für eine Umerziehung
(was den Kern des Strafrechtssystems ausmacht) in Arbeitslagern und nur sehr schwere Verbrechen und Wiederholungstaten zögen Gefängnisstrafen, für die Albanien zwei kleinere Gefängnisse zur Verfügung hat, nach sich. Er wies mit Nachdruck darauf hin, dass Geschichten, die hauptsächlich von politisch feindseligen Emigran-
ten verbreitet worden seien, wonach Häftlinge unzureichend ernährt oder misshan delt würden, was nur dazu angetan sein könne, das fundamentale Ziel der Umerziehung zu hintertreiben, jeden Wahrheitsgehalts entbehrten. Häftlinge hätten das Recht
auf Beschwerde, die sie beim Oberstaatsanwalt einreichen könnten und allen Beschwerden müsse nachgegangen werden. Darüberhinaus besuche er - wie viele andere Richter auch - Arbeitslager und Gefängnisse regelmäßig, um festzustellen, inwieweit seine 'Patienten' Fortschritte gemacht hätten und er habe das Recht, die Beendigung einer Reststrafe anzuordnen, wenn er zu der Ansicht gelange, dass die
Umerziehung erfolgreich verlaufen sei.
Es war interessant zu erfahren, dass Gefangene in Arbeitslagern (jedoch nicht in Gefängnissen) das Recht besitzen, sexuelle Beziehungen bei den zweimal monatlichen Besuchen mit der Ehefrau oder dem Ehemann zu unterhalten, wobei dafür sogar besondere Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.
Die Todesstrafe, so Herr Haxhi, sei eine vorrübergehende und außerordentliche Maßnahme, die nur im Falle eines äußerst schwerwiegenden Verbrechens wie Landesverrat zum Zuge komme und dort, wo man zu der Auffassung gekommen sei, dass eine Umerziehung zu keinem Ergebnis führen würde. In diesem Jahr (Stand Juni 1984 - Übers.) sei kein Todesurteil in Albanien gefällt worden.
Andere Interviews
Kurz nach meiner Ankunft in dem Land hatte ich das Vergnügen, Ali Xhiku kennenzulernen, den Dekan der Geschichts- und prachwissenschaftlichen Fakultät der Universität von Tirana sowie Professor Shaban Demiraj, der den Lehrstuhl für albanische Sprache und Literatur innehat. Sie freuten sich sehr, von mir zu erfahren, dass die Londoner Universität Mittel bekommen hätte, um einen albanischen Fachbereich einzurichten und sie baten mich, Dr. Deletant auszurichten, dass man vorhabe, ihm mit Büchern oder in anderer Weise behilflich zu sein.
Ich war seit einiger Zeit dabei, über John Newport, einem Engländer, der mit Skanderberg zusammen gekämpft hatte, Material für eine biografische Skizze zu sammeln und sie arrangierten sofort ein weiteres Interview mit Experten auf diesem Gebiet, um mir zu helfen, die Quelle eines Zitats von ihm ausfindig zu machen, das in der 'Geschichte Albaniens' wiedergegeben wird. Das Ergebnis war, dass die Originalquelle sich nicht in Albanien finden lässt und ich mich anderswo suchen muss.
Ich traf auch Vaso Pano, den Direktor von 'Albturist' und unterhielt mich mit ihm über Mittel und Wege, eine weniger kostspielige Verbindung für britische Touristen, die nach Albanien reisen wollen und die nicht mit dem Flugzeug über Jugoslawien führt und nicht so anstrengend ist wie die lange Busreise, zu finden. Wenn die Jugoslawen ihren Streckenabschnitt der Eisenbahnlinie, die das albanische Eisenbahnnetz mit dem restlichen Europa verbinden wird, fertig haben, wird dies natürlich eine Lösung sein. Das Haupthindernis für die Herstellung einer schnellen und relativ
günstigen Reiseverbindung für Touristen aus Großbritannien, die nach Albanien reisen wollen (über Korfu zum Beispiel) besteht darin, dass die griechische Regierung, die sich noch im Kriegszustand mit Albanien betrachtet, noch immer nicht bereit ist zu gestatten, dass eine andere Verbindung als eine Fluglinie eingerichtet wird.
Trotzdem freute sich Herr Pano darüber, dass die Albanische Gesellschaft jetzt zum ersten Mal eine Tour in sein Land organisiert habe und versicherte mir, dass er alles in seiner Macht Stehende tun werde, um diesen Aufenthalt interessant zu gestalten.
Ich traf auch zwei Führer der albanischen Gewerkschaften - Qirjako Mino und Islam Bashari - und erhielt von ihnen viele Informationen über die Gewerkschaftsbewegung, die Gegenstand eines weiteren Artikels in dieser Ausgabe von 'Albanian Life' sein soll. Sie waren auch so nett, mir Material, einschließlich Buttons, mitzugeben, das vom Museum für die Geschichte der Arbeit in London nachgefragt worden war. Sie waren äußerst gut über den britischen Bergarbeiterstreik informiert, über den in den albanischen Medien ausführlich berichtet worden war.
Eine weitere interessante Begegnung hatte ich mit Fuad Dushku, dem Direktor der Kunstgallerie von Tirana, mit dem ich eine längere Diskussion über die Prinzipien der sozialistischen realistischen Kunst führte. Er hat angeordnet, der Freundschaftsgesellschaft einen Satz ausgewählter Farbdias von typischen Gemälden und Skulpturen, die in der Gallerie ausgestellt werden, zu schicken.
Meine letzten Begegnungen hatte ich mit Hiqmet Araqi, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Handelskammer und mit Estref Bega, dem Direktor eines Buchverlages.
Ich diskutierte mit ihnen darüber, wie man den Handel zwischen unseren beiden Ländern verbessern könne. Ich hatte mir einige Vorschlägen von Ramsey Margolis von 'Albania-General Trading Co. Ltd.' (albanische Handelgesellschaft - Übers.) machen lassen (der, wie ich feststellte, in ganz Albanien als 'der Vegetarier' bekannt ist) darüber, wie man albanische Produkte, besonders Bücher, besser auf dem britischen
Markt plazieren könnte. Sie freuten sich über diese konstruktiven Vorschläge und versprachen, sie an die verantwortlichen Stellen weiterzuleiten. Ich kam beladen mit Katalogen und Proben der meisten Produkte wieder zurück - von Chromerzen und Briefmarken bis hin zu Marmelade und Weinen - und sie werden sich bald auf dem
Wege zu Herrn Margolis befinden.
Ablenkungen
Meine Reise bestand keineswegs nur aus Arbeit. Ich besuchte eine Reihe von Kunstausstellungen, sah das griechische Folklore- und Tanzensemble im Fernsehen, das gerade zu Besuch war, und ging an einem freien Abend in Tirana ins Kino.
Ich stellte fest, dass alle Plätze für den jüngsten Film 'Das Urteil' ausgebucht waren, obwohl er gleichzeitig in mehreren Kinos lief. Deshalb zog ich mich ins nahegelegene kleine 'Agimi' ('Morgenröte')-Kino zurück und sah mir den italienschen Film zu Donizettis Oper 'Lucia di Lammermoor' an. Er hatte keine Untertitel, jedoch wurde auf Albanisch vor jedem Akt eine kurze Zusammenfassung gegeben. Meine Karte (es gab nur einen Preis) kostete 1 Lek 50 Qindarke, was etwa 15 englischen Pence entspricht (etwa 20 Cent - Übers.). In London hätte ich für den gleichen Film 2 Pfund 50 Pence zahlen müssen.
Mein sehr um mich besorgter Begleiter und Führer Viktor Ristani bestand darauf, dass ich mich in Anbetracht meines hohen Alters jeden Nachmittag vier Stunden ausruhen sollte. Ich entgegnete, dass dies Zeitverschwendung sei. Ich erinnerte ihn daran, dass wegen unseres scheußlichen Klimas die Siesta in England nicht üblich sei. Ich zitierte das alte Sprichwort aus Lancashire:
"Unter der Erde ist noch Zeit genug zum Ruhen."
Ich sagte ihm, dass ich in Wirklichkeit erst sechsundzwanzig wäre und dass mein klapperiges Aussehen nur die Folge eines ausschweifenden Lebenswandels sei. Aber vergeblich! All dies mache eine Siesta nur umso notwendiger. Dies hatte zur Folge, dass ich den Nachmittag frei hatte und herumwandern konnte, woimmer wir uns gerade aufhielten und mich nach Büchern oder Musik usw. umsehen konnte, um die Sammlung der Freundschaftsgesellschaft zu vervollständigen. Auf einem dieser Ausflüge entdeckte ich ein Handbuch über Namen albanischer und illyrischer Herkunft und als ich entdeckte, dass der Name 'Viktor' nicht dabei war, legte ich ihm dringend nahe, dass er seinen Namen bis spätestens zum 1. Dezember in 'Jaseminé' abändern lassen sollte. Er schien diesen 'shaka angleze' (englischen Witz) lustig zu finden.
Eines meiner größten privaten Vergnügen auf dieser Reise bestand darin, den Sportreporter und Romanschriftsteller Skifter Kellici kennenzulernen, dessen Roman 'Die letzten Tage eines Premierministers' ich soeben ins Englische zuende übersetzt hatte. Ein weiteres bestand darin, Faik Zeneli wiederzusehen, der auf meiner ersten Reise durch Albanien 1962 mein Dolmetscher gewesen war. Seitdem war er Botschaftsrat in Rom und später Botschafter in Tansania. Jetzt ist er Parteifunktionär in seiner geliebten Heimatstadt Shkodra, von wo aus er mich freundlicherweise nach Perlat Rexhepi, einer Staatsfarm, aber auch zum Koman-Damm und zu verschiedenen Museen begleitete.
Nachdem ich jetzt noch einmal alles Aufgeschriebene durchgesehen habe, fällt mir ein, dass ich von meinem alten Freund John Broom aus Orkney getadelt werde, weil ich keine negativen Seiten des albanischen Alltags erwähnt habe. Die Tatsache, dass ich lange nachdenken müsste, um mich an solche Dinge, die mir aufgefallen wären, zu erinnern, ist zweifellos ein Beweis dafür, dass mein allgemeiner Eindruck äußerst positiv war. Aber ja doch! Obwohl es im Überfluss Lebensmittel gibt und der Vertrieb scheint gut zu funktionieren (es gibt in fast jedem Wohnblock Lebensmittelläden, die nach einem Schichtsystem von morgens früh bis spät in die Nacht hinein geöffnet sind), fand ich es schwierig, in den Städten Waschpulver zu bekommen. Das konnte aber auch daran gelegen haben, dass ich nicht genau wusste, welcher Laden es verkaufen würde (ein 'kinkaleri', in dem man sehr viel mehr als nur Krimskrams kaufen kann, ein 'Haushaltswaren-Laden' oder ein 'Laden für verschiedene Dinge' usw.). Es schien kein Mangel an Waschpulver zu existieren (zumindest schienen mir die Kleidungsstücke der Albaner makellos sauber zu sein) und schließlich erstand ich ein Paket in einem jener Dorfläden, die alles verkaufen.
Schlussfolgerung
An meinem letzten Tag in Albanien war ich Gast eines riesigen Festessens, das sich aus sieben Gängen zusammensetzte und für mich von Herrn Melica gegeben wurde, ein Essen, das so reichlich war, das selbst mein geräumiger Magen nicht alles unterbringen konnte.
Meine letzte Amtshandlung vor meinem Rückflug in die 'christliche Zivilisation' bestand aus einem Radio- und einem Fernsehinterview, in denen ich etwas über meine Eindrücke in Albanien sagen sollte. Ich antwortete:
"Meine Eindrücke sind so vielfältig und umfangreich, dass es schwer ist, sie in ein paar Worten zusammenzufassen. Aber noch lange, nachdem ich Eure Küsten verlassen habe, werden einige Dinge mir unvergessen in Erinnerung bleiben: der riesige, sich im Bau befindliche Damm von Koman; die atemberaubende Schönheit der albanischen Landschaft; die lustig angemalten Kinderspielplätze mit gesund aussehenden Kindern, die darin spielten; die warmherzige Gastfreundschaft der albanischen Menschen denen gegenüber, die in ihr Land als Freunde und nicht als Feinde kommen; die Aromamischung aus geröstetem Kaffee und dem Geruch der Lindenbäume, die für mich stets für Shkodra um sechs Uhr morgens stehen wird.
Aber selbst, wenn all diese Eindrücke angefangen haben werden mit der
Zeit zu verblassen, werde ich mich noch an das Fest erinnern, an dem ich
die Ehre hatte im Süden teilzunehmen. Es war von jungen Leuten und ihren Lehrern organisiert worden, um den Schulabschluss jener zu feiern. Sie kamen aus Ksamil, wo sie und ihre Eltern die Wildnis mit Orangen und Zitronen zum Blühen gebracht haben. Mir fiel auf, dass die Mädchen die
Jungen genauso aufforderten wie umgekehrt - eine scheinbar unbedeutende Kleinigkeit, aber eine, die für mich die Befreiung der Frau symbolisiert, die in Albanien so riesige Schritte nach vorne gebracht hat. Ich beobachtete, dass ihre Toasts auf die Partei der Arbeit und ihre Führung spontan und ehrlich waren und das sollte für jene nicht überraschend kommen, denen bekannt ist, in welcher Weise heute den jungen Leuten die Türen offenstehen, die in der Vergangenheit fest für sie verriegelt waren. Noch einige Stunden lang, lange nachdem ich schon wieder weg sein sollte, blieb ich noch, um dem Pulsschlag der übermächtigen albanischen Folklore zuzuhören und um zuzusehen, wie diese jungen Leute lachten, sangen und zusammen tanzten. Es schien mir, dass sich hier im wirklichen Leben das verkörperte, was am Strand von Durres groß zu lesen war:
'Schön ist das Leben, das wir geschaffen haben -
aber heller noch wird die Zukunft sein.' "