Di, 15. Jul 2014, 22:15
Die ersten Lobesbekundungen machten auch mich doch neugierig auf diesen Super-Atlas von Freytag & Berndt und ich ließ ihn mir kommen.
Nun sollte man von einer 200 000er Karte keine Wunder erwarten, aber ein Durchbruch in Sachen Albanien-Karten ist dieses Werk keinesfalls geworden.
Eine beliebige Seite aufgeschlagen, und das Blatt ist nach ein paar Minuten des Studiums mit Fehlereinkreisungen übersät. Beispiel: S. 9, Bereich Tirana – Durres. Am Kap Rodon würde der Besucher mit Sicherheit den falschen Weg wählen, wenn der richtige ihn nicht seit drei Jahren als Asfaltband zum Ziel führen würde. Aber die Unterscheidung zwischen asfaltiert und nicht asfaltiert ist auf dieser Karte – eben nach drei Jahren - überhaupt noch nicht vorgenommen.
Viel schlimmer etwa bei Kruja – Burrel. Die Straße, die bekanntlich am Qafe Shtama zur steinig-tiefrissigen Fahrhölle „off-road-only“ wird, setzt der Verlag unbeeindruckt davon vom Abzweig an der SH1 bis nach Burrel in derselben Qualitätskennzeichnung fort. Dasselbe trifft für den Lura-Zufahrtsweg ab Burrel zu, auch dieser reine Off-Road-Elendsweg wird in derselben Qualität geführt, wie die Fern-Hauptstraße SH6 nach Peshkopi.
In Tirana-Nordost ist über Babrru eine Straßenschleife eingezeichnet, die es so gar nicht gibt. Linksseitig vom Fluss ist gesperrtes Militärgelände. Dasselbe trifft für den Bishti i Palles nördlich von Durres zu. Dort ist auch alles gesperrtes Militärgelände. Bei Lezha bekommt man übrigens den Eindruck, als führten da noch zwei Autobrücken nördlich der Hauptbrücke über den Fluss, bekanntlich gibt es aber dort nur eine Fußgängerbrücke.
Merkwürdige Vier-Spur-Straßen, für die noch nicht mal Zukunftsplanungen in dem von GjergjD eben verwiesenen Papier vorliegen, werden angedeutet (Lushnja-Berat). Aber keine Andeutung etwa gibt es zum Verlauf der neuen Fernstraße Peshkopi – Librazhd, für die ja bekanntlich das Planum bereits fertig ist und von der ich erwarte, dass sie doch innerhalb der nächsten 2-3 Jahre voll befahrbar werden wird. Abgesehen davon, dass der traditionelle Off-Road-weg über Klenja mit dem 1300-m-Höllenpass bei Stebleve nach wie vor als „Hauptstraße 2.Ordnung“ geführt wird. Zwischen Berat und Elbasan fehlt die wichtige neue Asfalt-Verbindung Jeta e Re – Belsh, hingegen wird die noch nicht durchgängig asfaltierte über Kucova als solche geführt. Damit genug, ich glaube, ich könnte mit solchen Anmerkungen hier Seiten füllen.
Nein, da ist Reise Know How mit seiner Karte, bei aller Unzulänglichkeit, die auch diese hat, doch schon ein ganzes Stück weiter und der Normal-PKW-Fahrer, oder gar der Wohnmobiler, der sich auf diesen „Superatlas“ einlässt, wird an einigen Stellen sein Blaues Wunder erleben. Solche gravierenden Fehler in der Kennzeichnung der Straßenqualität, wie die oben genannten, sind im Zeitalter des Wohnmobil-Tourismus unverzeihlich, weil sie einem den Urlaub zum Fiasko machen können. Preisgünstig und handlich ist das Werk. Aber Inhaltlich praktisch genau so ein Schuss in den Ofen, wie alle Freytag & Berndt-Karten bisher.
Der Atlas wird zurzeit nur ab Verlag und nicht etwa bei Amazon verkauft. Der Verlag fürchtet wohl die Kritiken dort. Und wenigstens mit dieser Ahnung liegt er richtig.