Do, 05. Nov 2009, 23:14
Meine Selbstbeobachtungen und Selbsterlebnisse haben mir vielmals ein Bild der extremen Verhaltensweisen, die in entgegengesetzter Richtungen verlaufen, aufgezeigt. Entweder sind die Albaner in der Diaspora zu introvertiert oder zu extrovertiert.
Das Problem der übertiebenen Introversion ist, dass man in einer fremden Gesellschaft eine abschottende Stellung einnimmt, weil man in der Ferne Angst vor Kulturverlust, Angst vor Wertezerfall, vorallem in Bezug auf die eigenen Kinder hat. Ich kann dieses Verhalten noch nicht einmal verübeln. Damals kam man mehr oder weniger fluchtartig, ohne grossartig Zukunftspläne zu schmieden, in die Diaspora mit dem Gewissen, dass diese Zeit eine Art Überbrückung darstellt und ein zweckmässiges, vorübergehendes Ziel in sich birgt. Natürlich wurden damalige Weltansichten, Werte und Traditionen mit in die Diaspora eingepackt und haben dann hier die Zeit überdauert. Natürlich haben diese Ansichten die gesellsachaftliche Weiterentwicklung in der Heimat nicht miterlebt. Aus Tage wurden Monate, aus Monate wurden Jahre und irgendwann sah man ein, dass sich die Lage in Albanien oder Kosove nicht so schnell ändern wird, und man sah sich verpflichtet, die Familie hier nachzuziehen. Ich persönlich habe nur dann Mühe, sobald man antidemokratische Gesinnung zeigt, in die Persönlichkeit, in die Würde eines Menschen eingreift und archaische Ansichten vertritt, die man mit der albanischen Identität dann noch entschuldigt. Zum Teil ist es schon so, dass die Ansichten eines Bürgers in Städten wie Prishtina, Tirana, Prizren, Durres aufgeschlossener, liberaler sind als manche Ansichten hier, obwohl man hier in einer hochentwickelten Demokratie und zivilisierten Gesellschaft lebt.
Die übertiebene Extrovertierung zeigt sich da, wo Integration zu Assimilation fortschreitet, eine Identität niederlegt und eine andere dafür zulegt. Die Kinder sind hin und her gerissen zwischen zwei Sprachen, zwischen eigenen Wünschen, Vorstellungen, die sich den hiesigen Verhältnisen hier angepasst haben, entgegen der heimatbezogenen Erziehung Zuhause. Wenn es hart auf hart kommt, prallen zwei Welten so zusammen, die auf gar keinen Fall einen Schritt in die andere Richtung rücken wollen. Ich habe persönlich sehr grosse Mühe, wenn Albaner sich ihrer eigenen Herkunft schämen, sich Eigenschaften aneignen, die nicht ihre sind, Ansichten nachahmen, die sich ihrer albanischen Identität entledigen, ihre Wurzeln und ihre Heimat auf selbstredende Art und Weise verdrängen und vergessen wollen, ihre Muttersprache hapenweise verlieren bis sie es garnicht mehr beherrschen. Der gesunde Mittelweg ist oft das Mass aller Dinge, ist aber oft schwer zu erreichen. Auch wenn man sich bewusst gegen die Assimilation entscheidet, wird die schleichende Assimilation siegen, und ist auch nicht aufzuhalten. Die kommende Generation werden hier geboren, werden Eltern haben, die selbst die albanische Sprache nicht beherrschen, und irgendwann werden wir in dem Zustand angelangt sein, wo nur irgendwelche Grosseltern und Vorfahren die albanische Sprache sprechen und die eigenen Kinder ihre Heimat höchstens als gelegentliches Feriendomizil wählen.
Wenn man diese beiden Extremansichten gegenüberstellt und noch den Zustand hinzufügt, dass man in der Heimat oft eine "Exotenrolle" einnimmt und nicht wirklich als Teil der einheimischen Bevölkerung wahrgenommen wird, ist es oft nicht verwunderlich, nicht weit hergeholt, wenn sich vereinzelte albanische Jugendliche, unter psychischer Dauerbelastung stehend, in einer Identitätskrise steckend, ihren Frust in Alkohol und Schlägereien abwälzen und eine Art Ersatzfamilie in der Gruppenbildung von gleichgesinnten Jugendlichen mit gleichem Migrationshintergrund sehen. Diese Art der Problembewältigung ist oft ein Schrei der Überforderung, ein Schrei von Unverständnis und Inakzeptanz von beiden Seiten - dem Elternhaus und der Gesellschaft hier, die sehr viele Forderungen und Leistungsziele stellen.
Ka dy lloje njerëz: Këta që kur hynë në dhomë thonë: “Ja ku jam!”, dhe ata që kur hynë në dhomë thonë: “Ah, këtu qenke!”
lamtumirë sa t'jetë jeta