Artikel 1
[Menschenwürde – Menschenrechte – Rechtsverbindlichkeit der
Grundrechte]
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft,
des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende
Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2
[Persönliche Freiheitsrechte]
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit
er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die
Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines
Gesetzes eingegriffen werden.
Artikel 3
[Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Artikel 4
[Glaubens- und Gewissensfreiheit]
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen
und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
14
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe
gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 5
[Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft]
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu
äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert
zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung
durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur
findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und
in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit
der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 6
[Ehe – Familie – Kinder]
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen
Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern
und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die
staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf
Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten
versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu
verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den nichtehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen
Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung
in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Artikel 7
[Schulwesen]
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des
Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
15 I. Die Grundrechte
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme
der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung
mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.Kein Lehrer darf
gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private
Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung
des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu
erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter
den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler
nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung
ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung
ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag
von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis-
oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche
Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Artikel 8
[Versammlungsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis
friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Artikel 9
[Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen
zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen
den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe
gewährleistet.Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern
suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.
Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und
Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung
I. Die Grundrechte 16
und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen
im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Artikel 10
[Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis]
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden.
Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes
oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, dass sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung
durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
Artikel 11
[Freizügigkeit]
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und
nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage
nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten
entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr
für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen
oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend
vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich
ist.
Artikel 12
[Berufsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf,Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte
frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer
im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen
Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig.
17 I. Die Grundrechte
Artikel 12 a
[Militärische und zivile Dienstpflichten]
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum
Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband
verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert,
kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes
darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein
Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen
darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muss, die in
keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes
steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen
sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes zu zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung
einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden;Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen
Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlichrechtlichen
Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse
nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im Bereich ihrer Versorgung
sowie bei der öffentlichen Verwaltung begründet werden; Verpflichtungen
in Arbeitsverhältnisse im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen Bedarf zu decken
oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im
zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation
nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden,so können
Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen
Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum
Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach
Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begründet werden. Zur
Vorbereitung auf Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse
oder Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht
gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in Absatz
3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt
werden, so kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen,
die Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden.Vor Eintritt des Verteidigungsfalles
gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend.
I. Die Grundrechte 18
Artikel 13
[Unverletzlichkeit der Wohnung]
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet
und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine durch
Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen
zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische
Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte
sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung
des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos
wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch
einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge
kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere
einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische
Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung
eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme
auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden;
eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz
in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme
durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige
Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der
Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die
Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im
Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den
nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach
Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten
Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium
übt auf Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die
Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr
einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf
Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die
öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot,
zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter
Jugendlicher vorgenommen werden.
19 I. Die Grundrechte
Artikel 14
[Eigentum – Erbrecht – Enteignung]
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und
Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf
nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und
Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter
Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg
vor den ordentlichen Gerichten offen.
Artikel 15
[Vergesellschaftung]
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum
Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der
Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der
Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14
Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Artikel 16
[Staatsangehörigkeit –Auslieferung]
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust
der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen
den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch
nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz
kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat
der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen
werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Artikel 16 a
[Asylrecht]
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der
Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist,
in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flücht-
I. Die Grundrechte 20
linge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften,
auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch
Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen
des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von
einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können
Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung
und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint,
dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende
Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, dass
ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht
Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser
Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen
des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind
oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt,
wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen;
der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen
unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten
Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem
Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung
in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muss, Zuständigkeitsregelungen für
die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung
von Asylentscheidungen treffen.
Artikel 17
[Petitionsrecht]
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an
die Volksvertretung zu wenden.
Artikel 17 a
[Einschränkung der Grundrechte in besonderen Fällen]
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen, dass für
die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes während der Zeit
des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort,
21 I. Die Grundrechte
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 erster
Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel
und
das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit es das Recht gewährt, Bitten oder
Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt
werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung
dienen, können bestimmen, dass die Grundrechte der Freizügigkeit
(Artikel 11) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt
werden.
Artikel 18
[Grundrechtsverwirkung]
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel
5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit
(Artikel
, die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
(Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht
(Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
missbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß
werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
Artikel 19
[Einschränkung von Grundrechten – Rechtsweg]
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz allgemein
und nicht nur für den Einzelfall gelten.Außerdem muss das Gesetz
das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet
werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit
sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt,
so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht
begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz
2 bleibt unberührt.
I. Die Grundrechte 22
II. Der Bund und die Länder
Artikel 20
[Verfassungsgrundsätze – Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer
Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen
und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben
alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich
ist.
Artikel 20 a
[Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere]
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die
natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz
und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Artikel 21
[Parteien]
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen
entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer
Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger
darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen
oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik
Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit
entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
Artikel 22
[Bundeshauptstadt – Bundesflagge]
(1) Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Die Repräsentation
des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes.
23
Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Artikel 23
[Europäische Union – Grundrechtsschutz – Subsidiaritätsprinzip]
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik
Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen,
rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und
dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz
im Wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der
Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte
übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für
Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen,
durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt
wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden,
gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.
(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und
durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag
und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu
unterrichten.
(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme
vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen
Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages
bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit
er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken
hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.
(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes
Interessen der Länder berührt sind oder soweit im Übrigen der Bund das
Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme
des Bundesrates.Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse
der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren
betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die
Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die
gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten,
die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund
führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.
(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der
Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des
Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der
Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen,
vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Län-
II. Der Bund und die Länder 24
der übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung
und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche
Verantwortung des Bundes zu wahren.
(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
Artikel 24
[Übertragung von Hoheitsrechten – Kollektives Sicherheitssystem]
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche
Einrichtungen übertragen.
(1a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die
Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie mit Zustimmung
der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen
übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger
kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen
seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte
Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und
sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund Vereinbarungen
über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale
Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.
Artikel 25
[Vorrang des Völkerrechts]
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes.
Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar
für die Bewohner des Bundesgebietes.
Artikel 26
[Friedenssicherung]
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden,
das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die
Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie
sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der
Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
25 II. Der Bund und die Länder
Artikel 27
[Handelsflotte]
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche Handelsflotte.
Artikel 28
[Landesverfassungen – Selbstverwaltung der Gemeinden]
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen
des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne
dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden
muss das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren,
freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in
Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines
Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe
von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar.
In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung
treten.
(2) Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung
zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres
gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der
Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch
die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen
gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene
Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, dass die verfassungsmäßige Ordnung der Länder
den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Artikel 29
[Neugliederung des Bundesgebietes]
(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten,
dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden
Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche
Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die
wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung
und der Landesplanung zu berücksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch
Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen
Länder sind zu hören.
II. Der Bund und die Länder 26
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten
oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden
soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen
Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu
umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung
eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen
künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines
betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert
werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht
zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die
Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem
Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden
soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei
denn, dass im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei
Dritteln die Änderung ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und
Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens
eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag
Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, dass für diesen
Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist
durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob
die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder dass in den
betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.
(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem
Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung
findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge
der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen
Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb
von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß
Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag
eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende
Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung
der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen
Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr
bedarf.
(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit
der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum
Bundestag Wahlberechtigten umfasst. Im Übrigen wird das Nähere über
Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz
geregelt; dieses kann auch vorsehen, dass Volksbegehren innerhalb eines
Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.
(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch
Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit
geändert werden soll, nicht mehr als 50 000 Einwohner hat. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muss die Anhörung der
betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.
(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfasste
Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze
2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und
Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid
in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete
der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten
beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung.
Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen,
wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten
umfasst; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der
Zustimmung des Bundestages.
Artikel 30
[Hoheitsrechte der Länder]
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen
Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere
Regelung trifft oder zulässt.
Artikel 31
[Vorrang des Bundesrechts]
Bundesrecht bricht Landesrecht.
Artikel 32
[Auswärtige Beziehungen]
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse
eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig zu hören.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, können sie mit
Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen.
II. Der Bund und die Länder 28
Artikel 33
[Gleichstellung als Staatsbürger – Öffentlicher Dienst]
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen
Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen
Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung
zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen
Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf
aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse
oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in
der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem
öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der
hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Artikel 34
[Haftung bei Amtspflichtverletzung]
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes
die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die
Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren
Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff
vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff
darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Artikel 35
[Rechts-, Amts- und Katastrophenhilfe]
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig
Rechts- und Amtshilfe.
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit
oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung
Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner
Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe
nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur
Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren
Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen
anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der
Streitkräfte anfordern.
29 II. Der Bund und die Länder
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet
mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen
Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen,
Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten
des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der
Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind
jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im Übrigen unverzüglich nach Beseitigung
der Gefahr aufzuheben.
Artikel 36
[Bundesbeamte]
(1) Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus allen Ländern in
angemessenem Verhältnis zu verwenden. Die bei den übrigen Bundesbehörden
beschäftigten Personen sollen in der Regel aus dem Lande genommen
werden, in dem sie tätig sind.
(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des Bundes in Länder und
ihre besonderen landsmannschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
Artikel 37
[Bundeszwang]
(1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem anderen
Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt, kann die Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates die notwendigen Maßnahmen
treffen, um das Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner
Pflichten anzuhalten.
(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die Bundesregierung oder
ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber allen Ländern und ihren Behörden.
III. Der Bundestag
Artikel 38
[Wahl]
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner,
unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter
des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur
ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar
ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Artikel 39
[Wahlperiode – Zusammentritt – Einberufung]
(1) Der Bundestag wird vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen
auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt
eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet frühestens sechsundvierzig,
spätestens achtundvierzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt. Im
Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl innerhalb von
sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.
(3) Der Bundestag bestimmt den Schluss und den Wiederbeginn seiner Sitzungen.
Der Präsident des Bundestages kann ihn früher einberufen. Er ist
hierzu verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitglieder, der Bundespräsident
oder der Bundeskanzler es verlangen.
Artikel 40
[Präsidium – Geschäftsordnung]
(1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die
Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des
Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung darf in den Räumen des
Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
Artikel 41
[Wahlprüfung]
(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob
ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat.
31
(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das
Bundesverfassungsgericht zulässig.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 42
[Öffentliche Sitzungen – Mehrheitsbeschlüsse]
(1) Der Bundestag verhandelt öffentlich.Auf Antrag eines Zehntels seiner
Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung kann mit Zweidrittelmehrheit
die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird
in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen erforderlich, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
Für die vom Bundestage vorzunehmenden Wahlen kann die Geschäftsordnung
Ausnahmen zulassen.
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen des Bundestages
und seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
Artikel 43
[Zitier-, Zutritts- und Anhörungsrecht]
(1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes
Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre
Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse
Zutritt. Sie müssen jederzeit gehört werden.
Artikel 44
[Untersuchungsausschüsse]
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder
die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der in öffentlicher
Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt. Die Öffentlichkeit
kann ausgeschlossen werden.
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den Strafprozess
sinngemäß Anwendung. Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleibt
unberührt.
(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und Amtshilfe
verpflichtet.
(4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen
Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilung des der Untersuchung
zugrunde liegenden Sachverhaltes sind die Gerichte frei.
III. Der Bundestag 32
Artikel 45
[Ausschuss »Europäische Union«]
Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union. Er kann ihn ermächtigen, die Rechte des Bundestages gemäß
Artikel 23 gegenüber der Bundesregierung wahrzunehmen.
Artikel 45 a
[Ausschüsse für Auswärtiges und für Verteidigung]
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
und einen Ausschuss für Verteidigung.
(2) Der Ausschuss für Verteidigung hat auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses.
Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die
Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.
(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigung keine Anwendung.
Artikel 45 b
[Wehrbeauftragter]
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der
Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des
Bundestages berufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 45 c
[Petitionsausschuss]
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem die Behandlung
der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden
obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt
ein Bundesgesetz.
Artikel 46
[lndemnität und Immunität der Abgeordneten]
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder
wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse
getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb
des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische
Beleidigungen.
33 III. Der Bundestag
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter
nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder
verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Begehung der Tat oder im Laufe
des folgenden Tages festgenommen wird.
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen Beschränkung
der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung
eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß Artikel 18 erforderlich.
(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel 18 gegen einen
Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschränkung seiner persönlichen
Freiheit sind auf Verlangen des Bundestages auszusetzen.
Artikel 47
[Zeugnisverweigerungsrecht]
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft
als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut
haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern.
Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme
von Schriftstücken unzulässig.
Artikel 48
[Kandidatur – Mandatsschutz – Entschädigung]
(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch auf den
zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.
(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen
und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem
Grunde ist unzulässig.
(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit
sichernde Entschädigung. Sie haben das Recht der freien Benutzung
aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 49 (aufgehoben)
III. Der Bundestag 34
IV. Der Bundesrat
Artikel 50
[Aufgabe]
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung
des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit.
Artikel 51
[Zusammensetzung – Stimmgewicht]
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder,
die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer
Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen. Länder mit mehr als zwei Millionen
Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern
fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat.
Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende
Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.
Artikel 52
[Präsident – Beschlüsse – Geschäftsordnung]
(1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr.
(2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn einzuberufen, wenn
die Vertreter von mindestens zwei Ländern oder die Bundesregierung es
verlangen.
(3) Der Bundesrat fasst seine Beschlüsse mit mindestens der Mehrheit seiner
Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Er verhandelt öffentlich.
Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.
(3a) Für Angelegenheiten der Europäischen Union kann der Bundesrat
eine Europakammer bilden, deren Beschlüsse als Beschlüsse des Bundesrates
gelten; die Anzahl der einheitlich abzugebenden Stimmen der Länder
bestimmt sich nach Artikel 51 Abs. 2.
(4) Den Ausschüssen des Bundesrates können andere Mitglieder oder Beauftragte
der Regierungen der Länder angehören.
Artikel 53
[Teilnahme der Mitglieder der Bundesregierung]
Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und auf Verlangen die
Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates und seiner Ausschüsse teilzunehmen.
Sie müssen jederzeit gehört werden. Der Bundesrat ist von der Bundesregierung
über die Führung der Geschäfte auf dem Laufenden zu halten.
35
IV a. Gemeinsamer Ausschuss
Artikel 53 a
[Zusammensetzung – Geschäftsordnung]
(1) Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten
des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die
Abgeordneten werden vom Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis
der Fraktionen bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören.
Jedes Land wird durch ein von ihm bestelltes Mitglied des Bundesrates
vertreten; diese Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung
des Gemeinsamen Ausschusses und sein Verfahren werden durch eine
Geschäftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen ist und der
Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuss über ihre Planungen
für den Verteidigungsfall zu unterrichten. Die Rechte des Bundestages
und seiner Ausschüsse nach Artikel 43 Abs. 1 bleiben unberührt
Artikel 54
[Wahl – Amtsdauer]
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung
gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage
besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschließende
Wiederwahl ist nur einmal zulässig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages
und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen
der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vor Ablauf der
Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger Beendigung spätestens
dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen. Sie wird von dem Präsidenten
des Bundestages einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes 4 Satz 1
mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.
(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung
erhält.Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem
Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten
Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 55
[Unvereinbarkeiten]
(1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch einer gesetzgebenden
Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören.
(2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe
und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate
eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
Artikel 56
[Amtseid]
Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten
Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:
»Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen,
seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz
und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten ge-
37
wissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So
wahr mir Gott helfe.«
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.
Artikel 57
[Vertretung]
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Verhinderung
oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des
Bundesrates wahrgenommen.
Artikel 58
[Gegenzeichnung]
Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen zu ihrer
Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den
zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für die Ernennung und Entlassung
des Bundeskanzlers, die Auflösung des Bundestages gemäß Artikel 63
und das Ersuchen gemäß Artikel 69 Abs. 3.
Artikel 59
[Völkerrechtliche Vertretung des Bundes]
(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Er schließt im
Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. Er beglaubigt und
empfängt die Gesandten.
(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder
sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung
oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen
Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen
gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.
Artikel 59 a (aufgehoben)
Artikel 60
[Beamtenernennung – Begnadigungsrecht – Immunität]
(1) Der Bundespräsident ernennt und entlässt die Bundesrichter, die
Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere, soweit gesetzlich nichts
anderes bestimmt ist.
V. Der Bundespräsident 38
(2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht aus.
(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen.
(4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundespräsidenten
entsprechende Anwendung.
Artikel 61
[Anklage vor dem Bundesverfassungsgericht]
(1) Der Bundestag oder der Bundesrat können den Bundespräsidenten
wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen
Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen. Der Antrag
auf Erhebung der Anklage muss von mindestens einem Viertel der Mitglieder
des Bundestages oder einem Viertel der Stimmen des Bundesrates
gestellt werden. Der Beschluss auf Erhebung der Anklage bedarf der Mehrheit
von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages oder von zwei Dritteln
der Stimmen des Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftragten
der anklagenden Körperschaft vertreten.
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Bundespräsident einer
vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen
Bundesgesetzes schuldig ist, so kann es ihn des Amtes für verlustig erklären.
Durch einstweilige Anordnung kann es nach der Erhebung der Anklage
bestimmen, dass er an der Ausübung seines Amtes verhindert ist.
39 V. Der Bundespräsident
VI. Die Bundesregierung
Artikel 62
[Zusammensetzung]
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern.
Artikel 63
[Wahl des Bundeskanzlers]
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom
Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages
auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen
vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder
einen Bundeskanzler wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich
ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten
Stimmen erhält.Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder
des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen
sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit
nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu
ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Artikel 64
[Ernennung und Entlassung der Bundesminister – Amtseid]
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom
Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme
vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.
Artikel 65
[Richtlinienkompetenz, Ressort- und Kollegialprinzip]
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die
Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister
seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.
Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entschei-
40
det die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach
einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten
genehmigten Geschäftsordnung.
Artikel 65 a
[Befehls- und Kommandogewalt]
(1) Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und Kommandogewalt
über die Streitkräfte.
(2) (aufgehoben)
Artikel 66
[Unvereinbarkeiten]
Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes
Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung
noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb
gerichteten Unternehmens angehören.
Artikel 67
[Misstrauensvotum]
(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nur dadurch
aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger
wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen.
Der Bundespräsident muss dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten
ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig Stunden
liegen.
Artikel 68
[Vertrauensfrage]
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen,
nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages,
so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig
Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt,
sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen
Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig
Stunden liegen.
41 VI. Die Bundesregierung
Artikel 69
[Stellvertreter des Bundeskanzlers – Amtsdauer]
(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.
(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem
Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines
Bundesministers auch mit jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
(3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler, auf Ersuchen
des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten ein Bundesminister
verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.
VI. Die Bundesregierung 42
VII. Die Gesetzgebung des Bundes
Artikel 70
[Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern]
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz
nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst
sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche
und die konkurrierende Gesetzgebung.
Artikel 71
[Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes]
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder
die Befugnis zur Gesetzgebung nur,wenn und soweit sie hierzu in einem
Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.
Artikel 72
[Konkurrierende Gesetzgebung]
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die
Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit
nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22,
25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung
gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung
der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse
eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht,
können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen
treffen über:
1. das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2. den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen
Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des
Meeresnaturschutzes);
3. die Bodenverteilung;
4. die Raumordnung;
5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer
Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates an-
43
deres bestimmt ist.Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von
Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass eine bundesgesetzliche
Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht
mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
Artikel 73
[Gebiete der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes]
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2. die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3. die Freizügigkeit, das Passwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die
Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die
Zeitbestimmung;
5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schifffahrtsverträge,
die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Warenund
Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und
Grenzschutzes;
5a. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland;
6. den Luftverkehr;
6a. den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum
des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die
Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen
des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung
dieser Schienenwege;
7. das Postwesen und die Telekommunikation;
8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren
Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden
Personen;
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
9a. die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das
Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende
Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde
nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme
ersucht;
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a) in der Kriminalpolizei,
b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung,
des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes
(Verfassungsschutz) und
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 44
c) zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung
von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die
internationale Verbrechensbekämpfung;
11. die Statistik für Bundeszwecke;
12. das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
13. die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
14. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken,
die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken
dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie
oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung
radioaktiver Stoffe.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Artikel 74
[Gebiete der konkurrierenden Gesetzgebung]
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche
Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs),
die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2. das Personenstandswesen;
3. das Vereinsrecht;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
4a. (aufgehoben)
5. (aufgehoben)
6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7. die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8. (aufgehoben)
9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10. die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer
von Gewaltherrschaft;
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft,
Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches
Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der
Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der
Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
11a. (aufgehoben)
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes
und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung
einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
45 VII. Die Gesetzgebung des Bundes
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen
Forschung;
14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel
73 und 74 in Betracht kommt;
15. die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln
in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16. die Verhütung des Missbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne
das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die
Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die
Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18. den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das
Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht,
das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht
und das Bergmannssiedlungsrecht;
19. Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten
bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen
Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens,
der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel
und der Gifte;
19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung
der Krankenhauspflegesätze;
20. das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden
Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und
Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem
Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen
Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21. die Hochsee- und Küstenschifffahrt sowie die Seezeichen, die
Binnenschifffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die
dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung
von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und
Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher
Straßen mit Fahrzeugen;
23. die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme
der Bergbahnen;
24. die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung
(ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25. die Staatshaftung;
26. die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die
Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen
sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben
und Zellen;
VII. Die Gesetzgebung des Bundes 46
27. die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden
und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter
in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und
Versorgung;
28. das Jagdwesen;
29. den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30. die Bodenverteilung;
31. die Raumordnung;
32. den Wasserhaushalt;
33. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des
Bundesrates.
Artikel 74 a
(aufgehoben)
Artikel 75
(aufgehoben)
Artikel 76
[Gesetzesvorlagen]
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung,
aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten.
Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb vo